Pseudonymcen schrieb am 16.02.2021 09:56:
OckhamOS schrieb am 16.02.2021 09:11:
Das scheint oberflächlich so, wenn man die Masse der kleinen Produzenten und Unternehmen betrachtet, die kurz vor dem Zusammenbrechen stehen.
Aber "macht also exakt das Gegenteil von dem, wozu er geschaffen wurde" ist eben der Fehler in der Aussage. Dieses System wird gerade weiter darauf optimiert, maximalen Profit und maximale Eigentumskonzentration zu schaffen - dies ist sein Hauptzweck - und mit Hilfe von Covid19 wird das ausserordentlich erfolgreich erledigt, wie man an der Vermögenszunahme ganz oben und speziell bei den Handels- und Pharmariesen ja mehr als deutlich sehen kann. Der Staat macht auch das, wozu er hauptsächlich betrieben wird: Steuermittel massiv an die größten Unternehmen ausschütten (Umverteilung der Steuerzahlungen der Bevölkerung an die Konzerne, die Krümel an die Kleinstunternehmer, wenn die zu laut jaulen).Deine "Analyse" hat aber ebenfalls einen verstellten Blick, nämlich deine Ideologie.
Natürlich wirkt es auf dem ersten Blick so, als ob der Staat das Geld von Unten nach Oben umverteilt und ebendieser Staat die großen Konzerne mit Profit versorgt.
Das scheint nicht nur so, das ist so. Das Vermögen der Vermögenden ist in der "Corona-Krise" überdurchschnittlich gewachsen, sowohl weltweit als auch in Deutschland. Und wenn sich das von Autobauern zu Handelsketten,New-Tech-Unternehmen oder Pharmariesen verschiebt, ist das nur eine horizontale Verschiebung.
Zitat Wirtschaftswoche:
"Traditionell habe es in Deutschland bislang relativ wenig Veränderungen innerhalb der hochvermögenden Kreise gegeben, erläuterte Maximilian Kunkel, UBS-Chefanlagestratege für Deutschland. „Covid-19 beschleunigt nun überdurchschnittlich das Vermögenswachstum in den innovationsgetriebenen Bereichen wie dem Technologie- oder Gesundheitssektor und sorgt damit für eine Verschiebung des Vermögens.“
"Vor allem die Wochen unmittelbar nach dem Ausbruch der Pandemie trugen der Studie zufolge dazu bei, dass das weltweite Gesamtvermögen der Milliardäre zwischen März 2019 und April 2020 um rund 6,6 Prozent auf 8 Billionen Dollar schrumpfte. Der Club der Superreichen verlor zeitweise 43 Mitglieder. Ab April setzte dann eine Phase der Erholung ein, in der das Gesamtvermögen bis Ende Juli 2020 um rund 28 Prozent stieg."
Aber kannst du mir bitte erklären nach welchem Muster das erfolgt? Warum erledigt der selbe Staat andere Bereiche der mächtigen Konzerne und Industrie? Warum werden die Autobauer klein gehauen und ins Ausland vertrieben?
Meiner Meinung nach ist hier das Wachsen von "Handelsunternehmen" und "Bigpharma" nur ein Nebeneffekt, welcher nicht auf der Prioritätenliste stand. Was hätte denn der deutsche Staat davon, wenn er Amazon pusht? Richtig, gar nichts.
Würde Deutschland weiter die Automobilindustrie pampern, dann hätte er weiterhin Abermilliarden Steuergelder, regelmäßig.
Dass VW oder BMW zusperrt, wäre mir neu. Zumindest kurzfristig ist auch die Aussage von der "Zerschlagung der Autoindustrie" eine Nebelkerze.
Die Linke Sicht der "Kapitalismuskritik" ist hier daher falsch. Das Problem liegt ganz woanders.
Letztendlich haben Theorien bzgl. des "Great Reset", "Neuer Sozialismus" usw. deutlich mehr an Logik und passen viel besser zum tagtäglichen Handeln der Akteure.
