K3 schrieb am 01.02.2023 09:47:
Ein bekannter Finanzwissenschaftler, der einen Lehrauftrag an der Universität Hannover hatte und inzwischen zu den bekanntesten Stimmen der maßnahmenkritischen Szene gehört, hat uns kürzlich einen Artikel zur Übersterblichkeit angeboten.
Nein, ich schreib jetzt auch nicht den Namen dieses Finanzwissenschaftlers.
Auf unsere Absage folgte eine bemerkenswerte Reaktion, die unsere Entscheidung im Nachhinein bestätigte: "Offenbar habe ich verpasst, dass Telepolis, für das ich oft geworben hatte, in den linken Mainstream abgedriftet ist. Schade."
Muahaha. Das passt zu ihm. Heul leiser.
Ein Muster hätten wir bei Telepolis früher erkennen müssen: Akteure mit maßnahmenkritischer Haltung, die Daten und Fakten auf eine von vornherein feststehende Schlussfolgerung hin ausgewählt haben, wurden von Telepolis teilweise ohne ausreichende Prüfung veröffentlicht. Uns ist klar, dass dies dann nicht mehr mit Meinungsfreiheit gerechtfertigt werden kann.
Lobenswerte Einsicht. Manchmal hält man es für Meinungsfreiheit, aber tatsächlich läuft man nur in die False-Balance-Falle.
Abgesehen von der in der maßnahmengläubigen Szene gut etablierten Polemik fällt beim Zitat ein kreativer Tausch der Absätze des Originals auf, denn im TP-Artikel ist der dritte im Kommentar zitierte Absatz den zwei anderen eigentlich vorangestellt, weil dieser Finanzwissenschaftler wohl als Beispiel für die Probleme in der journalistischen Praxis dienen soll. Der Sinn jener Aussage ändert sich durch diese falsche Zitierweise vom bloßen Beispiel zur Schlussfolgerung hin, denn Telepolis war doch bereits zuvor »aufmerksamer geworden« und hatte »ein Muster« nicht erst durch eine der »Stimmen« aus einer kritischen »Szene« erkannt, aber egal, meist denken TP-Nutzende mit.
Jedenfalls ist zu vermuten, dass es um einen Essay geht, der mindestens in ähnlicher Form bei multipolar am 19.01.2023 erschien und mich wohl auch nicht ganz zufriedengestellt hätte, nicht nur weil die Korrelationen relativ schwach sind und viele Hintergrundvariablen eine Rolle spielen könnten, doch keinesfalls hätte ich ohne journalistische Begründung und schon aus allgemeinen Fairnessgründen heraus eine »bemerkenswerte Reaktion« solch einer Stimme der Szene nach der eigenen Ablehnung eines angebotenen Artikels zitiert.
Außerdem weiß ich nicht, wie man ohne Lügendetektor prüft, ob Stimmen »Daten und Fakten auf eine von vornherein feststehende Schlussfolgerung hin ausgewählt haben«, zumal dies in Politik und Medien als allgemein übliche Praxis erscheint, man denke nur ans Gesundheitsministerium, weshalb Rezipierende doch Medienkompetenz entwickeln sollten, die man sonst nicht benötigte.
Und das mit der Gefahr einer falschen Balance in der Medienberichterstattung habe ich wirklich noch nie verstanden, denn dann müsste erst eine Umfrage zum Thema unter Wissenschaftsverantwortlichen der unterschiedlichsten Disziplinen durchgeführt und veröffentlicht werden, um dann eine faire Quote festlegen zu können, die dem Modell einer pluralistischen Demokratie nicht einmal gerecht werden würde, denn mit dem Quotenargument ließe sich in der Presse jede beliebige Minderheit marginalisieren.