Es ist ein komplett selbstreferenzielles System, nicht unähnlich der sog. "Finanzidustrie". Tren hat im vorherigen Beitrag die fianziellen Vorteile für Wissenschaftler herausgestellt, die das System mit sich bringt. Das ist auch richtig, aber nur eine kleine Manifestation der Problematik. Der Artikel müssste noch weiter ausholen und auch die untrennbar mit diesem System verknüpfte "Rating-Agentur" Thompson-Reuters nennen. Dort kann ich erfahren, wie oft ein Journal zitiert wird und welche Autoren. Wenn ich aber wissen will, wieviel Zustimmung eine publizierte wissenschaftliche Erkenntnis erfährt, wie oft ein bestimmter Artikel beachtet wurde: Fehlanzeige.
Der Impact-faktor und auch der Hirsch-Faktor sind wenig mehr als "Einschaltquoten" und sagen auch genauso wenig über wissenschaftliche Qualität und Erkenntnisgewinn aus. Alle Wissenschaftler wissen das, aber alle machen mit. Die Professoren, weil sie als Herausgeber, Reviewer und auch in Berufungsverhandlungen Einfluss und Macht gewinnen. Die PostDocs und Doktoranden, weil ihnen das Karrierechancen verspricht. Die Universitäten, weil ihnen das vermeintliche Renomme der Professoren Studentenzahlen und Landesmittelzuweisungen bringt. Die Verlage sowieso, die Gewinne sprechen für sich - leistungsloses Einkommen!
Die Forschungsförderer, da sie auf die Mithilfe genau der gleichen Professoren angewiesen sind, um die Förderwürdigkeit von Anträgen zu beurteilen.
Wer da auch nur leise Kritik äußert wird sehr schnell aussortiert. Open-Access-Publikationen werden häufig belächelt, egal wie gut ihr Inhalt ist. Auch unsere Presse zitiert bevorzugt Nature, Science und PNAS. Welcher Journalist kennt schon die wirklich fundierten detaillierten Fachmagazine?
Und so bläst sich die Blase auf, unsere Wissenschaft sei ja ach so fortschrittlich und innovativ, obgleich sie mittlerweile vor allem konservativ und auf Konsens ausgelegt ist. Ja es gibt immer mehr Publikationen - aber in immer mehr rtikeln steht auch nicht neues mehr drin. Es werden nur immer gleiche Variationen eines zentralen Themas publiziert. Wahre Neuheiten sind so selten wie 1898, man findet sie nur schlechter in all dem Datenmüll.
Der Weg aus der Misere?
Verlage und ISI ignorieren, direkte Kommunikation suchen, Wissenschaft wieder um des Erkenntnisgewinns machen, mit unbedingter staatlicher Förderung, ohne ständiges eifern um neue Fördermittel und persönliche Karrierefortschritte.
Nur so kann die Wissenschaft im Dienste der Gesellschaft arbeiten. Das aktuelle System verschwendet vor allem Ressourcen, statt wissenschaftliche Fortschritte zu erbringen
Nicht unähnlich zu unserer Finanzbranche, die ebensowenig einen Mehrwert erzeugt, aber von Entscheidungsträgern wichtiger genommen wird, als die Realwirtschaft.