Ich praktiziere seit ca.12 Jahren immer wieder gerne Achtsamkeitsmeditation, und ich tue dies auf eine sehr einfache und persönliche Weise nach einem Einführungsbuch mit Anleitungen, das ich irgendwo in einem Antiquariat aus Neugier mitgenommen habe. Die Grundprinzipen scheinen, soweit ich das sehe, in Buddhismus, Zen und Daoismus weitgehend die selben zu sein.
Der Autor spricht in seinem Artikel ein Thema an, das mich seither immer wieder beschäftigt: das Problem einer rein kompensatorischen Verwendung dieser Praktiken, die nur zum Ziel hat, in einem Alltag, der diesen Prinzipien diametral entgegensteht, wieder besser zu "funktionieren". Im Extremfall wird daraus ein lukratives Achtsamkeits- Business, das gestressten, burnoutgefährdeten Managern für teures Geld Wochenendseminare in ausgedienten Klöstern verkauft, damit sie mal für eine kurze Zeit normal (oder "sich sebst") sein können. Anstatt zu einer gesünderen Lebensweise zu führen, wird Meditation dazu verwendet, die "falsche" Lebensweise eines planmässig ungesunden Alltags besser zu ertragen - und zementiert diesen dadurch erst recht. Und das ist das Gegenteil von dem, was meines Erachtens ihr Sinn wäre.
Einen gewissen Konflikt von Achtsamkeitspraktiken und Alltag scheint es schon immer gegeben zu haben. Darauf deutet hin, dass Zen, Vipassana etc. seit jeher tendenziell in abgeschiedenen Gemeinschaften gepfegt wurden.
Der Gegensatz von Achtsamkeitspraxis und Alltag ist in einer modernen, von Uhren, Zeitplänen und Terminen dominierten Welt sicher noch grösser als in den früheren, (Reis-) bäuerlichen Gesellschaften, in denen sie ursprünglich entstanden. Dennoch, eine rein kompensatorische Verwendung, die den praktischen Alltag nicht berührt und verändert, verfehlt für mich im Endeffekt den Sinn und bringt die Gefahr mit sich, nur den Raubbau an sich selbst und anderen zu optimieren.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (22.08.2021 13:20).