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  • bbirke

mehr als 1000 Beiträge seit 22.12.2004

Professionelle Richter neigen noch eher zur Befangenheit.

Wenn Juristen einen eigenen Berufsstand bilden, der womöglich noch, wie früher, überwiegend aus gesellschaftlichen Oberschichten kommt, ist die Gefahr einer Befangenheit viel größer, wenn es um Rechtsprechung bezüglich Angehörigen der eigenen Gruppe geht.

Das ist gerade aus früheren Zeiten das (keineswegs völlig verschwundene) Problem, dass Polizei und Justiz sich auf die echten oder vermuteten "Gaunermilieus" konzentrieren, dort ein gewisses Beuteschema entwickelen, aber die nicht darunter fallenden, ggf. in gehobenen Verhältnissen lebenden Täter nur sehr zögerlich angehen.

Das Berufsrichtertum, wie in Deutschland dominierend, das sich ganz allein auf den Wortlaut der Gesetze beruft, begünstigt auch die weitgehende Tolerierung von Schädigungspraktiken unter Missbrauch des Rechts und des Vertragswesens und die Nichtanwendung möglicher repressiver Rechtsinstrumente in dem Bereich. Stichworte: Abmahnanwälte, Abofallen, betrügerische Geldeintreiber, massenhafter Betrug im Telekommunikationsbereich (0190/0900-Nummern, Premium SMS, Drittanbieter usw.) unter bewusster und höchst aktiver Beteiligung und Gewinnbeteiligung der Telekommunikationsunternehmen. Würden solche Praktiken mehr durch Schöffen, Geschworene und entsprechend dem "gemeinen Volk" entstammende Strafverfolger abgeurteilt, würde ich da auch weit bessere Bekämpfungsergebnisse erwarten, und vielleicht auch mal einige dieser Leute schön lange hinter Gittern und ohne Geld.

Eine Ideologie, dass das "gemeine Volk" zu unerwünschten Tendenzen, hier Rassismus, neige und deshalb von einer Obrigkeit kontrolliert werden müsse, ist gefährlich autoritär. Natürlich gibt es diese Dinge, aber sie sind nicht speziell dem "Volk", "Stammtisch" oder "Pöbel" zuzuschreiben; und jemand, der sich anmaßt, die rechtmäßige Autorität dagegen zu sein oder festlegen zu können, sollte mit viel größerer Vorsicht behandelt werden!

Sicher hätte man bei dem Fall in den USA etliches verbessern können: ein Gericht mit Geschworenen von außerhalb der Stadt, den Juryvorsitzenden, einen Polizisten, der angeblich selbst mit 12 seinen Vater durch "schwarze" Kriminelle verloren hat (ich weiß, die Farbbezeichnung ist blöd, spielt aber in der Wahrnehmung eine Rolle), nicht diesen Fall in der Rolle bearbeiten lassen, um dem Eindruck von Voreingenommenheit entgegen zu wirken.

Hier aber stattdessen Berufsrichter oder einen geschlossenen, juristischen Stand Recht sprechen zu lassen, hätte die Probleme garantiert nicht verringert - solch ein Juristenstand steht immer im Ruch unlauterer Absichten und Methoden - dazu haben wohl in den USA Rechtsanwälte einen nochmal wesentlich schlechteren Ruf als in Deutschland, wegen der z.T. astronomischen Gewinne, die sie mit zweifelhaften Anschuldigungen einfahren können.

Wenn jetzt der Eindruck verstärkt wird, dass Gesetze in besonders schwerer Form ungleich angewendet würden, dass Teile der Bevölkerung keinen Schutz haben und andere sich alles herausnehmen könnten, ist das eh kein Eindruck, der sich in ein paar Wochen oder Monaten beseitigen lässt, sondern das dauert Jahrzehnte - in denen sich die Justiz bewähren und zeigen muss, dass für sie Schwarz und Weiß nur als Papier- und Druckfarbe in den Gesetzbüchern, bzw. entsprechend in E-Book-Readern, eine Rolle spielen, und nicht bei dem Äußeren von Tatbeteiligten. Was heute versprochen oder in die Wege geleitet wird, hat morgen noch keinen wesentlich höheren Wert, wie ein frisch eingepflanztes Bäumchen.

Und, last but not least: Wohl keiner hier kennt den Fall, weiß, was in Ferguson wirklich passiert ist. Es kann also sowohl sein, dass hier ein rassisch beeinflusstes, zumindest leichtfertiges Tötungsdelikt vorliegt, es kann aber auch wirklich der normale, diensttuende Polizist gewesen sein, auf den ein Krimineller losstürmte und der in Notwehr schoss. Hier automatisch, ohne nährere Kenntnisse das erstere anzunehmen, ist sicher nicht die Art, wie eine gute Jury die Sache angehen würde! Man denke auch an den Fall Bernhard Goetz in New York aus den 1980ern: Ein einfacher Handwerker, der in der U-Bahn von einer Gruppe Räuber umzingelt und bedroht wurde und sie daraufhin niederschoss. Und weil diese Kriminalität damals alltäglich war und Polizei und Justiz kaum dagegen vorgingen, wurde er zunächst zum Helden, während einige allzu findige Rechtsanwälte alles daran setzten, ihn zum "rassistischen Mörder" umzudeklarieren und schließlich die Verurteilung zu einem Multimillionen-$-"Schadensersatz" erreichten. Die Räuber haben seither eine ganze Reihe weiterer Raube, mindestens eine Vergewaltigung und viele andere Straftaten begangen, bis auf einen, weil der seither im Rollstuhl sitzt. Dem Polizisten in Ferguson soll Recht gesprochen werden, wie auch immer das aussieht, und nicht etwas untergeschoben werden, wie Bernhard Goetz!

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