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  • Guckstu

mehr als 1000 Beiträge seit 18.03.2024

Re: Da gibt's nicht viel zu diskutieren

MB22 schrieb am 26.09.2024 23:25:

Guckstu schrieb am 26.09.2024 22:25:

Hätten sie diesen Krieg nicht vom Zaun gebrochen,...

Der Krieg wurde nicht "aus heiterem Himmel" von einer Seite vom Zaun gebrochen.

Doch.

Der Grundkonflikt (Nato-Ausdehnung) wurde von beiden Seite so lange hocheskaliert bis irgendwann eine Seite zum Ultima Ratio griff.

Nein.
Den Konflikt hat Russland ganz alleine eskaliert.
Herrje, jeder einzelne Beitritt zur NATO wurde von Moskau abgesegnet. Es hat sie nicht froh gemacht, aber sie haben mehrfach ausdrücklich festgestellt, dass Russland durch diese Aktionen keine Sicherheitsprobleme hätte - eben dadurch, dass die NATO sich erstens als reines Verteidigungsbündnis umdefiniert hat und zweitens sehr enge Obergrenzen für die Stationierung von NATO-Truppen in Grenznähe definiert und eingehalten wurden.

Erst, als Russland die Krim eingenommen hat, ging das los mit der Erzählung, die NATO-Osterweiterung sei ein Problem.

Es gilt immer noch Clausewitz: der Krieg ist die Fortsetzung der Politik, nur mit anderen Mitteln.

Oh, die EU-Staaten haben genau dieser Klausel abgeschworen.
Das ist ja genau das, was sie mit "europäischer Friedensordnung" meinen. Das ist keine Leerfloskel, sondern meint genau das: Krieg ist nicht erlaubt, alle Grenzstreitigkeiten MÜSSEN durch friedliche Verhandlungen gelöst werden.

Und genau diesen Konsens hat Putin aufgekündigt.
Wobei das Aufkündigen der Friedensordnung an sich ja nicht Putins Vertragsbruch ist, er hat diese Ordnung nie unterschrieben (soweit ich weiß jedenfalls). Er hat aber natürlich alle möglichen anderen Verträge gebrochen, die NATO hat sich hingegen m.W. peinlichst genau an alles gehalten, was im Rahmen der Osterweiterungen verhandelt wurde.

..Aber Russland hat sich halt nicht an seinen Teil des Deals gehalten,

Auch hier gilt: beide Seiten haben sich nicht an verschiedenste Deals gehalten. Nur beispielhaft seien hier die drei wichtigsten, durch die USA aufgekündigten, Rüstungskontrollverträge genannt.

Das war Kündigung, nicht Bruch eines Vertrags.
Wobei das auch egal wäre. Die europäische Friedensordnung hat nichts mit den USA zu tun, die Verträge Russlands zur Anerkennung der Ukraine waren ebenfalls nicht von den USA garantiert und sind die USA eigentlich auch nicht viel angegangen (außer dass die Europäer die Amis überzeugt haben, dass Hilfen auch im Sinne der USA wären, aber das hat man den Amis offenbar auch erst verklickern müssen).

Unter zumindest mal hinterfragbaren Begründungen und auf jeden Fall ohne vorherige bilaterale Konsultationen die eigentlich vorgesehen wären. Also Vorsicht mit einseitigen Schuldzuweisungen.

Im allgemeinen würde ich dir ja zustimmen.
Aber in diesem Fall nicht. Russland hat in allerlei diplomatischen Verhandlungen immer mal wieder Zugeständnisse gemacht, die es nicht gern gemacht hat, aber es HAT sich verpflichtet, und es HAT diese Verpflichtungen nicht aufgekündigt, sondern einfach gebrochen.
Selbst wenn es jetzt Verhandlungen mit Russland gäbe: Warum sollte man egal welcher Zusicherung Moskaus noch glauben? Sie würden jeden Friedensvertrag ja sowieso sofort wieder brechen, sobald sie einen Vorteil darin sähen.
Schon deshalb ist ein Verhandlungsfrieden mit Russland nur sinnvoll, wenn man stärker ist als Russland. Schwächeren garantiert Russland ja nichts. Selbst dann nicht, wenn Russland einen Vertrag unterschreibt nicht.

Der hat nicht von einem Messer an der Kehle gesprochen.

Nein, das hat er natürlich nicht aber jeder der 1 und 1 zusammenzählen kann kommt von selbst drauf. Wenn er will ...

Du hast "wörtlich" gesagt, und das war somit eine falsche Aussage.
Nur fürs Protokoll.

