manhu schrieb am 24.04.2021 15:59:
Das ist doch genau der Punkt:
Wissenschaft wäre, man hat einen Versuchsaufbau, ein Schema, eine klare Anordnung der Dinge (wenn auch mit diversen Annahmen) und beweist damit (unter den Einschränkungen), die Theorie damit, dass der Versuch das vorhergesagte Ergebnis bringt und andere Wissenschaftler mit diesem "Kochrezept" auch zu selben Ergebnis kommen.
Was höre ich hier aber ständig: Hast du Millionen Jahre Zeit? Natürlich nicht, weil ich nicht "glaube", dass das relevant ist. Wenn es keinen Versuchsaufbau, keine Methode gibt, gibt es hier keine Wissenschaft und selbst wenn ich Milliarden Jahre hätte, wäre es unnütz, da ich nur sitzen täte und auf ein Wunder hoffen!
Ich gebe es zu, es war von mir sehr flapsig formuliert. Da Du aber ernsthaft neugierig zu sein scheinst, hier mal zu dem eigentlichen wissenschaftlichen Hintergrund dieser "Millionen Jahre". Vorausgesetzt natürlich, man will in einer Nachahmung des natürlichen Prozesses rein auf Zufallsreaktionen setzen:
1. Das Rezept ist nicht bekannt. Man hat auch bisher noch keine natürlichen Vorkommen gefunden, in denen dieser Prozess gerade abläuft, so dass man ihn untersuchen könnte. Kommt aber vielleicht noch (womöglich im schwarzen Raucher, Tiefsee. Sind aber nicht mehr steril).
2. Muss man also Permutationen von extrem vielstufigen chemischen Prozessen untersuchen. Wir reden hier von Millionen und Milliarden von möglichen Reaktionsschritten, noch dazu in unbekannter Reihenfolge. Dazu kommt, dass einige von ihnen thermodynamisch bedingt so extrem langsam ablaufen, dass man womöglich Jahrhunderte warten muss, bis sich eine relevante Menge gebildet hat und der nächste Schritt überhaupt erst anlaufen kann.
3. Verschiedene Reaktionsschritte und Teilreaktionen erfordern unterschiedliche Reaktionsbedingungen (Druck, Temperatur, Lösemittel, pH-Wert, Strahlung, Katalysatoren usw.). Auf der Urerde waren die womöglich auch nicht alle gleichzeitig vorhanden, es mussten sich also erst planetare Änderungen vollziehen, damit die nächste Etappe starten konnte. Geht im Labor sicher schneller - aber welche?
Aber man hat zumindest schon einen wesentlichen Punkt, den man der Wissenschaft zurechnen kann: es ist bereits gelungen, einen künstlichen Organismus komplett synthetisch (ohne Hilfe biologischer Prozesse!) zu erzeugen. Dabei handelt es sich m.W. um eine vereinfachte Form einer einzelligen Hefe, die auch alle notwendigen Eigenschaften von Leben zeigt: Stoffwechsel, Vermehrung, Vererbung (Replikation). Natürlich nicht lebensfähig in freier Wildbahn, da eben vereinfacht, nicht durch evolutionäre Anpassung gegangen. Und natürlich durch eine gezielte Abfolge von bekannten Reaktionen erzeugt - die aber so theoretisch auch auf der Urerde abgelaufen sein können, aber nicht müssen. Schon gar nicht in dieser geradlinigen Abfolge.
Aber immerhin: Geht also.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (24.04.2021 18:49).