Erstmal danke für den Artikel, die Diskrepanz ist wirklich unerträglich.
Aber so zu tun, als würde in den Fabriken alles völlig normal laufen, ist einfach nicht korrekt. Der Arbeitgeber wird zwischen Sorgfaltspflicht und Arbeitsschutz hin und her geworfen, es gibt keine Möglichkeit mehr es richtig zu machen. Maske auf, um den Einschränkungen Genüge zu tun, Maske ab für den Arbeitsschutz.
Bei uns passieren zu Beispiel solche Dinge:
Die Hallen sind nur zur Hälfte gefüllt, um im worst case nicht alles dicht zu haben. Die Leute arbeiten im Schichtbetrieb, was betriebswirtschaftlich nicht notwendig ist, diese größte Maßnahme ist mit den Mitarbeitern abgesprochen, es läuft erstaunlich solidarisch ab, Leute mit anderen Pflichten machen weiter die Frühschicht. Dadurch ist auch wenig in der Firma los, neulich musste einem Mitarbeiter, der allein auf 800m² 15kg-Säcke palletierte gesagt werden, daß er dabei die Maske absetzen muss, weil er sonst nicht genug Luft bekommt. Er war dann erleichtert und setzt die Maske nur auf, wenn er seinen Platz verlassen muss, oder ihm jemand was bringt, was die Ausnahme geworden ist. Für Übergaben sind kontaktlose Übergangspunke eingerichtet, zum Beispiel werden Lieferscheine dort abgelegt und dann von der Kommissionierung dort abgeholt. Die Leute machen alleine nacheinander Pausen, es sitz quasi immer jemand in den Sozialräumen, einige Mitarbeiter machen vorsichtig Pause im Auto.
Das alles kann ich unmöglich "normal" nennen, die Leute haben nicht einmal auf der Arbeit Sozialkontakte, selbst Produktions- und Lagerbesprechungen werden per Video auf verteilten Tablets abgehalten. Die verhassten Besprechungen werden inzwischen sehnlich erwartet, weil man zumindest mit jemandem redet. Ansonsten fühlt sich die Stimmung an, wie ne Geisterstadt.
Ich sehe das alles sehr extrem und drücke es so aus, daß das einzige, was die Menschen momentan dürfen Pflichterfüllung ist. Das ist natürlich übertrieben, aber von der Richtung her korrekt.
Nein, das läuft nicht normal!
Zum Thema Komplettshutdown, das ist doch heute kaum möglich. Ich geh davon aus, das hier auf ner Plattform für IT der Großteil systemrelevant ist. Wer systemrelevant ist, muss mobil sein, wodurch Tankstellen, Öffis, Werkstätten, Zulieferer auch systemrelevant sind. Es gibt doch kaum Betriebe, die nicht darunter fallen, weil alles extrem verzahnt ist. Es sind nur wenige Betriebe, die man in unserer Zeit schließen kann - und ganz ehrlich, die meisten davon sind bereits geschlossen. Egal ob verordnet, oder betriebswirtschaftlich bedingt.
So, ich geh jetzt mit dem Hündchen, freu mich auf den Schnee, der kommen soll und verbring das Wochenende in meiner Waldhütte - das ist momentan die größtmögliche Abwechslung, die mir möglich ist, danach muss ich wieder funktionieren. Als Menschen werden wir längst nicht mehr wahrgenommen, egal ob privat, oder beruflich.