Problem 1: Wind und Sonne sind halt nicht 24/7 gleichmäßig verfügbar. Tatsächlich herrschen in meiner Ecke an 7 von 10 Tagen "Flautewetter" - ganz ohne Wind. Und die restlichen 3 Tage entfallen größtenteils auf die Herbstzeit und sind wahlweise stürmisch oder leicht windig - die Bedingungen sind also denkbar bescheiden. Windenergie ist aus gutem Grund praktisch nicht ausgebaut in Süddeutschland: die Windlagen sind zumeist suboptimal. Hier gibt's praktisch keine Windparks wie in Norddeutschland.
Und die Sonne gibt's nur satt im Sommer, nicht aber im Winter und niemals in der Nacht.
Wo ist jetzt das Problem? Erreicht doch immerhin eine 70% Autarkiequote (7 von 10 Tagen). Das ist doch erfolgreich, sowohl ökonomisch als auch ökologisch.
Problem 2: Speicher ist teuer. Jede Stunde Speicher in Höhe der Nennleistung kostet fast so viel wie die Nennleistung der Erzeuger selbst (also 10MW Solarpanele und 10MWh Solarspeicher sind fast gleich teuer). Wenn man aber die Verfügbarkeit von Wind- und Sonne ein Stück weit ausgleichen wollte, reicht ein Pufferspeicher von einer Stunde nicht aus. Das absolute Minimum sind 12 Stunden, das Optimum liegt bei 24 Stunden Kapazität, zzgl. Reserve. Und das macht halt den Kombipark mit Speicher sehr, sehr teuer.
Speicher kann hier auch nur als "kurzfristig" betrachtet werden: Langfristige Speichermethoden wie etwa Wasserstofferzeugung wird nicht berücksichtigt.
Mmmh, die Zahlen scheinen mir veraltet zu sein.
10MW Solarpanele würden zur Zeit ca. 3.500.000€ kosten.
10MWh LFPs kosten auf Zellebene zur Zeit 1.000.000€, auf Plug-N-Play fertiger Batterie 1.800.000€.
Das weitere ist die Kapazitätsrechnung: Ein Speicher macht nur dann Sinn wenn er auch gefüllt werden kann. Ich kann das für Windkraft und Sonnenkraft nicht einfach ausrechnen, dafür fehlen mir die Daten für Windkraft. Aber um das am Beispiel von reiner PV zu verdeutlichen: Wenn ich eine 10MWh Solaranlage habe produziert die im besten Fall 4,5kwh/kwp am Tag, also 45MWh. Im Winter 0,6kwh/kwp, also 6MWh. Maximale Tagesspeichergröße wäre daher 45MWh, alles darüber würde eher selten genutzt und fungiert fast als Saisonalspeicher. Im Mittel machen daher 10MWh schon Sinn - ja, im Sommer kann Überschussstrom nicht gespeichert werden. Aber dafür wird der Akku über einen großen Teil des Jahres auch genutzt. Denn die produzierte Strommenge innerhalb von 24h zumindest bei PV ist ja nicht jährlich konstant sondern hängt stark von der Jahreszeit ab.
Du schriebst:
"Das absolute Minimum sind 12 Stunden, das Optimum liegt bei 24 Stunden Kapazität, zzgl. Reserve. "
Das klingt danach, als wenn du von einer 10MWp PV-Anlage einen Ertrag von 240MWh/Tag erwartest, was selbst der sonnigste Sommer niemals schaffen könnte, und dementsprechend 240MWh Speicher haben willst. Damit würdest du aber ca. 220MWh Saisonalspeicher schaffen, selbst im günstigsten Falle.
Und WKA und PV zusammen?
Für ganz Deutschland hatte ich das mal auf https://www.stromdaten.info/ANALYSE/p2g2p/index.php herumexperimentiert, da kommst du auf ca. 1TWh Tagesspeicher Sweet-Spot. Bei einem Tagesverbrauch von 1,6TWh wären das also 15 Stunden, nicht 24 Stunden als ökonomisches Optimum.
