prummels.com schrieb am 25.04.2021 12:02:
Manche Artikel von Stephan Schleim sind ja unterhaltsam und nicht völlig abwegig.
Dieser "Wissenschaft und Religion" Serie habe ich aber Schwierigkeiten zu folgen.
Wir können nicht beweisen, dass Gott nicht existiert.
Wir müssen auch nichts beweisen, sondern wenn überhaupt ein Beweis erbracht werden muß, dann der der Existenz von etwas, also von denjenigen, die den Gottesbegriff in die Welt getragen haben.
Je nach Weltanschauung hat dieser Gott diese oder jene Eigenschaften. Häufig auch innerhalb der jeweiligen Weltanschauung Eigenschaften, welche sich untereinander widersprechen. Gott wird als Begründung für jede Menge Sauereien herangezogen.
Und aus welchem Grund sollen wir nun an Gott glauben? Und an den Gott welcher Weltanschauung? Dazu kann ich keine stringente Erläuterung in den Schleim'schen Artikeln finden.
Dazu müßte man tief in die Menschheitsgeschichte einsteigen. Es war offenbar ein Bedürfnis unserer Vorfahren, Unerklärlichem in der Natur eine Erklärung geben zu wollen. Wohl auch, einen quasi moralischen Kompaß darüber, was man zu tun und was man zu lassen habe, was gut ist und was schlecht, an die Hand bekommen zu haben von einer moralischen Instanz, die über der zänkischen und zerstrittenen Menschheit steht. Und es ist offensichtlich auch heute noch ein Bedürfnis vieler Menschen, ihr Leben im Kontext eines religiösen Glaubens zu leben. Es ist nun einmal so, daß der Fortbestand einer Religion von denen abhängt, die bereit sind, ihr freiwillig zu folgen. Ob die Menschen aber ohne Religion auch ihre Glaubensfähigkeit und ihr Bedürfnis zu glauben ablegen, bezweifle ich. Sie suchen sich einfach eine neue Religion.
Ich habe erhebliche, gut begründete Zweifel, dass der Glauben an Gott Frieden, Freiheit und Wohlstand auf Erden schafft. Die Wissenschaften, vor allen Dingen wenn sie sich nicht vereinnahmen und instrumentalisieren lassen, leisten zu den genannten Zielen einen erheblich grösseren Beitrag.
Also nochmal: what's the point?
Das Problem ist, daß die Erzählungen der heutigen großen Religionen eine Vielzahl von einander widersprechenden Verhaltensvorschriften beinhalten. Einem "Zahn um Zahn" steht ein "halte ihm auch noch die andere Wange hin" entgegen. Es ist unmöglich, Religionen in ihrer Gänze wörtlich zu nehmen. Und so sucht sich jeder das heraus, was ihm passend scheint. Die einen leben friedlich miteinander, auch über Religionsgemeinschaften hinaus, die anderen sehen das Wort ihres Gottes darin verwirklicht, daß sie meinen, alle Anders- oder Nichtgläubige töten zu müssen.