Re: kgb ist nicht links?!? So ein Unsinn.

michael bliem schrieb am 20.06.2016 10:39:

es gibt in russland echte linke und die ex-kommunisten. die exkommunisten sind rückwärtsgewandt, konservativ und faschistoid und die neue patriotische linke ist nur eine verjüngte neuauflage davon. die echten linken werden unterdrückt weil sie offen gegen putin sind und von ihnen hört man in russland und auch international fast nichts (gibts heyden interviews mit ihnen? ich schätze nicht...).

Vor einiger Zeit hatten wir noch einigermaßen sachlich über die russ. jüdischen Oligarchen und überhaupt die Lage der Juden in der SU diskutiert. Daran konnte ich ablesen, wie stark Sie mit der sowjetischen Geschichte und der russ. Gegenwart vertraut sind. Aber immerhin hatten Sie sich damals nicht zu Behauptungen über Dinge verstigen, von denen Sie nichts wissen.

Nun jedoch ...

1. Was hatte ich eben noch geschrieben?
"Ulrich Heyden war der erste - und einzige? - deutsche Journalist, der den Chef der russischen Linksfront (größte außerparlamentarische linke Gruppierung) Udalzow im Jahre 2012 im Zusammenhang mit den Protesten gegen die Fälschung der Duma-Wahlen interviewte."

Darauf antworten Sie: "gibts heyden interviews mit ihnen [den "echten" Linken]? ich schätze nicht..."
Hier, verdammt noch mal. Lesen Sie!
> http://www.heise.de/tp/artikel/36/36340/1.html

2. "echte linke und die ex-kommunisten"
Die Führung der KPRF sowie ein Großteil ihrer Abgeordneten und Bürgermeister haben sich ganz sicher im russ. bürokratisch-oligarchischen System eingerichtet und neigen lediglich noch zu Demagogie und Konservatismus. Aber doch nicht die Basis. Aus der KPRF spalten sich noch immer Gruppen ab bzw. werden ausgeschlossen.
Zudem ist die KPRF bei weitem nicht die einzige Erbin der zerfallenen KPdSU, sondern vielmehr die Gruppierung, die nach 1993 von der Jelzin-Clique gefördert wurde, WEIL ihre Führung sich nicht an der Gegenwehr gegen die organisierte Verarmung der Bevölkerung beteiligt hatte, sich im September 1993 nicht auf die Seite des rebellierenden Parlaments gestellt hatte.

"rückwärtsgewandt"
Sjuganow würde nie sagen "Mein Heimatland ist die Sowjetunion", der 2008 verstorbene Sänger der legendären russ. anarchistischen Band "Grozhdanskaja Oborona" (Bürgerwehr) Jegor Letow dagegen schon. Der hat's sogar gesungen:
> https://www.youtube.com/watch?v=Vd7EjvDHwQw

(Kleiner Witz am Rande: Als Letow - "meine Heimat ist nicht Russland, sondern die Sowjetunion" - 2002 in Berlin auftreten wollte, da versammelten sich in Berlin "deutsche Linke", um die Frage zu wälzen, ob es sich bei Letow nicht um einen russischen Nationalisten handelt. Der Affenzirkus endete tatsächlich damit, dass Letow ausgeladen wurde.)

Udalzow, wie viele andere russische Linke, ebenfalls:
"Ich wurde vor 37 Jahren in der Sowjetunion geboren und das bleibt für immer meine Heimat."
> http://echo.msk.ru/blog/udaltsov/1270108-echo/

Was heißt hier "rückwärtsgewandt" und inwiefern ist das jenseits neoliberaler TINA-Demagogie überhaupt ein tauglicher politischer Begriff?

die falschen linken werden von putin hofiert (und von naiven linken tp-lesern und anscheinend auch journalisten).

Klar, Abgeordnete der KPRF treten in den Medien der Staatsholding auf. Wundert es Sie, dass Abgeordnete der im Parlament vertretenen Parteien auch in den Medien sichtbar werden?
Man könnte natürlich die Tatsache, dass die KPRF überhaupt im Parlament vertreten ist, als Förderung interpretieren. Gut - siehe oben, aber irgendeine, einen sozialistischen Anschein erweckende Partei musste nun einmal ins russ. Parlament.
Russland ist nicht der Kongo, sondern das Land, wo 1917 die Revolution stattfand.

und natürlich muss man das thema krim völkerrechtlich betrachten! oder wollen sie das völkerrecht wirklich so aufweichen, dass jeder militärisch starke staat sich nehmen kann was er will?

Wenn Sie glauben, dass Linke ernsthaft die Frage wälzen sollten, inwiefern die völkerrechtlichen Maximen der "Souveränität der Staaten" und des "Selbstbestimmungsrechts der Völker" in Bezug auf die Krim von Bedeutung waren, dann gründen Sie am besten eine eigene "linke" Gruppierung und veranstalten ein Symposium.