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  • Aneri_2021

590 Beiträge seit 07.10.2021

Re: Russland bedarf einer Neubewertung der eigenen Rolle in Europa.

Guckstu schrieb am 19.07.2024 21:52:

Es gibt nicht den kleinsten Hinweis, dass das geschehen wird.

Erstens kann Russland seine Hauptstadt gar nicht verlegen. Die gesamte Eisenbahn- und Straßeninfrastruktur ist auf Moskau als Zentralknoten ausgelegt, das kann man nicht binnen weniger Jahrzehnte einfach so umbauen.

Hinweis ist der folgender: Russland hat schon Richtung Asiens gedreht. Auch mental, wie ich aus der Veröffentlichungen der verbliebenen (nicht ausgewanderten) intelektuelle Elite entnehmen kann. Zwar sieht es etwas chaotisch, die neue Identität ist noch in der Suche-Stadium, aber die Entschlossenheit ist deutlich spürbar. Übrigens eine von den Ideen ist (es ist keine Bewertung, nur zur Kenntnis!), dass Russland die europäische Aufklärungskultur - ihre Grundlagen, die R. sieht vom Westen verraten, rettet für die Zukunft. So wie ich verstehe, wird auf dem Fundament neue Gebäude entstehen. Und so scheint es, dort wird viele asiatische Züge erkennbar. Also will Russland - jetzt ist es meine Interpretation - seine asiatische Züge nicht weiter verleumden.

Andere Hinweis ist logisch. Wenn Russland in Europa unerwünscht ist, was, wie wir wissen, auf Handel sich auswirkt, dann Hauptrichtung des Handels zur asiatischen Raum sich richten wird. Es IST schon passiert und wird weiter ausgebaut, sieh neue Pipelines. Auf diese Handelnknoten werden neue Städte/Metropolen entstehen, was ihrerseits Intelektuelle und Künstler anziehen bzw. selbst diese erzeugen werden.
Es ist zwar in Zeiten des Internets die physische Anwesenheit für Kommunikation nicht notwendig, dennoch rein intuitiv denke ich, dass bei solchem Zusammenspiel - zwei Machtpole auf beiden Enden - die zentrifugale Kräfte könnten gefährlich für staatlichen Zusammenhalt sein.
Wenn schon ein Einwand gegen diese Entwicklung gibt, sind sie mentaler Natur: Die Verankerung in der Geschichte, die Symbolhaftigkeit gegenwärtiger Hauptstadt.

Zweitens entsteht aus bloßer Reibung zwischen Kulturen nicht von selbst was Positives.

Reibung mag schmerzhaft sein. Einer oder anderer mag es nicht verkraften und geht unter. Anderer aber springt höher als er normaleweise machen könnte. Man mobilisiert innere Kräfte... Bis jetzt aber noch scheint Russland solche Kräfte zu haben und in Zukunft kann keiner gucken.

Sonst hätten sich Russland und Westeuropa längst gegenseitig befruchtet, aber die beiden Kulturkreise lehnen sie gegenseitig fast nur ab, insbesondere in der Politik, aber auch in anderen Bereichen.

Hatten sie doch schon längst. Russland hatte es nie verneint und auch jetzt wirft sie nicht alles ab, wie ich oben erwähnt habe. Es tut Westen und zeigt seine Unbildung oder eher ideologische Blendheit. Haben russische Künstler: Schriftsteller, Musiker, Maler etc. nicht europäische Kultur entschieden bereichert? Unlängst habe ich etwas über Äußerung eines Nobelpreissträgers (weis ich nicht wer), dass ohne russische Entdeckungen würde 40% Entdeckungen, die auf deren Grundlage füßen, nicht zustande gekommen. Nicht unbedingt mein Thema, aber hier kommt mir in Sinn Mendelejev (Periodensystem), Lobatchewskis Geometrie (zwei Parallelen können sich kreuzen), Pablovsche Reflex und viele viele andere.
Was Politik angeht, glaube ich, folgt sie Interessen oder besser gesagt - dem Geld bzw. dem Geruch nach Geld.

Drittens: Warum sollte Europa absinken?

Es hat eine milde Wirtschaftsverstimmung. China hingegen hat wirtschaftlich grad Brechdurchfall, und in den USA beobachten wir gerade den Niedergang in Richtung Diktatur, was in einigen Jahrzehnten wohl eher einen wirtschaftlichen und kulturellen Niedergang bedeuten wird.

Vielleich die Nähe zum Geschehen blendet dich? Ich möchte das Thema wie Faß ohne Boden nicht aufmachen. Kann sagen nur meine Empfindungen. Wenn ich vor 20 Jahren hörte über Niedergang des Westens, hatte ich nur innerlich gelacht: Man sieht das, was man sehen will. Jetzt aber denke ich, dass damalige Analytiker waren sehr empfindsam für das, was geschieht in der Welt. Wie Hunde, haben sie es damals gewittert, was nur jetzt für solche wie ich offensichtlich ist. Und für manche wird es wohl dauern, bis auch sie augen reiben werden.
Wobei hier muss ich etwas korrigieren. Wenn ich schreibe Niedergang oder deute dein "Absinken", denke ich nicht um das Verschwinden von Bildfläche, wie etwa altertümliche Reiche. Ich bin hier sogar überzeugt, dass unseres Staatenwesen bleibt bestehen, die westliche Kultur (sicher noch weiterentwickelt aber nicht prinzipiell Neues schaffend) bleibt bestehen. Nur eben in weiterer Zukunft wird nicht das Westen in die Welt strahlen sondern die andere.

Russland hingegen verheizt seine Wirtschaft in einem Krieg, egal, ob es ihn gewinnt oder verliert; wenn sie gewinnen, sind sie eigentlich zu weiterer Kriegswirtschaft und tatsächlich Raubkriegen gezwungen, wenn sie einen endgültigen und sehr langfristigen Wirtschaftszusammenbruch verhindern wollen.

na ja, ein Staat hinter Atlantik lebt so mindestesn 8 Jahrzente und ihm scheint nicht schlecht zu gehen :(...
Und ja, ich sehe daran ein Problem. Auch, dass wir europäer kopieren dieses Mechanismus ein, unter anderem unsere derzeitliche wirtschaftliche Probleme auf die Weise lösen hoffen.

Die meisten Machtzentren auf der Welt sind eher durch die Unzulänglichkeiten ihrer Gegner und Konkurrenten großgeworden, nicht unbedingt aus eigener Kraft.

Was ist eigene Kraft? Warum z.B. die Fundamente gegenwärtigen Kulturen um etwa 37° Breitengrad entstanden? War es doch Klima, geographische Gegebenheiten, die diese Kräfte erst initiirten. Oder die Zufälligkeit der Tier- und Pflanzenwelt, die potentiell domestizierbaren Arten hervorgebrachte und andere Teile der Welt, die "robustere" Tiere hatte und keine Getreide hatte, war im Nachteil...

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (20.07.2024 15:07).

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