TheCOP schrieb am 25.04.2022 10:43:
Was bringt es Russland, wenn diese 80% aller Staaten nur 15% der Weltwirtschaftsleistung besitzen?
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/384680/umfrage/verteilung-des-reichtums-auf-der-welt/
(Der Link ist jetzt stark vereinfacht weil er sich auf die Bevölkerung und nicht auf die Anzahl der Staaten bezieht, aber das Ergebnis dürfte vergleichbar sein)
Das ist eine seltsame Statistik, ich weiss nicht was sich da herauslesen lässt. Es handelt sich da um die Verteilung des weltweiten privaten Vermögens gestaffelt nach Höhe des Vermögens. Die hat zwei große Probleme:
"Vermögen" ist erstens eine Information über die Vergangenheit. Dieses Geld wurde bereits erwirtschaftet und sagt nichts über das zukünftige Potential einer Region aus - geschweige denn dass die Statistik überhaupt irgendwelche Regions-Informationen enthält.
Zweitens legt der fehlgeschlagene Versuch, die Russische Wirtschaft zum kollabieren zu bringen, die vermutung nahe, dass die kleinen bedruckten Papierscheinchen maßlos überschätzt werden, wenn es um "Reichtum" und Entwicklungspotential eines Landes geht. Währungen kommen und gehen - ich denke letztendlich ist da Zugang zu Ressourcen und eine Bevölkerung, mit der sich mit diesen Ressourcen wirtschaften lässt wichtiger. Bei Ressourcen ist Russland exzellent aufgestellt, deren größtes Problem dürfte jedoch die Bevölkerung sein und daher halte ich deren Kooperation mit China auch für extrem stark. Ich denke die Russen haben das schon lange verstanden - Sanktionen gibt es ja nicht erst seit gestern - und sehen die Sanktionen deshalb relativ relaxt.
Mit Ausnahme von China und Indien beteiligen sich alle wirtschaftlichen Schwergewichte an den Sanktionen und das ist es was weh tut und da ist es auch kein Trost, dass irgend eine Pazifikinsel mit der Einwohnerzahl einer deutschen Kleinstadt es nicht tut. Vermutlich haben letztere schlicht keinen Handel mit Russland den sie sanktionieren könnten.
Das Hauptproblem, das ich bei den Sanktionen sehe ist, dass Russland wahrscheinlich weniger auf uns angewiesen ist als wir auf die. Die essentiellen Güter, deren Mangel die Bevölkerung letztendlich mit Mistgabeln und Fackeln die Regierungsgebäude stürmen lässt, sind Lebensmittel und Energie. Alle anderen Güter werden zwar für Unmut sorgen, wenn sie fehlen, aber nicht in dem hohen Maße. Gerade bei Lebensmitteln und Energie ist Russland Selbstversorger und könnte es m.E. sogar überstehen, wenn überhaupt kein Außenhandel mehr stattfinden würde - ganz im Gegensatz zur EU.
Ich denke bei dem wirtschaftlichen Zermürbungskrieg, in den wir uns da gestürzt haben, haben wir die deutlich schlechteren Karten. Die ganzen Hightech-Güter, die wir selbst produzieren, werden uns vermutlich nicht retten, wenn die Leute irgendwann Probleme bekommen, Heizung, Strom, Benzin oder sogar Lebensmittel zu bezahlen. Meiner Einschätzung nach ist es wesentlich wahrscheinlicher, dass EU-Regierungen über die Sanktionen stürzen als dass es die Russische tut.
Derzeit steigt sogar die Zustimmung für Putin in Russland - selbst unter den gut gebildeten liberalen Teilen der Bevölkerung, die bisher eher westlich orientiert waren. Ein gewichtiger Grund dafür dürften die hirnrissigen Aktionen sein, mit denen wir der Russischen Bevölkerung klar machen, dass wir auch sie als Feinde betrachten: Entlassung russischer Muskiker, Ausschluss russischer Sportler, Kreditkartensperren für russische Touristen. Was für idiotische Aktionen! Wenn wir tatsächlich Putin stürzen wollen, dann sind wir gerade auf diese Leute angewiesen! Stattdessen stärken wir ihn auch noch indem wir unsere pontentiellen verbündeten in seine Arme treiben... ein Grund mehr, weshalb ich denke, dass der Westen überhaupt keinen rationalen Plan hat und diesen Konflikt verlieren wird.