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  • asale

55 Beiträge seit 13.07.2016

"veritables rechts gegen links"

Hallo Herrn Benedikter,

bei einem "Forschungsprofessor für Multidisziplinäre Politikanalyse" wie Ihnen gehe ich schon davon aus, dass er die Begriffe "rechts" und "links" nicht leichtfertig in den Raum wirft, und in vielen Details Ihrer Analyse bin ich ja auch bei Ihnen, aber was bitte schön soll mit diesem "veritablen rechts gegen links" in der amerikanischen Bevölkerung gemeint sein?

Wenn man voraussetzt, dass eine linke Position auf den Theorien von Marx u.a. aufbaut und eine rechte Position im gedanklichen Kosmos von Hitler und seinen Vordenkern verortet ist, findet man einige wirklich veritable Unterschiede in Bezug auf die Definition der Gruppe (Internationale versus Volksgemeinschaft), die Gleichheit der Individuen (alle Menschen sind gleich versus jeder hat seinen vorbestimmten Platz) sowie die soziale Entelechie der Bewegung (vorwärts zur klassenlose Gesellschaft versus zurück zur arischen Volksgemeinschaft).

Dem gegenüber zeigt die eindeutig kapitalistisch-elitäre Positionen eins Bidens keinen der genannten linken Eckpunkte, denn weder hat die marktwitschaftliche Globalisierung etwas mit der kommunistischen Internationalen der Arbeiter zu tun, noch entspricht die postulierte Chancengleichheit (vom Tellerwäscher zum Millionär) der Gleichheit aller Individuen, die eben auch grundsätzlichen gleiche Lebensbedingungen fordert, und ebenso wenig lässt sich bei bei Biden & Co eine Progressivität in Bezug auf den grundsätzlichen Abbau der Klassenunterschiede feststellen.

Zudem ging der überraschende Sieg Trumps auf die Leute zurück, die sich im Kapitalismus abgehängt fühlten und dem sehr knappen Wahlsieg Bidens zufolge auch immer noch fühlen. Ihre Motivation war weder links noch rechts und noch nicht einmal antikapitalistisch sondern nur in einem jacksonianischen Sinne antiglobalistisch. Und wenn Trump vor dieser Wahl vor dem "Sozialismus" der Demokratischen Partei warnte, dann hat er damit vor allem die Angst dieser Leute vor einer plutokratischen Fremdbestimmung aus bzw. via Washington adressiert.

Aber sind deshalb z.B. die Firmenchefs des Silicon Valley oder auch die den Demokraten nahestehenden Finanzjongleure der Wallstreet tatsächlich links? Oder sind es nicht doch nur gewöhnliche Plutokraten, die der tatsächlich linken - oder auch rechten - Position mit einer vermeintlichen "Revolution von oben" den Wind aus den Segeln nehmen und ihre eigenen Privilegien sichern wollen?

M.E. liegt schlicht ein kategorialer Fehler vor, wenn alle politischen Unterschiede auf das Links-Rechts-Schema gemappt werden, ohne die in sich eigene parteienübergreifende Position der realen Kapitalisten ins Auge zu fassen. Und genau dieses eindimensionale Mapping wird natürlich gefördert, da es die eigentliche heutige Konfliktlinie quasi unsichtbar macht und der Diskussion entzieht.

Von daher die ernst gemeinte Frage: Wo bitte sehr vertreten die US-Demokraten eine linke Position, wenn selbst Sanders als Vertreter des (relativ) linke Flügels bestenfalls sozialdemokratische Änderungen fordert?

asale

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