auf die Gefahr hin, hier gleich gerötet zu werden:
Das Hauptproblem des BER ist, dass es anstelle eines ausgefeilten (Luft-)Verkehrskonzepts ein Prestige- und Prunkflughafen errichtet werden sollte, der FRA, MUC und DUS das Wasser abgraben sollte, man ist ja schließlich Hauptstadt - und da gehört auch das größte Passagier-Drehkreuz hin! Basta!
Es gab in der öffentlichen Diskussion kaum Ideen, wie man mit der vorhandenen Substanz (TXL, SFX, THF) und geringen Investitionskosten eine wirklich bedarfsorientierte Abfertigung hätte bewältigen können, doch gab es unter der Hand stets solche Entwürfe.
TXL wäre, nach Realisierung einer funktionablen und effizienten Anbindung an die Innenstadt, als Haupt-Flughafen auf Interkont- und Langstrecke begrenzt worden. Mittel- und Kurzstrecke gingen über einen modernisierten SXF, und GAT sowie evtl. Kurzstrecke für Geschäftsfleute über THF. Notfalls hätte man dann noch einen der näheren Militärflughäfen für Charterflüge ausbauen können, oder diese zusammen mit der Fracht dank schneller direkter Anbindung vom völlig überdimensionierten LEJ starten lassen können.
Erster Störfaktor dabei war schon THF - der musste unbedingt zu, drückte sein Betrieb doch die Immobilienwerte in dank geplanter Gentrifizierung angedachter "bester Lage". Man sehe sich hier mal die Preisentwicklung z.B. in Neukölln an, und wer als Spekulant von der Schließung am meisten profitierte!
Zweiter Faktor war, dass man, statt auf ein Konzept zu setzen, welches sich andernorts durchaus bewehrt hat (s. LON = LHR/LGW/LCY/STN/LTN/..., oder auch MOS ), auf Teufel komm raus einen Mega-Hub schaffen wollte, der eine eierlegende Wollmilchsau sein musste, obwohl diese "bunte Mischung" sich schon in an anderen deutschen Standorten nicht bewehrt hat. Warum wohl verzichtet die Fraport (bislang) auf die Ansiedlung von low-cost-carrieren? Weshalb ist CGN hingegen inzwischen als nahezu reiner Billigflieger-Standort zumindest nicht so hoch defizitär wie die meisten "Gemischtbetriebe"?
Die LCC drücken nunmal Abfertigungspreise und -qualität, auch der großen (teuren) Carrier, die dann ihrerseits den Service in Aussicht möglicher höherer Gewinne zurückschrauben, ohne zu merken, dass damit Kunden verschreckt werden, bzw aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nicht mehr die Leistung und das Ambiente anbieten können, welches ihre (internationalen) Passagiere am Boden eigentlich erwarten. Die Betriebskosten für den Flughafen bleiben dabei im Endeffekt aber nahezu gleich.
Dies ist aber v.a. auch der (Un)Sitte geschuldet, dass die Flughafenbetreiber inzwischen nicht mehr über Gebühren finanzieren, sondern auf "retail" und "Vermietung" setzen. So kommt es eben zu den Shoppingmalls mit Landebahn. Am liebsten würde man den Flugbetrieb oft ganz einstellen, stört er doch im Endeffekt nur die Bilanzen.
So droht gerade bei der Fraport die Ausgliederung und der Verkauf der Bodenverkehrsdienste - also des Bereichs Flugzeugabfertigung/Flugbetrieb - weil (angeblich) defizitär. Tatsächlich wird aber eine Kalkulation betrieben, die damit vergleichbar ist, dass ein produzierendes Unternehmen Einkauf und personalkosten- und investitionsintensive Produktion abschafft, da diese ausschließlich Ausgaben bedingen und sich zukünftig gänzlich auf die gewinnbringende Vermarktung beschränkt. Woher das Produkt dann kommen soll, interessiert doch keinen...
Auch hier wieder die allfällige moderne Konzept- und Ideenlosigkeit!
Wenn ich dann die Analyse des Finanzexperten lese, der die Wirtschaftlichkeit allein am "Retailertrag" festzumachen versucht, so verzweifele ich fast.
Ein Flughafen ist nicht ohne Grund (zumeist) in öffentlicher Hand, stehen den hohen Investitionskosten halt kaum eigene, direkte Erträge entgegen, sondern bilden sich diese erst durch den wirtschaftlichen Umfeldeffekt, sprich, steigert sein Betrieb v.a. die Umsätze und Gewinne der umliegenden Unternehmen, woraufhin dann eine höhere Steuerschöpfung resultieren kann, die quasi die Gegenfinanzierung darstellt.
Kurzum, der Flughafen ist in erster Linie ein Standortfaktor, der sich eben nicht selbst finanziert, sondern durch seine Effekte zu einer indirekten Finanzierung führen sollte.
Wer jetzt Fehlkonzepte wie in Kassel und Lübeck (HHN außen vor, da hier eine etwas vertracktere und in ihrem Umfang hier den Rahmen sprengende Situation vorlag), ins Feld führt, sollte sich gerade bei KSF die ursprüngliche Situation des Wirtschaftsstandorts Kassel (z.b. Baunatal) vor Augen führen, die durchaus, zusammen mit der Möglichkeit der Entlastung von FRA als Knotenpunkt (stünde aber in Kontrast zum Ausbau- und Wachstumsgedanken) eine Perspektive geboten hätten. Letztlich scheiterte KSF weniger an der mangelnden Nachfrage seitens der Endkunden, sondern mangels Akzeptanz der Airlines. Man wollte aber auch den Fehler der Vergangenheit, sich nazu einzig und allein an einge Billigfluggesellschaft zu binden, nicht mehr wiederholen.
Zurück zu BER lässt sich abschließend konstatieren, dass hier aufgrund des Geltungsbedürfnisses der Hauptstadt einem von vornherein unrentablen Großprojekt Vorrang vor einem durchdachten, flächendeckenden und bedarfsorientierten Verkehrskonzepts Vorrang eingeräumt wurde, und Spekulationsgewinne infolge der Aufwertung durch Stillegung von THF und TXL bewusst mitgenommen wurden.