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  • Nützy

mehr als 1000 Beiträge seit 11.06.2010

Gegenrede: Aufbruch in eine fossilisierte Zukunft

Zu jeder Rede gehört ja auch eine Gegenrede. Dialektik, Rede und Gegenrede und so. ;-)

Zitate aus dem Artikel in doppelten quote-Tags:

Die Pandemie zeigt zudem die Anfälligkeit des globalen Wachstumsmodell auf, als auch dessen Weigerung, für eine klimafreundliche Welt zu wirtschaften.

Hab ich irgendwas verpasst?
Was soll das überhaupt bedeuten, "für eine klimafreundliche Welt wirtschaften"? Wie soll ich mir das vorstellen? Qualvolle Fronarbeit bei der Errichtung von Anlagen, die im Grunde schon vorher technisch hoffnungslos veraltet sind in der Hoffnung, damit den weltweiten CO2-Ausstoß zu verringern?

Im Grunde ist eine globale Rezession mit Open End doch genau das, was eine klimafreundlichen Wirtschaft darstellt. Die potenziellen Konsumenten verarmen, so dass es sich ab einer bestimmten Schwelle - und die ist bei manchen Produktkategorien vielleicht schon eher erreicht, als wir es uns heute vorstellen wollen - einfach nicht mehr lohnt für sie Billigprodukte aus importierten Rohstoffen (CO2-Ausstoß) herzustellen (mehr CO2-Ausstoß) und sie dann nach Europa (oder sonst wohin) zu verschiffen (noch mehr CO2).

Zwar schüren neue Rekordmengen an Solarstrom im April - zum Teil pandemie-bedingt durch die saubere Luft

Irgendwie hätte ich dazu gerne mehr Hintergrundinformationen. So bin ich nämlich dazu gezwungen, diesen Artikel einfach zu glauben und der ein oder andere Leser hat das nicht so mit dem Glauben von Texten.

[...]CO2-Emissionen, steht zu befürchten, dass eine historische Chance liegen gelassen wird, die globale Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu minimieren, wenn bald die Wirtschaft in Europa und Amerika nachzieht.

Steigende Stromkosten, die dann auch auf Energie, Heizung und indirekt natürlich auch auf Lebensmittel durchschlagen. Sowas ist selbst in undemokratischen Regimen echt schwer zu vermitteln...
Im Zweifelsfall wird jede Regierung, die so etwas plant, einfach abgewählt.

[...]sondern auch um mehr Jobs zu schaffen als auch um Kosten zu sparen und die Rendite zu steigern.

An der Stelle werde ich hellhörig.
Mehr Jobs zu schaffen, das erreicht man auch über ABM oder eben über ineffizientes Arbeiten wie in meinem Beispiel weiter oben.

Die mangelhafte Effizienz kann sich aber hinterher negativ auswirken. Das bloße Schaffen von Arbeitsplätze kann deshalb kein wirtschaftspolitischer Selbstzweck sein. Wenn für eine bessere, rohstoffschonendere Produktionsweise Arbeitsplätze verloren gegen, dann kann man damit trotzdem der eigenen Volkswirtschaft und dem Planeten als Ganzes einen großen Gefallen tun.
Es dürfte auch allen Beteiligten klar sein, dass wir langfristig irgendwann von den heutigen fossilen Energieträgern weg müssen oder eben mit weniger Energie wesentlich effizienter umgehen müssen. Solange unsere Ökonomie also denjenigen, der mit weniger mehr erreicht, honoriert, sind wir zumindest nicht völlig falsch.

Als "braun" stuften sie Maßnahmen ein, die die Verbindungen zwischen Wirtschaftswachstum und fossilen Brennstoffen verstärken, und zu künftigen Vermögensverlusten führen.

Die künftigen Vermögensverluste sind letztlich reine Theorie, denn eine Glaskugel haben wir alle nicht.
Was man aber mit relativer Sicherheit voraussagen kann, sind die kurzfristigen Konsequenzen einer globalen Depression aus der wir nicht mehr rauskommen. Eigentlich wird doch jeder von uns schon bei diesen Worten gewissen Assoziationen in seinen Kopf haben, welche mittel- bis langfristigen Folgen das haben könnte und keine davon ist wirklich wünschenswert.

[...]und 92 Prozent seien "farblos", was bedeutet, dass sie den Status quo beibehalten.