Nope. Das, was da gerade passiert, hat mit Sozialismus ebensoviel zu tun wie Brandteig mit der Feuerwehr. Das wird von interessierter Seite nur gern und ausgiebig behauptet, ist ja auch einfacher, das eigene Versagen dem ungeliebten "Sozialismus" in die Schuhe schieben zu können als einzugestehen, "es ist der einfache und gewöhnliche Kapitalismus mit seinen Krisen, weder neu noch überraschend anders".
Und wenn man mal die Visionen eines Herrn Schwab in seinem vielzitierten Buch vom "Great Reset" unter die Lupe nimmt, dann ist das auch nicht mehr der gewöhnliche neoliberale Seich auf Speed.
Um zum Beispiel ein Amazon dauerhaft zu pushen bedarf es auch einer Käuferschicht, die hier Geld hat, um dort auch einzukaufen. Wozu macht man also den Mittelstand platt?
Amazon wird gerade aktuell mächtig "gepusht", dazu ist der Mittelstand nicht unbedingt nötig. Oder was glaubst du, was Amazon dazu bringt, seine Lager- und Logistikkapazitäten in Deutschland zu erweitern.
https://www.handelsblatt.com/technik/it-internet/onlinehaendler-amazon-profitiert-von-coronakrise-und-verdoppelt-quartalsgewinn/26053530.html
Bigpharma das gleiche Spiel, denn wenn das alles der Staat bezahlen muss, dann hat er ja nichts mehr davon, außer dass man seine Geld ihm wegnimmt.
Unsinn, der Staat hat überhaupt kein Geld, was man ihm "wegnehmen" kann, der Staat hat Einnahmen und Ausgaben. Die Ausgaben sind in etwa auch das, was er einnimmt (ohne die Corona-"Sonderhilfen"). Und die Corona-Sonderhilfen sind ersteinmal kein reales Geld (dem ein BIP gegenübersteht), das druckt die EZB einfach so.
Das wird einfacher, wenn man sich bei Gedanken über Geld löst von Bildern von Banknoten, sondern sich Geld vorstellt als gebackene Brote, gebaute Maschinen und geerntete Kartoffeln. Der Staat holt sich für seine Aufgaben über Steuern einen Teil des BIP und tut damit was. Er zahlt Sozialleistungen an Leute, die damit Brot und Kartoffeln kaufen, er zahlt Strassenbau für Leute, die Maschinen zum Kunden transportieren. D.h. ein Teil der produzierten Waren und erbrachten Dienstleistungen wird vom Staat abgezwackt, um damit seine Aufgaben zu erfüllen.
Geld ist nur ein anderer Ausdruck für Sachen, die produziert und verbraucht werden.
Und wenn der Staat Milliarden Fantasiegeld ausgibt, ist das einzige, was sich ändert, die Menge an Geld, die im Umlauf ist. Steuern sammeln das Geld wieder ein, im Extremfall wird das Geld weniger wert (Inflation), aber ist immer noch ein anderer Ausdruck für die verfügbare Menge an Produziertem.
Eine Menge an volkswirtschaftlichem Unsinn entsorgt...
Volkswirtschaft funktioniert nicht wie der Haushalt von Lischen Müller, die einzigen Gemeinsamkeiten sind, dass Lischen Müller mit Geld zu tun hat, wie auch die Volkswirtschaft.
Ein Staat ist im Grunde genommen immer nur ein Regularium, um produzierte Dinge zu verteilen. Auch Recht und Gesetz sind nur Mittel zum Zweck, diesen Kreislauf von Störungen möglichst freizuhalten. Geld ist ein anderer Ausdruck für das Anrecht auf einen Teil dieser produzierten Waren. Nehmen wir nur der Einfachheit halber mal an, weltweit würden für 100 Billionen Dollar (Euro/Yen/Renmimbi/Kaurimuscheln, spielt keine Rolle) Sachen gebaut/produziert/wasauchimmer. Dann wäre 1 Billion gleichzusetzen mit dem Anrecht auf 1 Prozent dieser Güter. Das kann ich selbst verbrauchen oder anderen zeitweise zur Verfügung stellen (verleihen bzw. investieren).
Wenn man sich Geld in seiner Form als Güter vorstellt, löst sich vieles von dem neoliberalem Unsinn, der unsere Zeitungsspalten beherrscht, in Wohlgefallen auf.