Problem 3: Überproduktion von Strom ist eine Störung im Verbundnetz. Das Netz regelt ständig nach, schaltet Pumpspeicherwerke zu oder ab bzw. von Erzeugung auf Speicherung, je nachdem, wie's gerade die Netzbelastung bestellt ist. Die Grundbedarfskraftwerke sind praktisch nicht regelbar. Die schnell reagierenden Gaskraftwerke sind relativ teuer, aber können längere Verbrauchsphasen abfangen. Und für kurze Lastspitzen stehen die Pumpspeicherwerke zur Verfügung, die "einfach so" die nötige Leistung für einen kurzen Zeitraum zur Verfügung stellen können. Allerdings eben nur, wenn sie auch zuvor Energie speichern konnten.
Solar- und Windstromerzeugung ist im Grunde eine Belastung für's Verbundnetz: beides kann nicht reguliert werden und liegt mal an oder eben mal nicht. Falls zu viel Strom erzeugt wird, kann man noch die üblichen Speicher auffüllen (Pumpspeicherwerke), aber wenn die voll sind, was dann? Akkuspeicher ist teuer und langfristige Speichermöglichkeiten sind rar. Also was macht man mit dem auf einmal überflüssigen Strom? Man verschenkt ihn. Aber wenn in Deutschland Tag ist, dann auch bei den Nachbarstaaten. Die wollen den Strom auch nicht, sondern verlangen sogar Gebühren dafür. Es ist also billiger, Solaranlagen aus dem Netz zu schmeißen und Windparks stehen zu lassen, als den überflüssigen Strom irgendwo zu "verklappen". Und das verdirbt einfach die Effizienz des Ganzen.
Das stimmt nicht. Zum einen ist Akkuspeicher nicht (mehr) teuer, zum anderen reguliert er absolut und kann daher wenn wie bei dir geplant auf Gemeindeebene aufzubauen sogar das Verbundnetz entlasten und besser ausnutzen und damit Netzausbau einsparen (Verschiebung von Energie von Speicher zu Speicher in schwach genutzten Zeiten).
Ein Tagesspeicher hat ja gerade den Sinn, Erzeugung und Verbrauch innerhalb von 24h zu entkoppeln. Überschussstrom wird gespeichert und zu einem späteren Zeitpunkt wieder eingespeist wenn die Produktion nicht ausreicht. Habe ich ein System, in welchem ich am Tag mehr oder gleich viel Energie produzieren und speichern kann habe ich 100% Autarkie (an diesem Tag). PV-Anlagen "abschalten" ist kein Problem by the way - ebenso wenig Windkraftanlagen. Auch kein ökonomisches. Das "Verklappen" der Stromerzeugung geschieht aufgrund der Anlagen, für die das ein technisches oder ökonomisches Desaster wäre, die Erzeugung herunter und wieder hochzufahren. Das sind die euphemistisch "Grundlastkraftwerke" genannten Kraftwerkstypen. Bei denen ist es "billiger", etwas für verklappten Strom zu zahlen als sie herunter und wieder hochzufahren.
Problem 4: die Winterzeit selbst. Von Oktober bis Ostern ist das alles nicht so lustig. Aber eigentlich geht es nur um die Monate November bis Februar - volle 4 Monate. In der Zeit ist der Himmel meist grau, die Tage sind extrem kurz und der Sonnenstand niedrig: damit fällt Solarenergie fast immer aus. Liegt dann noch Schnee auf den Panelen kommt nichts mehr durch. Und der Winter ist nicht unbedingt gesegnet vom Wind.
Nun gibt's zwei Methoden: langfristige Speicher oder ökonomisch sinnvollere Optionen wie z.B. (Bio)Gaskraftwerk als Backup. Das Backup springt dann an, wenn kein Wind anliegt, kein Solarertrag möglich ist und der Kurzzeitspeicher leergelaufen ist. Also genau so, wie's eigentlich sein sollte, wenn man pragmatisch an die Sache herangehen würde und akzeptiert, dass im Winter man nicht auf CO2-emittierende Stromerzeugung verzichten kann.