Weil man nämlich zuletzt sicher sein kann, dass der Status quo überhaupt funktioniert. Die Green Economy ist doch großtenteils reine Theorie.

Klimaorientierte Konjunkturpolitik führe nicht nur kurzfristig zu Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätzen,[...]

Auch wenn ich mich wiederhole, das könne keine Zielsetzungen an sich sein. Siehe oben, Warum.

[...]sondern schaffe auch die Grundlage für langfristige Innovationen und eine klimafreundliche wirtschaftliche Entwicklung.

1. Ich möchte den Leser auf den Satzes hinweisen: Die klimaorientierte Konjunkturpolitik -SCHNIP- schafft -SCHNIP- eine klimafreundliche wirtschaftliche Entwicklung.
Ja, was denn bitte sonst? Alles andere wäre ein elementares Versagen, gemessen an den eigenen, deklarierten Maßstäben. Wenn selbst Klimaökonomen davon überzeugt wären, dass eine klimaorientierte Konjunkturpolitik - also effektiv Bekämpfung der globalen Rezession mittels jeder Menge staatlichen Geld, bzw. Geld, für das der Staat bürgt - keine klimafreundlichen Entwicklung begünstigt, dann wäre diese komplette Argumentation unter Verweis auf Experten sinnlos. Dem Leser dürfte diese Meinung auch schon vorher klar gewesen sein.
2. "Grundlage für langfristige Investitionen", mit anderen Worten, da muss man hinterher noch viel mehr Geld nachschieben. Das ist vielleicht, eventuell, eine Maßnahme, die sich in einer akuten Krise nicht von selbst anbietet.

In Deutschland arbeiten etwa 40.000 Menschen in der Herstellung und vor allem der Installation von PV- und Solarthermieanlagen, etwa doppelt so viel wie im deutschen Braunkohletagebau und den angeschlossenen Kraftwerken

Die Herstellung der Anlagen ist in Deutschland größtenteils Geschichte. Das hat nichts mit finsteren Mächten im Hintergrund zu tun, sondern mit einfacher Kostenrechnung. Das selbe oder zumindest etwas sehr ähnliches gilt für Braunkohletagebau. Es würde mich kaum überraschen, wenn der Abbau in China und das Verschiffen nach Europa wesentlich weniger kosten als der Abbau vor Ort.
Die Installation einer PV- und Solarthermieanlage fällt in die Kategorie "Dienstleistung rund ums Haus". In dieser Kategorie gibt es naturgemäß viel mehr Arbeitsplätze als in einem Kraftwerk.

Investitionen in erneuerbare Energien und Energie-Speicherung

Energiespeicherung ist doch das Stichwort. Hier haben wir das Problem, das überhaupt erst gelöst werden muss.

Investitionen in die Gebäudeeffizienz für Renovierungen und Nachrüstungen, einschließlich verbesserter Isolierung, Heizung und Energiespeichersysteme in Privathaushalten

Klingt hübsch und nach einer guten Idee... Aber wieso tun das die Hausbesitzer nicht ohnehin schon?

Förderung einer klimafreundlichen Landwirtschaft und Regeneration von Ökosystemen, einschließlich der Wiederherstellung kohlenstoffreicher Lebensräume.

Das mag zwar eine gute Sache sein, ist aber, rein wirtschaftlich gesehn, ein Verlustgeschäft.

Was die Industrieländer zur Überwindung der Coronakrise und ihrer Folgen brauchen, sei nicht so sehr ein Konjunkturprogramm zur Wiederbelebung der Wirtschaft von gestern als vielmehr einen Plan für den Übergang in die Gesellschaft von morgen, heißt es in der Mai-Ausgabe der Le Monde Diplomatique.

Das ist unbestreitbar korrekt. Der Schlüssel dazu, auf morgen vorbereitet zu sein, ist Weitsicht und Flexibilität.
Jetzt z. B. im Akkord Staudämme zu bauen oder Windräder, die beide morgen schon veraltet sein könnten, ist aber vielleicht keine Idee, die da hilft.
Die Frage ist ja nicht, wie wir die Energie erzeugen, sondern wie wir sie bis zum Verbrauch speichern. Wenn morgen früh jemand das "Super-Windrad" erfindet, das die Energie sofort speichert, dann kann man die super-nachhaltige Investition quasi sofort abschreiben. Darum geht es doch bei den Erneuerbaren, Förderung von Technologien, die wir momentan noch gar nicht haben.

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