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  • Leser2015

477 Beiträge seit 19.11.2015

Re: "...folgte eine bemerkenswerte Reaktion", die Rezipierenden egal sein könnte

teutolith schrieb am 02.02.2023 08:31:

Leser2015 schrieb am 01.02.2023 19:35:

Außerdem weiß ich nicht, wie man ohne Lügendetektor prüft, ob Stimmen »Daten und Fakten auf eine von vornherein feststehende Schlussfolgerung hin ausgewählt haben«, zumal dies in Politik und Medien als allgemein übliche Praxis erscheint, man denke nur ans Gesundheitsministerium, weshalb Rezipierende doch Medienkompetenz entwickeln sollten, die man sonst nicht benötigte.

Ja was denn nun? Hast du einen Lügendetektor benutzt, um zu deiner Feststellung über die "allgemein übliche Praxis" zu kommen? Wenn man es ohne nicht wissen kann, kann man es ohne nicht wissen. Oder gilt das nur für die andere Seite?

Und das mit der Gefahr einer falschen Balance in der Medienberichterstattung habe ich wirklich noch nie verstanden, denn dann müsste erst eine Umfrage zum Thema unter Wissenschaftsverantwortlichen der unterschiedlichsten Disziplinen durchgeführt und veröffentlicht werden, um dann eine faire Quote festlegen zu können, die dem Modell einer pluralistischen Demokratie nicht einmal gerecht werden würde, denn mit dem Quotenargument ließe sich in der Presse jede beliebige Minderheit marginalisieren.

Die falsche Balance bedeutet nach meinem Verständnis ganz einfach, daß geglaubt wird, neben (einigermaßen) vertretbaren Behauptungen auch den größten offensichtlichen Blödsinn veröffentlichen zu müssen, weil der ja auch zum Meinungsspektrum gehört. In der Redaktion stellt man gerade fest, daß die Ausrichtung hauptsächlich als "Gegengewicht" zu den pöhsen Mainstream-Medien ihre Gefahren birgt. Dabei geht es gerade nicht um einen Meinungsproporz. Manchmal ist die am besten begründete Meinung in der Öffentlichkeit in der Minderheit. Manchmal stellt sich erst nach einiger Zeit heraus, daß die Mehrheitsmeinung falsch war. Deshalb ist es auf lange Sicht so wichtig, journalistische und gegebenenfalls wissenschaftliche Mindeststandards einzuhalten, statt nur auf die "Balance" (und auf die Klickzahlen, wie auch im Artikel angedeutet) zu schielen.

Na ja, vorsichtigerweise schrieb ich etwas von »erscheint«, könnte also natürlich auch falsch liegen, doch in meiner Welt dürfen eben Politik und Medien eine gewisse Vorauswahl treffen, um eigene Vorstellungen durchzusetzen, solange andere Sichtweisen nicht ausgeschlossen werden, weil »dies dann nicht mehr mit Meinungsfreiheit gerechtfertigt werden kann« (Harald Neuber). Meine Kritik richtete sich eher gegen die redaktionelle Konsequenz aus der wie auch immer geprüften Unterstellung einer »von vornherein feststehende(n) Schlussfolgerung« einer kritischen Stimme, die dann eine Veröffentlichung in seriösen Medien prinzipiell ausschließe.

Bei der angeblich falschen Balance stört mich vor allem der beliebig interpretierbare Begriff, der einfach nichts darüber aussagt, was damit eigentlich gemeint sein soll. Tatsächlich muss es darum gehen, nur logisch stimmige Meinungen zu veröffentlichen, egal ob gerade von einer Mehrheit oder Minderheit vertreten.

Aus meiner Sicht hat man hier bei Telepolis eigentlich vieles richtig gemacht, weshalb ich bei den älteren Artikeln auf irgendwelche Warnhinweise verzichten würde. Mir selbst wäre es sogar recht gewesen, wenn beispielsweise auch einmal die Great-Barrington-Erklärung (https://de.wikipedia.org/wiki/Great-Barrington-Erkl%C3%A4rung) genauer unter die Lupe genommen worden wäre, zu deren damals ethisch sehr umstrittener Forderung, lediglich vulnerable Gruppen zu schützen, es trotzdem mindestens einen guten Artikel gab, den ich jetzt auf Anhieb aber nicht mehr finden konnte. Wie sieht man das eigentlich inzwischen im Rückblick?

Die gemäß deutscher Leitmedien wirklich ungewöhnlich umstrittenen Herren Dr. med. Wolfgang Wodarg (https://de.wikipedia.org/wiki/Wolfgang_Wodarg) und Prof. em. Dr. med. Sucharit Bhakdi (https://de.wikipedia.org/wiki/Sucharit_Bhakdi) haben meiner Erinnerung zufolge bei Telepolis ohnehin nicht publiziert, und hinsichtlich formaler Kriterien hätte man zumindest Bhakdi sonst wohl auch stark ausbremsen müssen. Viele Menschen regen sich nun einmal zu sehr auf, wenn sie unter Beschuss stehen.

Richtig klasse fand ich alle TP-Artikel des Psychologen Prof. Dr. Christof Kuhbandner (https://de.wikipedia.org/wiki/Christof_Kuhbandner), zumal er sich mindestens einmal (https://telepolis.de/-4906401 und dort »möglicher Grund 4«) auch dem in der Öffentlichkeit kaum bekannten Satz von Bayes (https://de.wikipedia.org/wiki/Satz_von_Bayes#Interpretation) widmete, der im Prinzip nahelegt, alle seltenen Untersuchungsbefunde zunächst einmal durch eine zweite Untersuchung bestätigen zu lassen, bevor man sich unnötigerweise aufregt. Die Probleme, die Kuhbandner selbst später im Zusammenhang mit Veröffentlichungen zu einem die Impfungen betreffenden Risikosignal hatte (https://multipolar-magazin.de/artikel/ein-sicherheitssignal-wird-ignoriert), wurden bei Telepolis leider völlig ausgeblendet, obwohl es sogar im journalistischen Bereich ein eigenes und ebenfalls umstrittenes Genre namens Verdachtsberichterstattung geben soll.

Gewiss würden einige damals kritische Fachleute heute manches anders oder zumindest deutlich vorsichtiger formulieren, und eben auch darum könnte es bei der Aufarbeitung dieser Zeit gehen.

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