„Bei Zeitdiagnosen geht es um den Versuch, wie Hegel es formulierte, "Die Zeichen der Zeit" zu verstehen und auf den Punkt zu bringen.“ formuliert ein anspruchsvolles Projekt des Autors. Dabei stellt sich allerdings die Frage, ob die Abstraktionen des Artikels jemals diesen Punkt erreichen können. In der Ökonomie geht es da schon viel konkreter zu.
Robert Reich und Thomas Piketty z.B. haben die Plutokratie als das zentrale Problem zeitgenössischer Gesellschaften ausgemacht und als Ursache aller politischen und sozialen Instabilität beschrieben.
Robert Reich betont, dass die Konzentration von Reichtum in den Händen einer kleinen Elite zu einer Aushöhlung der Demokratie führt. Er argumentiert, dass diese Elite durch wirtschaftliche Macht auch politische Macht erlangt, was zu einer Politik führt, die in erster Linie den Interessen der Reichen dient, anstatt den Bedürfnissen der breiten Bevölkerung. Reich zeigt auf, dass diese Dynamik soziale Spaltungen vertieft und das Vertrauen der Bürger in die Institutionen untergräbt. Außerdem führt der Verlust an Chancengleichheit dazu, dass soziale Mobilität gehemmt wird, was wiederum die gesellschaftliche Stabilität gefährdet.
Thomas Piketty hingegen fokussiert sich in seinen Arbeiten, insbesondere in seinem Buch „Das Kapital im 21. Jahrhundert“, auf die langfristigen Trends der Vermögensverteilung. Er weist darauf hin, dass Kapitalrenditen (z.B. Gewinne aus Investitionen) oft schneller wachsen als das Wirtschaftswachstum, was zu einer immer größer werdenden Kluft zwischen der Reichen und der Restgesellschaft führt. Piketty argumentiert, dass diese Ungleichheit nicht nur wirtschaftliche, sondern auch politische Konsequenzen hat, da wohlhabende Einzelpersonen und Unternehmen überproportionalen Einfluss auf politische Entscheidungen ausüben können. Dies führe zu einer Perversion der Demokratie und zur Vernichtung des sozialen Zusammenhalts.
Beide Ökonomen fordern daher Maßnahmen wie progressive Besteuerung und stärkere Regulierung, um die Macht und den Einfluss der Reichen zu reduzieren und die Demokratie zu stärken. Sie argumentieren, dass echte politische Veränderungen nur eintreten können, wenn die Ungleichheit verringert wird und der Einfluss von Geld aus der Politik zurückgedrängt wird.
Aus meiner Sicht sind die „Zeichen der Zeit“ damit auf den wesentlichen Punkt gebracht.