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  • Arutha

mehr als 1000 Beiträge seit 09.04.2015

Re: Alle Perspektiven sind irgendwie einseitig - notwendigerweise?

kemmerich schrieb am 10.07.2023 08:05:

Der Psychater schrieb am 09.07.2023 23:11:

In meinen Augen hat Moskau keine Ambitionen Frieden zu schließen, da sie keine Anzeichen von Mäßigung in ihren panslawistisch-imperialistischen Äußerungen zeigen. So blöde ist Moskau nun auch wieder nicht, dass sie nicht wissen, dass eine solche rhetorische Mäßigung eine Voraussetzung für Verhandlungen sind. Verhandlungen, die sie mit Kiew führen müssen, nicht mit Washington oder Brüssel. Die Weigerung Moskaus, mit Kiew zu verhandeln, führt erneut zur Negierung der Souveränität der Ukraine, was eindeutig ein Grund für diesen Krieg ist.

Und schon wieder ein Beitrag, dem ich voll und ganz zustimmen würde, könnte ich die zugrunde liegenden Grundannahmen teilen. Das frappiert mich.

Die erschreckend polarisierten Diskussionen über den Ukrainekrieg scheinen daran zu kranken, dass allzu vieles überhaupt nicht klar ist. Dazu gehört auch die Motivation der russischen Regierung, diesen Krieg zu beginnen. Worum geht's denn jetzt genau?

a) Geht es um die Machtbalance zwischen Russland und dem "Westen"? Das wäre gut nachvollziehbar, denn Staaten - insbesondere Großmächte und solche, die sich dafür halten - haben traditionell ein Interesse daran, ihre Einflussbereiche zu halten - erst recht diejenigen, die vor ihrer Haustür liegen. Da geht's dann leider nicht um Moral oder Völkerrecht, was enttäuschend unschön, aber nichts spezifisch Russisches ist. Gemäß dieser Logik war die Osterweiterung der NATO, die einige ranghohe westliche Politiker, Militärstrategen, Diplomaten, Berater und Journalisten problematisch bis hochproblematisch sahen, tatsächlich ein großer Fehler; noch fataler dann die Einmischung des Westens in der Ukraine.

b) Oder ist einfach nur der Imperialismus wieder zurück? Putin hat ja bereits so einiges vom Stapel gelassen, was in diese Richtung deutet, und beileibe nicht nur er. Seit Ausbruch des Krieges gibt auch Medjedew fast nur noch derart Verstörendes von sich, dass man Zweifel an seiner Zurechnungsfähigkeit haben kann. Ob es "lediglich" um Panslawismus oder um völlig freidrehenden Imperialismus handelt, ist zwar unklar, aber rechnen muss man mit allem - vor allen Dingen wenn man sieht, wie Russland diesen Krieg führt. Da scheint es jedenfalls um mehr zu gehen als nur darum, zu wessen Einflussbereich die Ukraine gehört.

Es wäre gut, sich mal in beide Deutungen (a und b) hineinzuversetzen. Dann bekommt man ein Gefühl dafür, wie sehr der eigene Standpunkt von Informationen abhängt, die keiner so recht hat.

Mir erscheint die Möglichkeit des russischen Imperialismus extrem unwahrscheinlich.
Der klassische Imperialismus hat sich nicht umsonst aufgelöst.
Er war einfach ein Minus-Geschäft.
Ich kann einfach keinen rationalen Grund erkennen warum Russland sich die Ukraine einverleiben soll?
Es gibt einfach nichts zu gewinnen.

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