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  • Guckstu

mehr als 1000 Beiträge seit 18.03.2024

Re: Moldau, Georgien ...

Pearphidae schrieb am 18.07.2024 22:57:

Guckstu schrieb am 18.07.2024 17:40:

Pearphidae schrieb am 18.07.2024 15:11:

Putin hat gar keine andere Wahl, als bis zum letzten seiner Soldaten kämpfen zu lassen. Zugeständnisse in Verhandlungen zum jetzigen Zeitpunkt würde den Tod von zigtausenden russischen Männern ad absurdum führen

Das wäre ihm egal, und die Russen machen deshalb auch keinen Aufstand.

Solange er weiterhin die ethnischen Russen verschont und die auch nicht die wahren Zahlen an Gefallenen erfahren könnten Sie recht haben.

Ach, ich denke, die Anzahl der Gefallenen werden nicht so interessant sein.
Der zynische, aber wahre Spruch stammt ja von Stalin: "10 Tote sind eine Tragödie. 100.000 Tote sind eine Statistik."

Was die Zurückhaltung bei den ethnischen Russen angeht: Er wird Gründe (er)finden, warum gerade diese ethnischen Russen. Egal was, notfalls aus den Fingern gesaugt: Steuern nicht gezahlt, das Militär schlechtgemacht, was auch immer, das wird den Leuten nachgesagt, die eingezogen werden, und schon ist Ruhe.

Die Russen wissen, dass sie belogen werden. Das ist dort normal, und dagegen kann man nichts machen, als einfacher Mensch ist es dort bekanntermaßen am besten, wenn man nicht auffällt.

und genauso seinen eigenen Tod bedeuten, wie eine Niederlage in der Ukraine. Da bliebe ihm dann nur noch der Selbstmord, wenn er dem Zorn seines Volkes entgehen will.

Da wäre ich mir nicht so sicher.
Er kann immer noch eine westliche Superwaffe herbeifantasieren, gegen die Russland leider, leider nichts vorzuweisen habe.
Er hat sogar selbst offen gesagt, ein Krieg gegen die NATO sei Wahnsinn und für Russland gar nicht zu gewinnen; wenn er verliert, kann er das hervorziehen und sagen: Guckt mal, ich habe das gesagt, und in Wirklichkeit war $IRGENDEIN_INNERER_FEIND schuld, und dann beginnt eine Säuberungsaktion und alle ziehen die Köpfe ein.

Da darf aber nie jemand die Wahrheit erfahren. Am besten er beauftragt schon mal Xi mit dem Bau einer Mauer um Russland. Die Chinesen können das.

Gar nicht nötig.
Ich war mal im AirBnB bei einer Exilrussin.
2018 war das oder so.
Die hat sich gar nicht für die Wahrheit interessiert. Bei der lief den ganzen Tag Russia Today im Fernsehen. Wir haben uns unterhalten, und die meinte so: Putin ist gut für Russland, Putin macht Russland wieder groß. Ich so trocken: Mag sein, aber ist es auch für die einfachen Russen gut? Sie hat es nicht mal verstanden und es war ihr egal.
Und außer RT hat sie sich für nichts an Informationen interessiert.

Putin muss nicht viel tun, um die Bevölkerung von unbequemen Wahrheiten abzuschirmen.
Die Wahrheit wird verboten.
Das hat Tradition in Russland. Es gibt da zwei Wörter im Russischen, die "gerechte Wahrheit", Prawda, und die objektive Wahrheit, die Istina.
Wobei "gerecht" oft nur "regierungsamtlich" heißt, aber aus Putins Sicht wäre das ja die "gerechte" Wahrheit.

Auf der Straße spricht man die Pravda, "am Küchentisch" (tatsächlich russische Redewendung) die Istina.
Das Zwiedenk ist da gelebte Realität.