Und nein, die NATO hat Russland eben KEIN Messer an die Kehle gehalten, auch nicht im übertragenen Sinne. Es hat KEINE Stationierung von NATO-Truppen in russischer Nähe gegeben! Ich meine, die Obergrenzen wären dreistellige Gerätezahlen und niedrig fünfstellige Soldatenzahlen gewesen - angesichts des Militärpotenzials der Russen war das grad mal ein Wachdienst, keine Armee.

Dass man JETZT, wo klar ist, dass die Russen ihre Seite der Verträge nicht zuverlässig einhalten, auch im Grenzgebiet aufrüstet: Na, das hätten sie sich halt vorher überlegen müssen.
Legitimität haben die russischen Beschwerden davon keine, die sollen erstmal selbst wieder Vertragstreue demonstrieren, in ein paar Jahrzehnten und unter neuer Führung kann man denen dann vielleicht wieder vertrauen. Vielleicht.

Tja. Vertrauen. So lange aufgebaut, so schnell verbraucht.

Das mit den Stützpunkten in Grenznähe: Bisher weiß ich von keinen derartigen Plänen.

Das wird in Russland niemand beruhigen, wovon Sie etwas wissen oder nicht.

Ich sag ja nur, dass mein Wissen nicht vollständig ist.
Aber du müsstest halt zusätzliche Basen aufzählen.

Tatsache ist: was auch immer die Nato/USA vorhat: ist die Ukraine erstmal Mitglied, hat Russland keine Möglichkeit mehr es zu verhindern.

Tja. Hätten sie mal diesen Krieg nicht angefangen.
Ohne den Krieg würde sich die NATO immer noch an die Obergrenzen halten, Stützpunkte wären gar nicht erst eingerichtet worden.

Selbst Schuld, kein Mitleid.

Und genau aus diesem Grund gibt es diesen Krieg zu genau diesem Zeitpunkt und er wird auch nicht enden solange hier nicht eine verbindliche Absage erteilt wird oder in sonstiger geeigneter Form sichergestellt ist dass die Ukraine nicht beitritt bzw wenn dann mit einem Staatsgebiet das keine strategische Bedrohung mehr ist.

Ach. Ach was.
Die Ukraine darf keine Bedrohung für Russland sein, aber Russland soll und muss eine massive Bedrohung für die Ukraine sein?
Das kann man machtpolitisch begründen, sicherlich. Atommacht und so.
Aber es ist miesester Imperialismus. "Russland ist ein Imperium, deshalb wäre es seiner Rolle unangemessen, wenn es die legitimen Sicherheitsinteressen seiner Nachbarn beachten müsste", oder wie soll ich das interpretieren?
Das ist doch Heuchelei pur. Von den Russen, und von jedem, der sowas fordert.

Aber Kuba ist eh kein guter Vergleich. Die Atom-U-Boote sorgen ohnehin dafür, dass die Vorwarnzeit extrem kurz ist, Kurzstreckenraketen ändern daran eigentlich nicht viel.

Doch, Kuba ist genau der richtige Vergleich. Hier kommt die Geographie ins Spiel. Kuba wäre für die USA genau das was England für Nazi-Deutschland war: ein unsinkbarer Flugzeugträger (heute eher Raketenträger) vor der unmittelbaren Haustür.

Ja und? Das ist die Flotte der Atom-U-Boote doch auch!
Also, nicht die einzelnen Boote, die lassen sich natürlich versenken, aber die Flotte insgesamt kriegen die Amis nicht mehr weg.

Da sind die Russen sogar im Vorteil. Die Russen können die US-Städte von praktisch direkt vor der Küste bedrohen, das sind alles Tiefseegebiete, in denen man sich wunderbar verstecken kann; NATO-Atom-U-Boote in der Ostsee sind viel leichter aufzuspüren, und von dort aus erreicht man einen viel kleineren Teil Russlands. Das russische Nordmeer ist vor der Küste auch relativ flach.

Das gleiche wäre eine Nato-Krim für Russland denn es könnte den gesamten Schwarzmeer-Handel kontrollieren.

Nein, kann die Ukraine nicht. Russland hat Häfen an der Ostküste des Schwarzen Meers.
Und da das alles völkerrechtlich anerkannt russisch ist, werden die Russen das auch behalten können, egal wie der Krieg ausgeht.

Wenn Russland das zulässt, ist es nichteinmal mehr eine Regionalmacht. Deshalb kämpfen die dort wie ums Überleben und sie werden eben nicht einfach abziehen wenns "zu teuer" wird wie in Afghanistan.

Sie werden abziehen müssen, sonst werden ihnen alle Truppen gefangengenommen oder umgebracht.

Das zu verstehen und in die Überlegungen einzubeziehen, sollte oberstes Gebot unseres Führungspersonals sein.

Natürlich, aber halt ALLE Argumente, auch die Gegenargumente.

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