Du "akzeptierst", dass man im Winter nicht auf CO2-emittierende Stromerzeugung verzichten kann - aber langfristig musst du leider akzeptieren, dass wir nicht CO2 emittieren dürfen. Das ist kein Wünsch-dir-was Konzert sondern bittere physikalische Realität. Auf kurze Sicht fossile Quellen einzusetzen geht - aber langfristig geplant geht das eben nicht. Ob langfristige Speicher auf Dauer nicht die ökonomisch sinnvolleren Optionen sind wissen wir noch nicht. Für die jetzt lebenden sind sie das noch nicht, für die nachfolgenden Generationen kann das anders aussehen. Die bezahlen den Preis für unser emittiertes CO2.
Dafür ist aber die Effizienz so richtig schlecht: für jede Kilowattstunde Brennwert darf man fast 10 Kilowattstunden investieren. Gut, wenn man sowieso "zu viel Strom" produziert, ist das eigentlich egal. Aber wieviel "zu viel" will man haben?
Auch hier habe ich andere Zahlen, die gehen eher von einem Verhältnis 4:1 aus, statt 10:1 (60% Effizienz bei Herstellung von SNG, 60% bei Verstromung von SNG).
Dazu mal die Zahlen der PV:
Ökonomisch Sinnvoll ist heute ein Ausbau von PV um den Bedarf auch im März und Oktober noch aus PV zu generieren. Dies bedeutet in den Sommermonaten eine Produktion von ca. 400% des Bedarfes. Das ist das zur Zeit ökonomisch sinnvolle "zu viel". Allerdings wird auch Winter-PV immer beliebter dank billiger Preise für gebrauchte Panels, so dass selbst dies ökonomisch wird. Die haben zwar im Sommer nicht die gleiche Ausbeute wie die nicht Winter-PV (Winter-PV hängt bspw. senkrecht an der Südwand / am Balkon) aber generieren trotzdem einen zusätzlichen Überschuss im Sommer. Es kann sich also noch weiter steigern wieviel "zu viel" wir haben wollen. Durchsichtige PV in Fenstern bspw. könnte ich mir zukünftig vorstellen. Alles eine Frage des Preises, weil PV eben jetzt schon mit weggeworfenem Überschussstrom kalkuliert werden kann. Je tiefer das noch geht desto mehr Überschuss ist im Sommer in Zukunft vorhanden.
Das Beispiel mit dem Kleinkraftwerk zur Versorgung einer Kleinstadt zeigt doch, wo die Probleme liegen. Auf dem Papier ist das schnell hingezirkelt. Mit Zahlenspiel & Statistik bekommt man das auch theoretisch zum Laufen. Und an drei von vier Tagen mag das auch wunderbar funktionieren. Der größte Saboteur nach dem politischen fehlenden Willen ist aber einfach der Winter. Keine Sonne, kein Wind, kein Strom. Auch nach über 20 Jahren "Energiewende" gibt es dafür keine Antwort. Eigentlich hätte man die letzten 20 Jahre das Geld lieber in die Speicherforschung stecken sollen, statt als Pacht den Landwirten für ein paar Windräder zu überweisen.
Die "paar Windräder" haben uns jede Menge CO2 eingespart. Und wir haben immer noch nicht genügend EE aufgebaut. Das "Speicherproblem" wird erst dann zu einem Problem, wenn es den Ausbau abbremsen würde. Soweit sind wir aber noch nicht. Erst wenn Strom da ist lohnt auch zu speichern. Du stellst dir doch auch nur einen Akku in den Keller wenn du eine PV-Anlage auf dem Dach hast.
Wir können auch nicht 20 Jahre warten und im 21. Jahr dann mal eben alles ändern. Eine Wende braucht Zeit und dazu gehört eben auch der Aufbau der EE die letzten 20 Jahre.
Vielleicht hätte man statt "Gewinngarantien" lieber auf "Verpflichtungen" setzen sollen bei den privatwirtschaftlichen Energieversorgern. Vielleicht hätte man sogar die Privatisierung in dem Feld zurückdrehen müssen.
Vielleicht haben wir schlichtweg für die Profitinteressen einiger weniger die Energiewende nicht einfach nur "verpennt", sondern uns so gründlich ins Knie geschossen, dass wir am Ende des Tages die einfach nicht mehr gewuppt bekommen. Und vielleicht wäre es ein echter Kurswechsel, die Privatinteressen der Wirtschaft hier für das Allgemeinwohl zu opfern.
Dem stimme ich zu.