Der Artikel ist durchzogen von der Annahme bzw. dem Vorwurf, die Wirtschaft würde den Kurs bestimmen. Dagegen einmal ein paar Argumente.
Zunächst einmal ist die Wirtschaft für die Politik und das Funktionieren des Staates und vor allem seiner ökonomischen Macht (und damit auch der politischen und nicht zuletzt militärischen) die wichtigste Grundlage. Deshalb ist es der Wirtschaft erlaubt und gewünscht, als Lobbyisten in den Bundestag ein- und auszugehen, also eben Lobby-Arbeit zu verrichten. Denn die Politik weiß ja erst von der Wirtschaft, was zu deren Erblühung notwendig ist. Das erfährt sie regelmäßig von den Lobbyisten. Insofern sind die Interessen von Politik und Wirtschaft schon mal deckungsgleich (was nicht "dieselben" bedeutet!).
Entscheidungen zu treffen ist aber der Politik vorbehalten. Das merkt man spätestens daran, wenn die Politik Dinge beschließt, die der Wirtschaft bzw. dem größten Teil davon, überhaupt nicht gut tut und diese niemals beschließen würde. Aktuelles Beispiel: der Ukraine-Krieg. Die deutsche Politik hat eine wirtschaftshemmende Maßnahme nach der anderen beschlossen, so dass allen Unternehmen in Deutschland, die Beziehungen zu Russland hatten, das Geschäft wegbrach.
Alle Umwelt- und Arbeitsschutzauflagen der letzten Jahrzehnte, die meterlangen Gesetze, die die Unternehmen einhalten müssen, sind auch nie von der Wirtschaft bestellt worden, ganz im Gegenteil wurden Auflagen aller Art stets abgelehnt von der Wirtschaft (solange, bis man darin wiederum ein Geschäft wittert, aber erst nachdem die Gesetze installiert sind und man als Wirtschaft damit umgehen muss und kann).
Anderes Beispiel China. Im Vorgriff auf zukünftige "Spannungen" mahnt die deutsche Politik, sich nicht von China abhängig zu machen. Vor gar nicht allzu langer Zeit hieß es noch, China ist ein Riesenmarkt, eine tolle Chance und überhaupt absolut notwendig für alle internationalen Player. Jetzt ist Zurückhaltung angesagt als Appell an die Wirtschaft (klar, wie der Handel mit China dann verlaufen bzw. gebremst wird, wenn sich die Spannungen mit dem aufstrebenden Land verschärfen wird, und jeder Politiker rechnet jetzt schon damit).
Die Politik sorgt also dafür, wo die Wirtschaft gute Geschäfte machen kann und wo nicht.
Und wie gesagt: Meist sind die Interessen von Politik und Wirtschaft dieselben, aber die Hosen hat erstere an.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (27.03.2023 15:02).