teutolith schrieb am 25.07.2017 19:55:
Erzähl das mal den Autoren eines wissenschaftlichen Buches über diesen "inhaltsleeren Kampfbegriff".
Über den Einzelfall kann ich natürlich nicht urteilen, dazu müsste ich mir das Büchlein komplett durchlesen.
Dass allerdings jemand vage Begriffe zur Basis einer Untersuchung macht, ist völlig in Ordnung.
Welcher Kampf? Kampf der Ideologien?
Eine bestimmte "Grundhaltung", die eine gewisse Unzufriedenheit mit der Globalisierung hat. Vorher war nämlich der "Neoliberalismus" komischerweise nie ein Problem.
Wenn man jemanden einen Neoliberalen nennt, weiß jeder, was die Grundideen sind, die damit gemeint sind.
Nein. Das weiß niemand, man unterstellt nur diese Grundideen.
Die wirklichen "Neoliberalen Reformen" wurden ja alle von sozialdemokratischen Parteien eingeführt, um ihre jeweiligen Länder international wettbewerbsfähig zu machen.
Interessant. Bei dem "Eindreschen" werden genau die Leute getroffen, die genau die Ideen vertreten, die unter dem Namen Neoliberalismus bekannt sind und die die soziale Marktwirtschaft in den vergangenen dreißig Jahren gründlich ruiniert haben.
Das stimmt nicht.
Die Neoliberalen waren einige von den Leuten, die die soziale Marktwirtschaft überhaupt aus der Taufe gehoben haben. Dass diese Wirtschaftsform in den letzten Jahrzehnten zunehmend vor Problemen steht, ist auch nicht die Schuld von irgendwelchen Politikern, sondern hatte im Grunde langfristige demographische Ursachen.
Dreißig Jahre lang hatten sie eine riesengroße Schnauze, haben uns was von "Eigenverantworung" und "staatsgläubigen Minderleistern" erzählt, und jetzt, wo sie es geschafft haben, die Welt an den Abgrund eines wirtschaftlichen Zusammenbruchs zu manövrieren, gerieren sie sich plötzlich als unschuldige Opfer unfairer Angriffe.
Es sind doch grade die selbsterklärten Gegner des Neoliberalismus die sich als Opfer stilisieren. Da muss man den verfemten Feind auch mal ein bisschen davon gönnen. ;-)
Btw, wir stehen momentan nicht vor dem Abgrund. Richtig ist, dass es der Eurozone momentan nicht besonders gut geht, das hat aber andere Ursachen als den ach so bösen Neoliberalismus.
Die letzte große Wirtschaftskrise hatte ihre Ursachen auch in weit komplexeren Faktoren, sie war kein "Marktversagen", jedenfalls kein reines.
Der Neoliberale räumt ja ein, dass der Staat Rahmenbedingungen für den Wettbewerb schaffen muss.
Neoliberalismus ist der Begriff für das politische Programm, das uns die vergangenen Jahrzehnte vesaut hat und höchstwahrscheinlich auch die kommenden versauen wird, und wer dieses Programm unterstützt hat und unterstützt, ist ein Neoliberaler.
Im Grunde genommen halte ich es für absolut müssig und nicht zielführend, über Worte zu streiten. Nur wenn es um offensichtliche Kampfbegriffe geht, dann lohnt es sich schon mal etwas Luft aus den Ballon zu lassen.
Ein anderer solcher Ballon wäre "Gerechtigkeit". Ein Konzept, das ich für zentral bei der Beurteilung von politischen Maßnahmen halte, der aber immer mehr verwässert wird.
Das halte ich für sehr gefährlich, weil dies dazu verleitet, dass die Leute das eigentliche Konzept immer weniger hinter den Ballon sehen.