Wie der Kollege schon angemerkt hat, gibt es wohl eine dreistufige Entwicklung in der Wahrnehmung der Kernenergie:
1. Als erstes war die rosa Brille der Anfangszeit - unbegrenzter Optimismus bei Ausblenden der v.a. damals deutlich vorhandenen Risiken.
2. Als Gegenreaktion die schwarze Brille - eine Fundamentalopposition, der v.a. in Deutschland es nicht nur um die Gegnerschaft gegen die Kernkraft als Stromerzeugung, sondern auch besonders damit verbunden gegen Kernwaffen ging - die Lebensmission der Grünen.
3. Die junge Generation ist nicht mehr in diesen Konflikt verstrickt (wsl finden sogar einige Grüne jetzt als neue "Wertepolitiker" Atomwaffen gut, während das die meisten sauber trennen von der Energieerzeugung).
Sie kennt Daten zur Atomkraft, weiß, dass in Tschernobyl 5000 Menschen umkamen - was schlimm, aber tatsächlich eine extrem geringe Totenzahl für eine Energieerzeugung ist: https://ourworldindata.org/grapher/death-rates-from-energy-production-per-twh
Dass es Tschernobyl bei westlichen Reaktoren nicht gibt (kein Graphitmoderator), und dass deshalb bei eienm GAU wie Fukushima praktisch niemand an der Strahlung gestorben ist. Wenn eine junge Generation zB Medizintechnik an der Uni studiert, dann kann sie halt auch mikro Sievert von Sievert auseinander halten - während das manche Ärzte der alten Generation, die gegen alles was "Atom" ist kämpfen, das offensichtlich nicht können.
Es ist also eine realistische, nüchterne und unideologische Einschätzung von Vor- und Nachteilen, wie es sie bei jeder Energieerzeugung gibt - nichts ist nur gut oder nur schlecht (schwarz-weiß Denken).
Die Fehler der rosa Brille sind ihnen bekannt, das Verhalten der Industrie, das zu Recht kritisiert wurde und schließlich zu vErbesserungen führte, sodass heute deutsche Reaktoren ganz anders zu bewerten sind als ein sowjetischer Tschernobylreaktor. Sie fallen aber auch nicht in die Desinformation der schwarzen Brille, die meist keine Ahnung von konkreten Daten hat: Strahlung bspw taucht dor tnur als mythische unverstandene Gefahr auf, die - völlig unabhängig von Dosis - alles und jeden für immer zerstört. Während sie die dokumentierten Nachteile anderer Energieerzeugung gar nicht kennt (Relativismusblindheit - kein Blick fürs Große Ganze und Vergleiche, was zu paradoxen Entscheidungen führt: Abschalten der deutschen AKWs erzeugt mehr Kohletote als jemals weltweit Menschen durch AKWs gestorben sind.)
Endlager werden nicht verstanden und Kosten dafür so gerechnet, als würde man tatsächlich 100.000 Jahre lang dort Bagger und Menschen wuseln haben.
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Fazit: Es gibt wie bei jeder Technologie Vor- und Nachteile der Atomkraft. In D ist allerdings nicht nur eine komplette Uninformiertheit, sondern sogar eine Jahrzehnte währende Desinformation seit der schwarzen-Brille-Bewegung vorhanden, die erst in jüngster Zeit langsam bröckelt.
Das sieht man dann auch in Foren wie diesen sehr gut, bei denen Journalisten, die wie einige Kollegen ja konkret anmerkten, keinen blassen Schimmer von Atomkraft haben und Falschinfos verbreiten, durch unzählige Artikel im Wochentakt natürlich auch die Meinung ihrer Leserschaft bilden.
Die dann die sattsam bekannten und schon oft widerlegten Argumente übernehmen - ich kanns ihnen nicht verübeln, dass sie dann gegen Atomkraft sind: Wenn ich dächte, dass in Fukushima 10.000 Menschen durch den GAU gestorben wären und man radioaktive Endlager 100.000 Jahre lang umsorgen müsste (chemische aber komischerweise nicht) - dann wäre ich selbstverständlich auch Atomkraftgegner.
Atomkraftgegner und -realisten unterscheiden sich meiner Erfahrung nach deshalb nicht durch unterschiedlich Werte und Einstellungen - wie gesagt wäre jeder Realist auch gegen die Atomkraft, wenn er die Annahmen hätte, die Atomkraftgegner haben. Sondern schlicht durch einen unterschiedlichen Informationsgrad.
Und das kann man ändern. :)
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (23.11.2023 09:31).