Peter Bürger ist nicht der erste, der unter Umgehung der Systemgrundlagen, weil er sie nicht sehen kann, auf einer untauglichen Ebene der Analyse teilweise Richtiges über den Krieg (v.a. seine Wirkung) sagt. Bürger formuliert auf religiöser Ebene. Das ist Balsam für die kapitalistisch geschundene Seele, aber folgenlos, wie Bürger immerhin selbst ahnt. Bürger tut "den Herrschenden" und den "einverständig Beherrschten" nicht weh.
Für "die Herrschenden" und (!) die "einverständig Beherrschten" gilt es, jede nicht religiöse, jede nicht moralisch-ethische, jede nicht nationalistische, insgesamt also jede nicht bürgerliche (nicht fest auf dem Boden des Kapitalismus stehende) Kritik zu verhindern oder mundtot zu machen, um an der Erzählung der guten "Marktwirtschaft" festhalten zu können.
Kurz skizziert wäre das eine solche Kritik:
Der grundlegende Antagonismus des Kapitalismus - abstrakt: der Antagonismus zwischen privatem Eigentum an Kapital und vergesellschafteter Arbeit(skraft) - findet im Schießkrieg seine massenhaft tödliche Konsequenz.
Der Kampf um Profite, der politische Macht voraussetzt, die mit Gewaltandrohung und ggf. Gewaltanwendung durchgesetzt werden muss, ist immer Krieg und deshalb krisenhaft - Kampf auf der Basis von Wissen als Eigentum (Unternehmensgeheimnisse und Patente), Kampf um digitale Hegemonie, Kampf um Ressourcen mit transnationalen Konzernen (TNK), Kampf um Anteile von und Einfluss in TNK, Kampf um vorteilhafte Verträge zwischen Kapitalunternehmen und Staaten (Diplomatie), Kampf um Absatzmärkte usw. usw.
Der Schießkrieg ist die offen verbrecherische Form der Regelung des im Kapitalismus un(auf)lösbaren Antagonismus mit Waffengewalt. Die Zerstörung von Kapital - gegnerische Waffen, Produktionsanlagen, Infrastruktur, Gebäude jedweder Art, Soldatinnen und Soldaten, Arbeitskräfte, ehemalige Arbeitskräfte (Alte, Kranke) und zukünftige Arbeitskräfte (Kinder und Jugendliche) - ist entweder gegenseitige Absicht oder die Absicht eines angreifenden Staates oder Staatenbündnisses mit dem Ziel, nach dem Schießkrieg in den mehr oder weniger geregelten Modus des weitgehend schießfreien kapitalistischen Krieges mit Vorteilen gegenüber den Konkurrenten übergehen zu können (bei fortlaufendem Antagonismus).
Der Schießkrieg wird potenziell mit allen militärischen Mitteln geführt und von einem Infokrieg begleitet, der v.a. dazu dient das notwendig falsche Bewusstsein (Aggressor-Verteidiger- oder allgemein Gut-Böse-Dichotomie) über die Ursachen des Krieges im Massenbewusstsein aufrechtzuerhalten und zu festigen. Zu diesem Zweck werden alle verfügbaren Mittel der Propaganda eingesetzt, v.a. wird jede Aggression als Verteidigung ausgegeben.
Alle aber, "Herrschende" und "einverständig Beherrschte", unterliegen dem "stummen Zwang der kapitalistischen Verhältnisse" und sind sowohl Person als auch Charaktermaske. Die kognitive Befreiung aus diesem "Verblendungszusammenhang" ist extrem anspruchsvoll und gelingt auch nie völlig und deshalb können im Schießkriegsfall nationalistisches Ehrbewusstsein und Militarismus bis hin zu archaischen Gewaltphantasien als Problemlöser aktiviert werden und zwar hauptsächlich aus dem Fundus des notwendig falschen Bewusstseins der "Beherrschten". Die sogenannten Medien haben allenfalls Verstärkerfunktion, bieten allerdings dabei bemitleidenswerte Figuren auf, deren Kriegshetze aus der Haltung heraus, dass die "Verteidiger" alles dürfen, sogar die Notwendigkeiten des falschen Bewusstseins überschreiten.
Bürger ist zuzustimmen, der Schießkrieg ist ein Scheißkrieg, aber Bürger begreift nicht, auch wenn Schießkrieg keine kapitalistische Erfindung ist, dass ein Schießkrieg im Kapitalismus nur die Fortsetzung des permanenten kapitalistischen Krieges mit militärischen Mitteln ist.
Obendrein ist die mögliche gegenseitige Fast-Totalvernichtung durch ABC-Waffen der wissenschaftlich-technische Spitzenwiderspruch innerhalb des kapitalistischen Antagonismus.