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  • Artur_B

mehr als 1000 Beiträge seit 09.09.2004

Die Analyse von Machtsystemen

liegt im Argen. Und damit wird Karl Marx wohl auf alle Zeit der Einzige bleiben, der sich ernsthaft damit befasst hat. Denn das ist ja wohl die Hauptwirkung der Religionen: sie dienen zur Rechtfertigung und Legitimation von Staatssytemen. Was ja eigentlich ins Auge springen sollte.

Der Apostel Paulus stellt fest, dass ihm die neue Religion eigentlich keine besonderen Auflagen macht. Es sei wohl, meint er, die Übertreibung zu vermeiden, mehr nicht. Dann aber ging es ganz anders weiter: das Christentum verwandelte sich in eine Verbotsreligion. Dauernd musste gefastet werden, im Mittelalter laut päpstlichem Erlass 200 Tage im Jahr. Die oberste Hierarchie musste zölibatär leben und auch die Verheirateten durften nur dann und dann Beischlaf haben und vor allem dann und dann nicht. Verboten war auch insbesondere die Wissenschaft. Ein christlicher Mob zerstörte Olympia und zündete die Bibliothek von Alexandria an. Das hatte Paulus nicht gewollt.

Aber warum ist das passiert? Nun, in der Form wie Paulus sich das dachte, war das Christentum als Machtsystem nicht brauchbar. Menschen wollen essen, Sexualität und Wissenschaft. Wer all das verbietet und mit einer Spitzelarmee das Verbot sicherstellt, verbreitet Angst und Schrecken. Da ist Ordnung im Laden. Die katholische Kirche hat dann nie direkt nach weltlicher Macht gestrebt, aber hat den Kaisern Legitimation verschafft. Die so einfach nicht zu kriegen war: wer nicht spurte, musste nach Canossa, wie Heinrich IV. Wäre er nicht gekommen, hätte es seinen sicheren Tod bedeutet.

In dieser Situation bedeutete das Aufkommen des Islam durchaus eine Befreiung. Die FDP des 8. Jahrhunderts gewissermaßen und Prophet Mohammed kann man durchaus als Guido Westerwelle des Frühmittelalters betrachten. Gefastet werden musste nur im Ramadan, Zölibat gab es nicht und Wissenschaft war erlaubt. Daher auch der Aufschwung und die goldenen hundert Jahre des Islam. Dann aber begann Ähnliches wie im Christentum: ein Katalog von Verhaltensregeln, deren Übertretung mit Strafen belegt war. Von Spitzeln überwacht.

Aber es war auch die Aufhebung der politischen Abstinenz. Diejenigen, die aus dem Koran ein Herrschaftssystem herauslesen, in dem ein Kalif oder Emir als geistliches und weltliches Oberhaupt fungiert, finden die entsprechenden Stellen im Koran durchaus. Eine durch keinerlei Kontrollinstanz geschmälerte Herrschaft über alle drei Gewalten. Der politische Islam ist keine Erfindung der ÖVP, er ist tatsächlich politisch. Und die Scharia ist tatsächlich ein Rechtssystem, das Strafen aussprechen kann. Was natürlich dem Grundgesetz widerspricht, das ein Gewaltmonopol beansprucht.

Keine Frage: Grundgesetz auf der einen und Kalifat und Scharia auf der anderen Seite schließen sich aus. In Deutschland existierende Islamverbände darf man durchaus zwingen, sich zu entscheiden. Für das Grundgesetz bitteschön. Ansonsten gibt es zumindest keine Förderung mehr.

Gruß Artur

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