Ansicht umschalten
Avatar von Nummer Eins
  • Nummer Eins

mehr als 1000 Beiträge seit 03.07.2008

Zschäpe dient als Ersatz-Wutklotz für Mundlos und Böhnhardt

Man ist halt stinksauer, dass Mundlos und Bönhardt das ganz große Gerichtskino vermasselt haben. Dafür muss Zschäpe jetzt ultimativ platt gemacht werden. Lebenslänglich mit Feststellung der besonderen Schwere der Schuld und anschließender Sicherheitsverwahrung ff. Es riecht nach politischem Prozess. Wobei vieles, vieles, besonders die Rolle von "Verfassungschützern" im unklaren bleibt.

Wohlgemerkt, ich halte es durchaus wahrscheinlich, dass Zschäpe sich an den schlimmen Mordtaten mitschuldig gemacht hat. Wenn, dann hätte sie zweifellos Strafe verdient.

Aber beweisen muss man es! Und zwar "im Zweifel für die Angeklagte".
Und wenn man es nicht beweisen kann, dann soll man nicht von "aber die Gesamtschau!" faseln, sondern dann bleibt einem nichts, als meinetwegen zähneknirschend freizusprechen.
Das ist unbefriedigend, aber "Im Zweifel gegen die Angeklagten" ist noch unbefriedigender.

Es geht hier offensichtlich um Politik: "Wie würde das nur auf die "türkische Community" wirken, wenn Zschäpe nicht vollfett drangekriegt wird?
Wo unserer Justiz doch bei der Verfolgung der Altnazis jahrzehntelang jämmerlich versagt hat - da müssen wir doch jetzt verurteilen, verurteilen, verurteilen - und zwar ultra-hart!

Ein politischer Prozess, wie bei Motassadeq. Der zunächst ohne handfeste Beweise wegen Beihilfe zum 3066-fachen Mord zu 15 Jahren (man vergleiche das mit dem, was für Zschäpe jetzt gefordert wird) verurteilt wurde. Schließlich wurde er wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und der Beihilfe zum Mord in 246 Fällen zu 15 Jahren verurteilt. Bei ganz ähnlicher Sachlage wurde Abdelghani Mzoudi freigesprochen.

Motassadeq sitzt heute noch auf Santa Fu ein. Er soll offenbar seine gesamte Haftstrafe absitzen und trotz guter Führung nicht wie üblich nach 2/3 der Haft entlassen werden. Auch Freigang wird ihm verweigert. Weil er seine Unschuld beteuert. Das wurde schon Horst Arnold zum Verhängnis. Der war nachweislich unschuldig und wurde dafür bestraft, dass er die Wahrheit sagte, dass er kein falsches Geständnis ablegte. Dieses System ist pervers. Gerade bei jemandem, der mit so dünner Beweislage verurteilt wurde, muss man zumindest in Betracht ziehen, dass der Verurteilte doch unschuldig sein könnte, und man von ihm daher kein falsches Geständnis erwarten kann. Da sich ein Geständnis für gewöhnlich schon im Urteil strafmildernd auswirkt, wird ein Nichtgeständiger somit doppelt bestraft, weil ihm auch noch die vorzeitige Haftentlassung verweigert wird.
Es wundert nicht, dass sich in einem solchen System so manches Geständnis im Nachhinein als falsch entpuppt.

Die Taten von Mundlos und Böhnhardt waren abscheulich, allerdings, das waren die Taten der RAF auch. Die waren nicht "edler".

Und? Susanne Albrecht die als "Türöffnerin" bei der Ermordung des familiär befreundeten Jürgen Ponto fungierte bekam schon nach drei Jahren Freigang und nach sechs Jahren konnte sie dann auch nachts in eigener Wohnung schlafen und sie bekam dann auch einen neuen Namen.

Inge Viett, wegen versuchten Mordes verurteilt, wurde schon nach der halben Haftstrafe vorzeitig entlassen obwohl sie sich nie von den bewaffneten Aktionen der RAF distanziert hatte.

Bei der RAF ist vielfach der Tenor: "das waren halt verwirrte junge Leute, die ja im Grunde etwas Gutes wollten" Aber sie wollten nichts gutes und waren auch bloß Mörder.

Letztlich wird sich zeigen, ob sich das Urteil gegen Zschäpe, und ggf. der Verlauf der Haft an anderen politischen Prozessen (ich weiß, die gibt es natürlich gar nicht) messen lassen kann. Und an welchen.

Bewerten
- +
Ansicht umschalten