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  • ÖKOKOM

mehr als 1000 Beiträge seit 03.12.2014

Re: Die Worte les' ich wohl...

Schönes Beispiel für dichotomisches Denken. Wenn nicht pariert wird bricht alles zusammen ist das credo. Dann wie immer auf ein nebulöses WIR ausweichen um sich einen demokratischen Anstrich zu geben. Aber was passiert im Menschen wenn er sich unterwirft? Er wird zum Lügner, zum Scheinheiligen.
Ja, die liberale Weltsicht postuliert den Menschen als hemmungslosen Triebtäter, der, wenn nicht durch Zwang (gerne auch vorauseilender Gehorsam) an die Kandarre genommen, seinem Mitmenschen zum Wolf wird. Da ist ganz viel Projektion drin. Wenn man sich selbst nicht traut, dann traut man auch niemand anderem und denkt, wenn alle unter Zwang handeln (wie man selbst) geht das für alle in Ordnung.

Die Wirklichkeit ist anders, aber in unserer Welt verdeckt. Nach meiner Lebenserfahrung sind ca 2/3 der Menschen im Grunde gutwillig, sie wollen einen konstruktiven Beitrag leiten, weil sie ihre Mitmenschen schätzen und lieben. Die werden auch oft als schweigende Mehrheit bezeichnet, weil sie eben lieber mitmachen als zu opponieren.

Das Gegenteil davon sind junge Männer (bis ca mitte 30), bei denen oft das Testosteron zur Selbstüberschätzung führt und dann toxisch für ihre Umgebung wird. Allerdings sind viele der Delinquenzen auch wieder gesellschaftlich bedingt und somit gar nicht so ursächlich an der Biologie fest zu machen. In Naturgesellschaften gibt es dafür sog. Initiationsriten, Übergangsrituale, Mannbarkeitstests usw. um diese überschießenden Energien in sinnvolle, gesellschaftlich verträgliche Bahnen zu führen. In den modernen Gesellschaften gibt es dagegen nur Unterwerfungsrituale, die zudem die Körperlichkeit, die gerade für junge Menschen sehr wichtig ist, außen vor lassen (Spitzensport ist eine Anomalie, die für die Meisten keine eigene Erfahrung darstellt).

Die Rekursion auf das kriminelle Millieu, ist auch nicht geeignet dies zu erhellen. Gerade im Kriminellen Untergrund herrscht ein unerbittliches Regime der Stärke. Freiheit haben sich einst die Rocker auf ihre Fahnen geschrieben, aber de facto ist auch das nur eine Art paramilitante Diktatur des Stärksten (Der Pate, Boss, Strippenzieher).

Gehorsam ist dort das Standardverhalten, oder es geht gewalttätig zur Sache.

Eine Gesellschaft ohne Zwang geht nicht, weil das oberste Gebot der heutigen Gesellschaften die Bewahrung der Eigentumsverhältnisse ist. Diese können nur mit Zwangsmitteln garantiert werden (deshalb ist der Liberale mit seinem Freiheitsstreben auch immer ein Schizoider).

Somit gibt es in unserer Gesellschaft keine authentischen Menschen, lediglich Annäherungen (kleine Fluchten) sind machbar.
Was mir vor allem fehlt ist das Vertrauen in die Kraft der Überzeugung, das bessere Argument. Heute scheinen wir von einer Diskursgesellschaft entfernter als je zuvor. Die mediale Gleichschaltung, vor allem die permanente Erziehung aller im Web2.0 zu konformer Meinungsfindung, hat in der Politik neue(alte!) Begehrlichkeiten geweckt, wie man die Gesellschaft mit ihrem Einverständnis von oben her straff führen kann.
Man macht es weil es geht und hat keine Probleme dadurch den alten Obrigkeitsstaat wieder aufleben zu lassen.

Die Macht über andere ist immer noch das alles überragende Streben vieler, die ebend nicht einfach nur mit ihren Mitmenschen auskommen wollen, sondern anderen ihre Gedanken aufprägen wollen. Nicht weil sie die besseren Argumente haben, sondern die bessere PR und notabene eine Agenda. In dieser kommen gute Menschen einfach nicht vor, deshalb gibt es sie nicht. Simple as that.

Ökokom - gleiche Teilhabe für alle

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