Der momentane Wettbewerb "wer schafft es die grösste WKA zu bauen" ist destruktiv und ein reiner Kampf um das Firmenimage. Statt "wir haben die grösste" müsste der Wettbewerb daraufhinzielen auf "wir haben die wirtschaftlichste".
Ist aber nicht weil es im momentanen brutalen Verdrängungswettbewerb wichtig ist mit Prestigeprojekten zu punkten gegenüber den Investoren der Windparks die von Technik keine Ahnung haben sondern nur auf die breitgetretene Propaganda "wir sind die grössten" reinfallen. Oder ihre voreingenommenen Entscheidungen (etwa Dong für Siemens) mit irgendwas begründen wollen.
Gründe warum grösser als 5MW onshore und grösser als 7MW offshore zur Zeit nicht wirtschaftlicher sondern ungünstiger dasteht, wie folgt.
1. Drehmoment-Skalierung. Wenn wir einen Rotordurchmesser verdoppeln dann kriegen wir vierfache Fläche und (bei gleichem Rating) auch vierfache Leistung. Aber (bei gleicher Umfangsgeschwindigkeit) halber Drehzahl. 4-fache Leistung bei 1/2 Drehzahl gibt uns 8-faches Drehmoment. Die Kosten für Getriebe und Generatoren wachsen NICHT proportional zur Leistung sondern in erster Linie mit dem Drehmoment. Bei elektrischen Maschinen ist das Drehmoment proportional zum Polradvolumen mal Luftspalt-Flussdichte. Wir bekommen also 4 fache Leistung bei 8 fachem Drehmoment und das Verhältnis davon wird um Faktor 2 UNGÜNSTIGER. Der Antriebstrang wird also spezifisch teurer, etwa in Euro pro MW gerechnet.
2. Nutzung von existierenden Industrien. So um 1990 rum haben wir Lastwagenbremsen nehmen können für eine 100kW-WKA, also eine Synergie. Preiswert weil für andere Zwecke bereits in Massen hergestellt. Ähnliches gilt für Getriebe und Genos. Aber die "normale" Industrie hat eine bestimmte statistische Verteilung der Grösse und Leistung und Abmessungen. So haben wir zB 2000-2010 relativ normale IGBT-Umrichter aus grosser Serie verwendet. Aber in meinem vorletzten Projekt brauchten wir 7 MW und es gab dafür nur einen einzigen richtig sinnvollen Umrichter auf IGCT-Basis. Logisch, wenn es selten wird und sehr wenige Anbieter da sind, ist der Preis hoch. Welch Glück dass das Ding für Bahnantriebe noch einen kleinen "normalen" Markt hatte. Serieneffekte aus der Nicht-Wind-Industrie können also bei den Monstermühlen um 200m mit 10MW nur noch minimal genutzt werden.
3. Fertigungstechnische Details. Um 2011 rum wollte ich Grosswälzlager haben, Laufringe einsatzgehärtet, Durchmesser 4,2m. Aber so einen grossen Härteofen hatte gar keiner in D und erst recht nicht in Korea. Also Kompromiss, nicht einsatzgehärtet sondern durchgehärtet, Stahl 50CrMo4, nun aber verringerte Tragfähigkeit. Breit genug machen, hielt nun rechnerisch. Wir waren aber mit den Lagern für unsere 7MW WKA schon an der Grenze. Wenn einer 5m Lager haben will, einsatzgehärtet, dann muss er entweder sich an einem neuen Härte-Ofen beteiligen oder selber einen bauen.
Ähnliches gilt für Gussteile. Ein Sphärogussklops mit 75 to Masse gibts weltweit nur in wenigen Plätzen.