Das ist nicht auf meinem Mist gewachsen, das kommt aus dem Vortrag eines emeritierten Geheimdienstfinnen, der die Aufgabe hatte, die russische Kultur zu verstehen.
Das war ein Vortrag an einer Uni in Helsinki.

Das mit den Lügen ist auch Machtdemonstration. Kann ich als Obermotz sagen, das und das ist die Wahrheit, und Leute sehen sich gezwungen, mir zuzustimmen, habe ich meine Macht über die demonstriert.
Die Chinesen tun übrigens das gleiche. Die ganzen absurden Lügen sind, denke ich, mit Absicht absurd.

Achtung: das mit der Machtdemonstration ist nur meine persönliche Interpretation, der Gedanke ist mir noch bei keinem der üblichen Analysten untergekommen.
Entweder habe ich also am grünen Tisch eine Erkenntnis gehabt, die sonst noch niemandem aufgefallen ist, oder ich überschätze den Neuigkeitswert, oder das Ganze ist eh eine blöde Idee. Keine Ahnung :-D

Putin stürzt nur, wenn ihm seine Unterstützer die Unterstützung entziehen.
Momentan wäre das wohl der Geheimdienst, und da der jeden nicht-Geheimdienstler jederzeit "versehentlich" aus dem Fenster schubsen kann, putscht da niemand außer vielleicht dem Geheimdienst selbst - aber seinen Geheimdienstlern sind die russischen Toten genauso egal wie Putin selbst.

Tja, dort wo man Ellenbogen auf den Weg "nach oben" braucht, muss man gefühl- und skrupellos sein. Freundschaft gibts nicht. Die Erfahrung musste auch Prigoschin machen. Auch wenn der kleine Schreihals den Ukrainern bei Bachmut schwer zusetzte, kam man nicht umhin eine gewisse Sympathie zu empfinden - vor allem als er auf Moskau zumarschierte. Der war ein eiskalter Schlächter, aber auch geradlinig. Eine Weile hielt ich seine Videos ("Shoigu, wo bleibt meine verdammte Munition!") für Blendversuche. Heute ist klar, der war kein Intrigant. Aber er kannte Putin und wusste, wie der tickt. Da kann man nur sagen: Jewgeni, Du hattest es gewusst...

Vielleicht hat er einfach hoch gepokert.
Oder die typische Peer Group Blindness gehabt. Wenn eine Gruppe von Leuten über Monate oder Jahre eng zusammenarbeitet, gleichen sich die Ansichten an, egal wie dämlich die sind - so hat das Oberkommando der Wehrmacht im 1. Weltkrieg bis zum Ende geglaubt, dass sie den Krieg noch gewinnen können. Einfach, weil sie sich das gegenseitig täglich versichert haben.
Vielleicht haben Prigoschin und Utkin und die sonstigen Führungsfiguren ein paar Monate zu lange gemeinsam davon geträumt, den verhassten Schoigu einfach mit einem Marsch auf Moskau zu stürzen. Das ließ sich anfangs ja auch sehr gut an, die lokalen Polizeibehörden etc. haben ihm ja mindestens passive Duldung, teils auch aktive Unterstützung zukommen lassen.
Er hat nur zu klein gedacht. Schoigu zu stürzen hätte das System nicht geändert, das ihn an der Front kurzgehalten hat, das kam von Putin - aber der herrscht eben wie die Zaren: Zwischen Zar und Bevölkerung sitzen die "Prinzen", also die Provinzgouverneure, die Generäle etc. Der Zar macht niemals etwas falsch, das sind immer die Prinzen - das war im Zarenreich so, das ist unter Putin so, das war vermutlich auch unter Lenin, Stalin etc. so.

Auf russische Produkte sind die nicht angewiesen, die dürften sowieso eher in der Türkei einkaufen. Mindestens die Georgier möchten aufmucken, aber die warten ab, wie sich die Lage in der Ukraine entwickelt. Wird Russland millitärisch gezwungen sich zurückzuziehen, werden die noch abwarten, was Moldau machen wird. Die könnten logistisch besser unterstützt werden, wenn die den Anfang machen, die Russen auch aus besetzten Gebieten raus zu werfen.

