In den letzten drei Jahren war ich am Rande in ein Pilot-Projekt involviert, dass die Weiterbildung und Eingliederung junger Facharbeiter und Facharbeiterinnen aus EU-Staaten zum Ziel hatte.
Die Gründe für das Projekt waren vielfältig und keineswegs so eindimensional, wie sie oft genug von den Arbeitgeberverbänden dargestellt und so manchen Forenten vermutet werden.
Im wesentlichen lassen sich drei Hauptgründe benennen:
- Die zunehmende Schwierigkeit in einem wirtschaftlich vitalen Ballungsraum der BRD geeignete, insbesondere weibliche Fachkräfte in technischen Berufen, zur Aus- und Weiterbildung zu finden
- Der zunehmenden Vielfalt und Internationalisierung in Kunden- und Geschäftsbeziehungen durch kulturelle Vielfalt bei den Beschäftigten Rechnung zu tragen (neue Gedanken, neue Sichtweisen, kulturelle und sprachliche Qualifikationen)
- Nicht zuletzt Konzepte gegen die exorbitante Jugendarbeitslosigkeit in nahezu allen EU-Mitgliedstaaten zu entwickeln (naja...)
Das Pilotprojekt wurde von einer großen Institution ohne direkte Landes- oder Bundesmittel finanziert und es handelte sich ausschließlich um Bürger der EU. Entsprechend waren die Aufwendungen für die Zusammenarbeit mit Behörden kein Problem bzw. nur ein verschwindend geringer Budgetposten.
Dennoch ist das Resümee nach drei Jahren, insbesondere wenn man die zusätzlichen Aufwendungen und die damit verbundenen Kosten betrachtet, eher ernüchternd.
- Die Vergleichbarkeit der Berufsabschlüsse ist nicht gegeben. Das auch hier schon heftig kritisierte duale Berufsbildungssystem scheint doch wesentlich leistungsfähiger zu sein, als es sich dessen Kritiker eingestehen möchten. In den Herkunftsländern ist das Berufsbildungssystem stark verschult, z.T. modular aufgebaut. Eine Ausbildung im Unternehmen findet nicht statt und wird bestenfalls durch kürzere Praktikumsphasen "simuliert". Das hat zur Folge, entsprechend der Zielgruppe junger Menschen, dass die Mitarbeiter über sehr geringe praxisorientierte Handlungskompetenzen verfügen. Dieses Defizit muss in einer intensiven Einarbeitungsphase ausgeglichen werden, was nicht unerhebliche Aufwände nach sich zieht.
- Sprachkenntnisse. Obwohl die Teilnehmer angeblich alle über gute Deutschkenntnisse in Wort und Schrift verfügten, sah die Praxis doch völlig anders aus. Was nicht nur etwas darüber aussagt, wie die entsprechenden Zertifikate von Drittstaaten zu bewerten sind. Es sagt vor allem auch etwas darüber aus, wie sich das Berufsbild in technischen Berufen in den letzten Jahren verändert hat. Wenn Planung und Kontrolle, Teamarbeit und das Verständnis von Geschäftsprozessen immer wichtiger werden, gewinnen halt auch Sprachkenntnisse an Bedeutung. Mit anderen Worten: Die Zeiten, in denen eine Fachkraft alleine vor sich hinwerkelt sind vorbei. Nur mit Sprachkursen ist es dann nicht getan. Auch im Unternehmen braucht man eine ständige, zusätzliche Betreuung über lange Zeit.
- Mentalitätsunterschiede. Die wurden zwar im allgemeinen als bereichernd empfunden, waren aber dennoch oft genug ein Grund für weitere, aufwandsintensive Betreuung.
- Der menschliche Faktor. Heimweh ist schlimmer als Zahnschmerzen, sagt man. Und Heimweh ist sicherlich keine gute Motivation im beruflichen Alltag. Maßnahmen wie Sonderurlaub zur Familienzusammenführung und Reisekostenerstattung können ausgleichend wirken, verursachen halt auch wieder Kosten.
Was bleibt ist ein lachendes und ein weinendes Auge. Einerseits haben alle beteiligten die Maßnahme erfolgreich abgeschlossen und ein großer Teil hat danach in Deutschland, im Herkunfts- oder in einem Drittland eine feste Anstellung gefunden. Andererseits waren die zusätzlichen Aufwendungen so hoch, dass die Maßnahme, bildungsökonomisch betrachtet, mehr als fragwürdig war.