Leser2015 schrieb am 01.02.2023 19:35:
Außerdem weiß ich nicht, wie man ohne Lügendetektor prüft, ob Stimmen »Daten und Fakten auf eine von vornherein feststehende Schlussfolgerung hin ausgewählt haben«, zumal dies in Politik und Medien als allgemein übliche Praxis erscheint, man denke nur ans Gesundheitsministerium, weshalb Rezipierende doch Medienkompetenz entwickeln sollten, die man sonst nicht benötigte.
Ja was denn nun? Hast du einen Lügendetektor benutzt, um zu deiner Feststellung über die "allgemein übliche Praxis" zu kommen? Wenn man es ohne nicht wissen kann, kann man es ohne nicht wissen. Oder gilt das nur für die andere Seite?
Und das mit der Gefahr einer falschen Balance in der Medienberichterstattung habe ich wirklich noch nie verstanden, denn dann müsste erst eine Umfrage zum Thema unter Wissenschaftsverantwortlichen der unterschiedlichsten Disziplinen durchgeführt und veröffentlicht werden, um dann eine faire Quote festlegen zu können, die dem Modell einer pluralistischen Demokratie nicht einmal gerecht werden würde, denn mit dem Quotenargument ließe sich in der Presse jede beliebige Minderheit marginalisieren.
Die falsche Balance bedeutet nach meinem Verständnis ganz einfach, daß geglaubt wird, neben (einigermaßen) vertretbaren Behauptungen auch den größten offensichtlichen Blödsinn veröffentlichen zu müssen, weil der ja auch zum Meinungsspektrum gehört. In der Redaktion stellt man gerade fest, daß die Ausrichtung hauptsächlich als "Gegengewicht" zu den pöhsen Mainstream-Medien ihre Gefahren birgt. Dabei geht es gerade nicht um einen Meinungsproporz. Manchmal ist die am besten begründete Meinung in der Öffentlichkeit in der Minderheit. Manchmal stellt sich erst nach einiger Zeit heraus, daß die Mehrheitsmeinung falsch war. Deshalb ist es auf lange Sicht so wichtig, journalistische und gegebenenfalls wissenschaftliche Mindeststandards einzuhalten, statt nur auf die "Balance" (und auf die Klickzahlen, wie auch im Artikel angedeutet) zu schielen.