Moldau kann die Russen nicht aus eigener Kraft aus Transnistrien rauswerfen.
Es ist auch nicht so klar, ob die moldawische Regierung wirklich so unterstützenswert ist. Der Staat ist ziemlich korrupt, Transnistrien war immer abgehängt, da war ein Separatistenaufstand wirklich leicht zu zünden.

Aber dann ist es halt auch sehr fragwürdig, da überhaupt etwas tun zu wollen. Was sollte das Ergebnis sein?
Die russischen Truppen kann man rauswerfen, eine Blockade reicht; aber wer soll dann in das Machtvakuum? Die korrupten Einheimischen aus Transnistrien selbst? Die Korruptokraten aus Moldawien, die das weiter als Armenhaus halten würden?

Man könnte natürlich reingehen und denen Reformen aufs Auge drücken, aber genau möchte man eigentlich auch nicht tun; solche von außen aufgedrückten Strukturen halten nie lange und werden selber schnell korrupt.

Aber mal abwarten.
Vielleicht reicht ja das Zuckerbrot "EU-Beitritt". Moldawien verhandelt ja darüber.

Die Nachbarländer haben, wenn sie nicht unter Russland zurückwollen, nur dann eine Chance, wenn sie in ein Bündnis reingehen.

Wenn Russland unterliegt, können die auch ohne Bündnis machen was die wollen.

Vorausgesetzt, Russlands Armee ist komplett vernichtet und Russland kann nicht mal Granaten nachproduzieren.
Nur: Das wird es können. Für Feldartillerie braucht man nur Technik des 19. Jahrhunderts und kann damit immer noch alles in Grund und Boden schießen.
Und Russland kann immer noch große Mengen Soldaten losschicken. Der Nachbarstaat hat dagegen nur dann eine Chance, wenn er moderne Waffen erhält, und da ist eben die Frage, ob der Westen sich da überhaupt einmischen will oder lieber die Füße stillhält.

Sobald es gelang, Russland in der Ukraine zu schlagen, werden die Waffen ins nächste rebellierende Land geschaufelt.

Nur, wenn man sich sicher ist, dass das auch wirklich lohnt.
Das wäre in Georgien schon fraglich, in Armenien und Aserbeidschan völlig illusorisch.

Die strategischen Pläne für Moldau dürften grob skizziert längst in der Schublade liegen und bedürften nur noch der Feinjustierung anhand der dann tatsächlichen Lage.

Moldawien ist ja dann auch zwischen Ukraine und Rumänien, die werden kaum eine andere Wahl haben als alle Bedingungen zu erfüllen.
Andererseits: Noch ein Ungarn wäre für die EU nicht gut. Die werden sich da schon politische Stabilität ausbedingen.

"Der Westen" wird seine Waffenproduktion so schnell sicher nicht mehr runter fahren. Eher im Gegenteil. Es hat seine Weile gedauert, bis Europa in die Gänge kam, aber ab jetzt läufts. Damit sich die Investitionen in die Produktionsstätten lohnen, muss das Zeug weiter vom Band laufen und an Kunden gehen. Für den Aufbau unserer eigenen Bestände fällt auch locker genug ab.

Das wird sicher eine Rolle spielen, ja.
Aber ob man das Gerät wirklich wird einsetzen wollen? Dann wird's ja nochmal deutlich teurer.

Es gibt da genügend berechtigte Zweifel, dass irgendein Staat ein Veto gegen eine Aufnahme einlegen wird, und das war's dann für die georgischen Hoffnung.
Ich bin da nicht sehr glücklich mit dieser Schlussfolgerung. Aber das ist halt einer dieser Fälle, wo der Idealismus sich mit dem Realismus stößt.

Die Türkei könnte wieder mal Spirenzchen machen. Und man würde sie wieder zur Räson bringen.

