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Avatar von observer3
  • observer3

mehr als 1000 Beiträge seit 31.12.2005

Religion kann keine allgemeingültigen Aussagen treffen, Naturwissenschaft schon.

So widersprechen sich z.B. die "Schöpfungsgeschichten" der verschiedenen Religionen dermaßen, daß man schon allein desswegen allen Grund zu der Annahme hat, dass wahrscheinlich keine davon zutreffend ist.

Der Autor sagt:

... dass sich zwei Bezugssysteme prinzipiell nur dort widersprechen können, wo sie denselben Gegenstandsbereich haben.

Dem würde ich i.W. zustimmen.

Man muss allerdings dabei berücksichtigen, dass Religion und Naturwissenschaften unter den gleichen Worten (Begriffen) etwas völlig unterschiedliches verstehen.
Kein Naturwissenschschaftler hätte z.B. gesagt, das Higgs-Teilchen "existiert", solange es nur eine (wenn auch gut begründete) Hypothese einiger Wissenschaftler war, die an dessen Existenz glaubten. Und das, obwohl es aus einem recht guten Modell zur Beschreibung der Elemtarteilchen postuliert wurde. Die meisten haben allerdings vermutet, dass es existiert. Aber erst als es durch ein Experiment nachgewiesen wurde, das objektiviert und reproduzierbar war, da haben sich die Naturwissenschaftler von dessen Existenz überzeugen lassen. Es gab des Teilchen natürlich schon immer (seit der Entstehung aller Teilchen), aber niemand wußte davon.

Genauso würde ein Naturwissenschaftler an die Frage, ob "Gott" existiert herangehen.
Es ist solange nur ein Glaube (egal wieviele Menschen daran glauben), bis die Existenz eines "Gottes" nachgewiesen ist. Solange es nicht ansatzweise eine Idee zu einem Experiment gibt, wie die Existenz oder Nichtexistenz von "Gott" nachgewiesen werden könnte, solange wird es für einen Naturwissenschaftler ein Glaube bleiben.

Ganz anders der Gläubige, für ihn zählt das "innere Erlebnis", oft auch "Offenbarung" genannt. Ein zutiefst subjektives Gefühl. Wer z.B. sagt, er habe "die Wahrheit der Erkenntnis Gottes" erlebt, der hatte wohl solch ein Erlebnis und es ist dann wohl auch seine subkjektiv empfundene "Wahrheit". Mehr aber auch nicht. Für den Gläubigen ist seine subjektiv empfundene "Wahrheit" wichtig, was als naturwissenschaftliche "Wahrheit" bezeichnet wird, muss objektivierbar sein.
Das schliesst nicht aus, dass ein Naturwissenschfaftler gläubig sein kann. Menschen können eine gespaltene Innenwelt haben. Sozusagen eine innere Wissens- und eine Glaubens-welt.

Bezüglich der in den vier Artikeln zumindest indirekt angesprochenen Frage des Umgangs der beiden Gebiete Religion und (Natur)wissenschaft zwischeneinander wie auch innerhalb der jeweiligen Gebiete gibt es m.E. eklatante Unterschiede:

Der Autor irrt, wenn er hier den Naturwissenschaftlern schlechten Stil vorwirft.
Während die Naturwissenschaftler den Wettstreit ihrer unterschiedlichen Ideen mittels überprüfbarer Experimente austragen und bei überzeugenden und reprodizierbaren Ergebnissen dann ein Konsens gefunden wird, trugen und tragen die Anhänger unterschiedlicher Religionen den Wettstreit ihrer Ideen häufig auf dem Schlachtfeld aus.
Es ist geradezu ein Merkmal von vielen Religionen, dass ihre Anhänger aufgrund der von ihnen "erlebten inneren Wahrheiten" Andersgläubigen den Schädel eingeschlagen haben und dies heute teils noch tun.

Ganz anders die Toleranz der Naturwissenschaften. Die haben von niemanden verlangt, er müsse seinem Glauben abschwören, wenn nicht, käme er auf den Scheiterhaufen.
Die Naturwissenschaften verlangen von niemanden, auch nicht von Ihresgleichen, einen Glauben aufzugeben. Kein Physikprofessor wurde jemals entlassen, weil er z.B, katholischen Glaubens war. Sie bestehen allerdings darauf, dass man nur mit den wissenschftlichen Methoden, objektivierter und reproduzierbarer Experimente Wissen über die Welt um uns herum erwerben kann.

Diese Diskussion zwischen Religion und Wissenschaft wurde bereits vor mindestens 2 Jahrhunderten geführt und kommt aus einer Zeit, als die Religion noch behauptete, sie kenne "Gottes Plan" in der Welt und anhand dieser ihrer bloßen Vorstellungen die absolute Deutungshoheit über die Welt einforderte.
Die Naturwissenschaften haben mit ihren nachweisbaren Erkenntnissen die Religion hier schon lange in ihre Schranken gewiesen.
Ich verstehe daher überhaupt nicht, wieso diese alte Diskussion derzeit nochmals aufgewärmt werden sollte.

Wenn die meisten Menschen tatsächlich einer Religion angehören sollten und gläubig sind, so sagt dies nichts, aber auch gar nichts über den Wahrheitsgehalt der Religionen aus, sondern zeigt lediglich, dass die meisten Menschen ein Bedürfnis für eine Religion haben, was auch immer der Grund dafür sein mag.
Ihren Glauben sollte man diesen Menschen lassen, solange sie niemanden damit schädigen. Die Naturwissenschaften waren da stets absolut tolerant gegenüber den Religionen. Der Ruf "tötet die Ungläubigen" (oder diejenigen "falschen" Glaubens) kam und kommt aus der Religion, niemals aber aus der Wissenschaft.

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