4. Transport. Die normalen Brücken sind in D 4,6m hoch. Das gibt eine natürliche Transportgrenze für alles runde bis 4,2m (Rest ist Höhe des Transportfahrzeugs). Anlagen grösser als etwa 7MW brauchen mehr als 4,2m und haben damit ein Binnenland-Transportproblem. Blattwurzeln, Blattlager, Antriebstrang mit Rotorlagern. Man muss ggfs an die Blattwurzeln Ansatzstücke machen und die bei der Endmontage drankleben. Oder Teile mit dem Kran über die Flaschenhals-Brücken heben.
Man kann einwenden, ok, offshore haben wir keine Probleme. Aber die Komponenten werden z.Zt noch im Binnenland gefertigt. Müssen erstmal bis zur offenen Küste kommen.
5. Die Selbstmordkurve der Rotorblätter. Grosse Blätter sind grundsätzich gewichtskritisch, dh das Eigengewicht mal Schwerpunktabstand ist das Biegemoment was durch Gravitation pausenlos am Blattlager biegt. Bei jeder Umdrehung einmal nach links und dann nach rechts. Unangenehm dabei ist für den Ingenieur dass die Betriebsfestigkeitslasten aus Gravitaton unabhängig vom Wind auftreten und damit eine sehr füllige Verteilung Moment vs. Lastwechsel bilden.
Ok, der Konstrukteur macht also das Blatt etwas fester. Und damit schwerer. Und damit höhere Gravitationslasten. Und nochmal fester und schwerer....Teufelskreis. Mit Glück hat er dann das Blatt irgendwann fest genug. Aber die Masse wächst mit dem Durchmesser etwa hoch 2,6. Warum nicht hoch-3 ? Wäre logischer wenn man mit einem einfachen Würfel aus Material vergleicht. Liegt daran dass die Blätter bei steigender Grösse spezifisch hohler werden und aufwendiger im Aufbau.
ok, heisst aber dass doppelter Rotordurchmesser uns 2 ^2,6 = 6,06 fache Blattmasse macht. Der Schwerpunkstabstand wächst linear, gibt also 2*6,06= 12,1 fache Rotormassen-Blattwurzelbiegemomente. Haben wir die Blattlager auch um Faktor 2 vergrössert, wächst deren Tragkraft grob (vereinfacht!) mit ^3 also Faktor 8. Aber die spezifische Belastung der Lager ist um Faktor 12,1 / 8 = 1,52 grösser geworden. Man muss also die Blattlager NOCHMAL EXTRA vergrössern. Alles wird ungünstiger.
In diese Massenprogression rennen die jetzigen 10-12 MW -Windmühlen voll rein.
Es gibt eigentlich nur einen Grund, über rund 7MW und 180m bei offshore rauszugehen, das sind offshore-Fundamente in tiefem Wasser. Aber in so richtig tiefem Wasser wird man vermutlich gar nicht mit klassischen Fundamenten bauen sondern eher die schwimmenden Anlagen nehmen, die ja jetzt überall in fleissiger Entwicklung sind.
Also, Fazit, ich halte den Grössenwettlauf für sowas wie das "Space Race" 1969. "Wer hat als erster einen Mann auf dem Mond". Reines Prestigedenken.
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Nochmal zu dem Nordexding, ich finde es ist nicht der Aufregung wert, denn eine Pilotanlage hat ganz andere Sorgen als dass sie ins EEG reinkommt oder nicht. Die Investoren wollen "track record" sehen, und es ist eine Bringeschuld der WKA-Hersteller bei einer Protomaschine deren Verfügbarkeit nachzuweisen und ggfs kleine Kinderkrankheiten schnell zu kurieren. Je mehr Restrisiko, desto mehr wird der Investor equity investment fordern, dh der WKA-Hersteller muss sich am Projekt beteiligen. Oft wird ganz brutal 50 Maschinen-Jahre an track record gefordert für einen reinen Verkauf der WKA. An dieser Hürde kann ein WKA-Hersteller scheitern. Er muss dicke fette Banken oder Regierungen als grossen Bruder im Hintergrund haben. Noch ein Grund weshalb DK voranprescht und D hinten runter fällt.