Ich denke mir, die Türkei wird da lieber ihre eigenen Spiele treiben und den kaukasischen Republiken einen eigenen Bündnisvertrag anbieten.
Die Türkei will ja Regionalmacht werden, und genau sowas wäre eine gute Gelegenheit.

Allerdings bräuchte die Türkei dafür eine funktionierende Wirtschaft, und danach sieht es ja nicht grad aus.

Nicht nur eine funktionierende Wirtschaft sondern auch gute Waffen. Es wird gemunkelt, Erdogan habe dafür die Genehmigung erhalten, paar hübsche US- Fliegerchen kaufen zu dürfen, die ihm bis dato vorenthalten wurden.

Nur reichen einzelne Waffensysteme in generell zu niedriger Stückzahl für nix.
Wenn die Türkei in den USA einkauft und dann darf sie die Flieger nur dort einsetzen, wo es den USA genehm ist, sonśt bleiben die monatlichen Freischaltcodes für die Flieger aus... das ist nicht besonders souverän.
Und ja, die Amis tun sowas.

Nur dass das wiederum den Chinesen Möglichkeiten gibt, ihren Einfluss zu erweitern, und da das der nächste wichtige fähige Aggressor ist, ist das auch nicht wünschenswert.

China holt sich erstmal seinen Teil vom Kuchen und wird durch Investitionen dafür sorgen, dass Russland nicht völlig im Chaos versinkt. Das wollen die auch wieder nicht. Durch die Investitionen bekommen sie auch Macht in den Kreml hinein.

China hat selbst eine handfeste Wirtschaftskrise. Die haben kein Geld für Investitionen übrig, die brauchen das, um aus ihren vielen Blasen kontrolliert die Luft rauszulassen, und es ist noch überhaupt nicht ausgemacht, dass sie das hinkriegen.
Aktuell scheint da nicht mal der Wille zum Aufräumen da zu sein, sondern es werden ein paar halbherzige Maßnahmen getroffen und dann bleibt der Binnenkonsum immer noch schwach.
Aber sie setzen offenbar immer noch auf Export. Nur werden ihnen da bereits die Grenzen gezogen, das wird nicht funktionieren. Nicht nachhaltig.

Richtig, die haben hausgemachte Probleme durch ihre Immobilienkrise und etliche Länder, die von ihnen mit der Seidenstraße übe den Tisch gezogen wurden, können die Kredite nicht mehr bedienen. Das alles ist jedoch unabhängig von den Investionen chinesischer Konzerne. Die klinken sich nach wie vor in lukrative Firmen im Ausland ein. In Afrika fördern sie ja auch jede menge Bodenschätze. Die haben keine Skrupel, auch Russland auszubeuten.

Das nicht, aber auch die chinesischen Firmen stecken in der Liquiditätsklemme fest.
Jedenfalls dann, wenn die chinesischen Blasen implodieren.
Gerade der Kapitalbedarf für umfangreiche Investitionen ist ein weiterer Sargnagel auf die chinesischen Expansionspläne: Ein einziges fehlgegangenes Investment und die Firma ist pleite, und mit ihr all die anderen Firmen, die auf ihre bestehenden Schulden noch weitere Schulden draufgesattelt haben, um das vermeintlich gute Investment für den Schuldenabbau zu nutzen.
Die sind SO knapp am Abgrund.
Evergrande haben sie ja schon in die Insolvenz schicken müssen.

Und doch macht die chinesische Regierung nur ein paar kosmetische Korrekturen.
Eigentlich bräuchten sie einen harten Schnitt. Ist eine Hochrisikooperation, aber mit Kosmetik wird die Rezession nur unvermeidlicher und noch schlimmer.

Ich denke, die Chinesen haben ihre Chance bereits verpasst, es ist nur noch nicht abgerechnet worden.
Mal schauen, ob diese Prognose eintrifft, meine Glaskugel ist in letzter Zeit ein bisschen unzuverlässig :-)

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