Das sind valide Punkte. Die sogenannte islamische Blütezeit stützt sich meiner Meinung nach schon auf der Eroberung der damaligen spätantiken Kultur- und Bildungszentren, auch wenn diese bereits in einer Niedergangs- oder Schwächephase steckte. Dies waren dann ja auch die ersten Opfer der mohammedanischen Expansion: das sassanidische Perserreich, die byzantinische Levante und Ägypten.
In all diesen Gebieten waren die arabischen Eroberer auch in der Minderheit, so daß eine Kooperation mit den Unterlegenen eingegangen werden musste, damit die Eroberungen auch Bestand haben sollten.
Ein anderer Punkt ist auch, dass nicht wenige den Islam im Gegensatz zu den hergebrachten Religionen als Befreiungsideologie aufgefasst hatten. Zum einen waren Byzantiner und Perser beides Sklavenhalter und waren auch recht streng im Umgang mit religiösen Abweichlern oder Fremdgläubigen. So konnten sich daher auch besonders Konvertiten aus der untersten Schicht aus dieser befreien.
Der Niedergang auch hier spielte sich erst aus, als der Islam sich als Mehrheitsreligion etablieren konnte und seine orthodoxe Dominanz entfalten konnte.
Und das halt Reiternomaden aus der Mongolei zwischen Samarkand und Bagdad alles platt gemacht und getötet haben war auch nicht sehr hilfreich für die Region.
Der Kolonialismus der Europäer kam ja auch erst im 16. Jahrhundert auf und auch erst in der Neuen Welt. Spanier und Portugiesen konnten sich mit der Reconquista zwar vom Islam befreien, eine Kolonisierung Nordafrikas misslang ihnen. Auch Italien war zu schwach und zersplittert als dass man eine Eroberung über das Meer in Betracht nehmen konnte. Das Osmanische Reich bezwang Byzanz und auf dem Balkan konnte das Haus Habsburg auch erst ab dem späten 17. Jahrhundert eine Trendwende hinlegen, auch die Moskowiter konnten erst mit dem 16. Jahrhundert die Tributpflichtigkeit von der Goldenen Horde überwinden.
Die islamische Welt war halt durch verschiedene Faktoren in Stasis und Niedergang gefangen während von Europa aus das Heft der Dynamik in der Hand gehalten wurde.
Allerdings konnte man diese Stasis dann auch in Ostasien betrachten. China und Japan beispielsweise verharrten ja auch auf einem technologisch kulturellen Niveau und konnten so durch die Europäer und später auch die Amerikaner existentiell bedroht werden.
Das Osmanische Reich versuchte immerhin gegen Ende des 19. Jahrhunderts noch einmal die Kurve zu bekommen, das Trauma des Krimkriegs hatte da was in Bewegung gebracht. Blöderweise kam da nur eine Kooperation mit Preussen, oder dem Deutschen Reich zustande und die Niederlage im 1. WK war dann die Totenglocke.