Cui bono oder follow the money sind investigative Leitsätze, die oftmals weit führen. In sich beweist die Tatsache, dass eine Einzelperson oder eine Gruppe aus gewissen Situationen, Sachverhalten, Umständen einen pekuniären Vorteil ziehen kann oder ein anderweitiges Interesse bedient noch nichts. Beispielsweise handelt es sich beim im Artikel erwähnten Journalisten Wade, der in der NYT die Laborthese warm propagiert hat, um einen Rassisten - Autor des Buches 'A Troublesome Inheritance' - und gleichzeitig üblen u.s.-Patrioten, der seinerzeit mit inzwischen längst entkräfteten Beschuldigungen Stimmung für den Krieg gegen Saddams Irak machte und von dem es daher nicht überrascht, ihn jetzt in der Anti-China-Hetze engagiert zu sehen. Andere kräftige Unterstützer der Laborthese der ersten Stunde wie Bannon sind womöglich noch weiter rechts einzuordnen. Das beweist aber nicht, dass die von ihnen favorisierte Version falsch ist, sondern nur, dass interessierte Kreise die SARS-CoV-2-Ursprungsfrage für ihre üblen Zwecke instrumentalisieren.
Naturgemäss kann auch ein alerter Laie die technischen Argumentationen kaum realistisch einschätzen, so dass fast die gesamte Menschheit, mit Ausnahme eben einiger Fachleute, in ihrer Meinungsbildung auf eben diese angewiesen ist und bleibt.
Allerdings ist es eine Fehldarstellung, die beiden Möglichkeiten als gleichwertig, gleich oder ähnlich wahrscheinlich darzustellen. Ganz klar ist die Laborthese die viel unwahrscheinlichere. Die gesamte Evolution hat ohne menschliches Zutun stattgefunden, sie ist der Standard, das Zauberlehrling-hafte Herumgebastle ist die grosse Ausnahme, dass dabei gleich so ein bemerkenswert lebenstüchtiger Organismus resultiert an sich unwahrscheinlich. Unwahrscheinlich, nicht unmöglich. Jedenfalls liegt die Beweislast eindeutig bei jenen, die diesen singulären Vorgang behaupten. Rational ist es daher, bis auf Weiteres vom Wahrscheinlichen, Einfachen auszugehen, eben nicht der Laborthese.
Was mich ein wenig wundert ist, dass Becker nicht erwähnt, dass es nachgewiesene Spuren von SARS-CoV-2 in Italien und Frankreich gibt, deutlich vor dem angeblich ersten Auftreten. Dass eine erste kleine Welle bereits bei den Militärspielen in Wuhan im Oktober '19 aufgetreten sein könnte. An diesen nahmen Athleten, also junge Menschen mit wohl meist sehr gutem Immunsystem aus vielen Staaten teil. Allgemein ist nicht unwahrscheinlich, dass der Virus schon geraume Zeit sozusagen inkognito zirkulierte. Da verliert sich bisher fast alles im Dunkel. Jedenfalls ein starkes Indiz dafür, dass die Laborthese schon rein zeitlich nicht aufgeht.
Nochmals, dass eine Theorie worüber auch immer, auffallend gut in ein bestimmtes Narrativ passt, beweist nicht, dass sie falsch ist, erhöht aber nicht gerade das Vertrauen in die Leute, die sie vertreten.