"Putinversteher!!" ist das ultimative Totschläger Argument.
Es wischt alle Argumente vom Tisch und bezichtigt die Gegenseite des Verständnis, also der Billigung und Rechtfertigung der Kriegsgründe (Russlands). Es ist eine moralische Kritik, die nichts erklärt, nichts widerlegt, sie befasst sich nicht einmal mit den tatsächlichen Kriegsgründen. Sie fordert nichts weiter als die Parteinahme für die "richtige" Seite, und entlarvt sich schon in ihrer Formulierung als das, was sie ist: "Kriegspropaganda".
Zu der gehört laut Baron Ponsonby in Punkt 3: "der Feind hat dämonische Züge", die man am besten an einer Person festmacht, quasi als Verkörperung des Bösen.
Um etwas gutzuheißen oder abzulehnen, muss man verstehen, womit man es zu tun hat. Verstehen also im Sinne von "begriffen". Ob man dann auch Verständnis aufbringt, ist schwer die Frage.
Wenn die Dinge so wären wie sie erscheinen, bräuchte es keine Wissenschaft. Sein und Schein wären identisch. Auch der Dümmste würde begreifen, womit er es zu tun, er sieht es ja. Schein und Sein sind aber nur in den seltensten Fällen identisch, und nur die Dummen glauben, dass Sein und Schein identisch sind, der Kluge weiß, was er alles nicht weiß. Was ein guter Ausgangspunkt ist, sich der Analyse zu widmen, um bekannte Wissenslücken nach und nach zu schließen.
Der kluge Mensch würde sich also fragen, um was es in der Ukraine eigentlich geht, er würde wissen (bzw. das herausbekommen), dass es dort verschiedene Kriegsparteien gibt (egal, ob die rechtlich als solche gelten), dass es um Interessen geht, und er würde versuchen diese näher zu bestimmen. Der kluge Mensch würde wissen, dass alle Kriegsparteien Kriegspropanda betreiben, also alle Verlautbarungen und Meldungen mit Vorsicht zu behandeln sind.