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  • Harry Tuttle

mehr als 1000 Beiträge seit 30.03.2000

Anarchistische Kooperative statt Top-Down-Struktur

Da bleibt der Herr Bischof sehr an der Oberfläche.

1. Top-Down-Struktur

Hätte er sich auch mit der Konstitution, also der Verfassung des Corps, beschäftigt wäre ihm sicher nicht entgangen, daß es keine hierarchische Top-Down-Struktur gibt, sondern die aktiven Corps in ihren Konstitutionen eher wie anarchistische Kooperativen strukturiert sind. Motto 'Ordnung ohne Herrschaft'.

So werden alle Beschlüsse durch Abstimmung gefaßt, stimmberechtigt sind alle aktiven Vollmitglieder - die Füchse als Mitglied auf Probe sind also bis zur Rezeption ausgenommen. Jeder hat Sitz, Stimme und Antragsrecht.

Die Funktionsträger werden meist am Ende des Semesters für das kommende Semester gewählt, sind dem Konvent als Gleiche unter Gleichen für die Ausübung ihrer Funktion rechenschaftspflichtig und können jederzeit wieder abgewählt werden.

2. Trinken ist wichtig

Es gibt grundsätzlich keinen Zwang Alkohol zu trinken. Wer nicht will läßt es bleiben und konsumiert alkoholfreie Getränke. Wer gerne trinken möchte hat dazu Gelegenheit und kann auf spielerische Art Bierstrafen provozieren. Ex-Trinken ist dabei eher die Ausnahme, es sei denn der Betreffende hat entsprechenden Durst.

Der Zweck der Kneipen ist neben dem Beisammensein das Erlernen des kontrollierten Umgangs mit Alkohol ohne Kontrollverlust oder Filmriß. Es ist im späteren Leben oft hilfreich die eigenen Grenzen zu kennen und sich nicht 'abfüllen' zu lassen.

Der Senior hat keine Willkürentscheidungen zu treffen (... falls ihm etwas mißfällt ...) und muss sich auf Anfrage auf dem nächsten Konvent rechtfertigen. Kommandieren und kujonieren kann schnell im Verlust der Funktion enden.

Wer nach dem 'Trümmern' nicht selbst aufräumt hat die Reinigungskosten zum erhöhten Stundensatz (Erschwerniszulage) selbst zu tragen, Schadenersatz zu leisten und muss dafür auf dem nächsten Konvent Selbstanzeige stellen und in kleineren Fällen eine Geldstrafe zahlen. Das kann je nach Verhalten und Schadensbild bis zum Rausschmiß gehen.

3. Danach wird man genäht

Die Mensur ist in erster Linie ein Initiationsritual und hat als Bestimmungsmensur keinerlei Duellcharakter. Üblicherweise werden die Gegner auf dem Conseniorenconvent so ausgehandelt, daß nach Möglichkeit immer etwa gleich große und gleich gute Fechter gegeneinander gestellt werden.

Falls jemand ein guter oder sehr guter Fechter ist und über den CSC (Conseniorenconvent) keinen Gegenpaukanten finden kann, so kann er sich selbst um um einen Gegenpaukanten bemühen, das hat aber mit 'Fehden' und 'Duellen' nichts zu tun.

Viele lassen es mit der vorgeschriebenen Zahl an Pflichtpartien bewenden, allerdings wird es gerne gesehen wenn darüber hinausgegangen wird, denn für eine Mensur werden auch Sekundanten und Unparteiische benötigt, die auf dem Gebiet erfahren sein sollten.

4. Homogenitätsphantasien

Homogenitätsphantasien widersprechen fundamental dem Corpsstudententum. Gerade der Kontakt und das Zusammenleben mit Studenten anderer Fächer, politischer Einstellungen, Religionen und Nationalitäten macht den Reiz aus. Das ist kein Safespace für SJWs, wo man sich als wohlstandsverwahrloster Mittelschichtzögling ausschließlich unter seinesgleichen mit einheitlicher Meinung ins Koma säuft.

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