Guckstu schrieb am 26.09.2024 17:42:
Ich wünsch viel Spaß beim Farbklicken, die Farbe wird ja eh danach gemacht, auf welcher Seite des Zauns man sich positioniert; Kritik am Posting ist interessanter.
Die mehrheitlich rote Farbgebung erhältst du nicht für deinen vermeintlichen "Zaunplatz" - wer in derartigen Schwarz-Weiß-Kategorien denkt, besticht ohnehin selten mit scharfsinnigen Diskussionsbeiträgen... Vielmehr spiegelt die Farbgebung die Reaktion auf den fragwürdigen Inhalt deines Postings wider. Du wolltest Kritik, voila:
Die erste Hälfte ist finde ich jedenfalls enttäuschend: Die Republikaner versuchen, aus dem Besuch für den Wahlkampf Kapital zu schlagen. Die innenpolitischen Spannungen in den USA kann nichts und niemand weiter anheizen, das besorgen die Trumpisten schon ganz alleine, egal, ob ein Selenski oder eine Mutter Theresa kommt.
Jein. Innenpolitische Spannungen werden in den Vereinigten Staaten durch beide Parteien und deren Medienableger geschürt. Auf CNN werden Trump-Anhänger ausnahmslos als "Faschisten" und Demokraten auf FOX-News als "Kommunisten" gebrandmarkt.
Kritik an der vorbehaltslosen Unterstützung der Ukrainer seitens der Republikaner gibt es nunmehr seit über 2 Jahren. Sie mögen wahlkampfbedingt intensiver werden, der Kern der Sache - die in trumpnahen Teilen der Republikaner vermehrte Forderung der geopolitischen Emanzipation Europas zur Entlastung der USA - bleibt jedoch unverändert gleich.
Aber ein Artikel im WSJ hinter einer Paywall als Beleg?
Und dass die neuesten Entwicklungen die Amis entmutigt hätten - na, das ist nicht sehr glaubhaft. Die Ukrainer haben in Kursk vorgeführt, dass sie die russischen Armeen selbst mit unzureichender Unterstützung aus dem Gleichgewicht bringen können. Da kommt der Verdacht auf, dass das WSJ da selbst parteilich berichtet.
Teile des amerikanischen Außenministeriums und Sicherheitsapparates sind entmutigt, da Selenskis "Siegesformel" nichts anderes ist, als eine weitere Forderung nach Waffenlieferungen, der keinerlei glaubhafter Plan zur zeitnahen Beendigung des Krieges beigelegt wurde.
Für die Kursk-Offensive haben die Ukrainer Teile vierer Brigaden aus der Front nahe Pokrowsk gelöst und somit den Russen ermöglicht, gut zu verteidigende Städte wie Novohrodivka (17.000 Einwohner) innerhalb von nur 3 Tagen einzunehmen. Die Russen selbst haben bis auf zwei Bataillone einer Marine-Brigade nichts von der Porkowsk-Front zur Verteidigung von Kursk abziehen müssen. Um die Pokrowsk-Front zu stabilisieren wurde eine ukrainische Brigade von Vuhledar abgezogen, die dort zwei Jahre die Stadt sehr erfolgreich verteidigt hat. Seit gestern ist Vuhledar durch die Russen operativ eingekreist...
Aus dem Gleichgewicht gebracht hat die Kursk-Offensive eher die Ukraine, denn im Donbass werden Brigaden derzeit wie Feuerwehren hin und her verlegt, und langjährige Verteidigungsbollwerke fangen reihenweise an zu fallen.
Und NATÜRLICH will Selenski mehr Waffen. Beim gegenwärtigen Unterstützungslevel wird da nix, das zieht den Krieg nur in die Länge und es bleibt offen, ob die Ukraine gewinnt oder nicht; will man in einem Krieg ein klares, rasches Ergebnis, muss man entweder sofort aufgeben oder sofort maximal unterstützen. Nicht kleckern, sondern klotzen - oder eben kapitulieren. Ich weiß gar nicht, was das WSJ da will.
Bei dem Russisch-ukrainischen Krieg handelt es sich um einen Abnutzungskrieg, wie ihn die Welt seit dem Ersten Weltkrieg nicht mehr erlebt hat. Klare oder rasche Ergebnisse beim bisherigen Kriegsverlauf zu erwarten, scheint mir eine gelinde gesagt optimistische Erwartungshaltung an den Kriegsausgang zu sein.
Und dann die These, dass die neue russische Nukleardoktrin das Risiko einer nuklearen Eskalation erhöht hätte - nö, hat es nicht.
Mit und ohne diese Doktrin war immer klar: Russland wird Nuklearwaffen dann einsetzen, wenn seine Souveränität bedroht ist, aber das ist ja gar nicht das Ziel der Ukraine oder des Westens.
Spannend zu lesen, mit welcher holzhackerischen Sicherheit einige Kommentatoren einzuschätzen glauben, wann Russland Kernwaffen einsetzen wird. Die Bedrohung der Souveränität eines Staates obliegt blöderweise der Wahrnehmung besagten Staates. Speziell geopolitisch einflussreiche Länder mögen es erfahrungsgemäß nicht, wenn auf sie aus kurzer Distanz Atomwaffen gerichtet werden (Kuba-Krise). Der Einsatz eigener Atomwaffen scheint dann eine plausible und reale Handlungsoption zu sein, wenngleich die eigene Souveränität vermeintlich "objektiv" betrachtet noch nicht direkt gefährdet ist...
Einige mögen es ebenfalls nicht, wenn verdeckte CIA-Basen unmittelbar an der eigenen Grenze errichtet werden und das geostrategisch-bedeutsame Nachbarland als Bollwerk einem Militärbündnis beitreten soll, dessen Waffen historisch bedingt auf einen selbst gerichtet sind...
D.h. die Doktrin hat die Konditionen der Wette, dass Russland keine Nuklearwaffen einsetzt, um kein Jota verändert, und daran ist auch nichts riskant: Sollte Moskau strategische Nuklearwaffen einsetzen, würde Russland selber untergehen, und darauf hat Putin garantiert keine Lust, dafür hat er weder persönliche Motive noch hat er ideologische Motive.
Quatsch. Sollte Russland in der Ukraine Nuklearwaffen einsetzen, würde die NATO mit einem umfangreichen konventionellen Schlag gegen Russland antworten. Denn die Ukraine ist es aus Sicht der NATO und insbesondere der USA nicht Wert, dafür das eigene Überleben aufs Spiel zu setzen. So wichtig ist die Ukraine uns im geopolitischen Macht-Poker dann doch nicht.
Dennoch erhält man beim Lesen einiger Beiträge hier den Eindruck, dass diverse Foristen ein derart freudloses und sinnbefreites Dasein fristen, dass sie einen nuklearen Krieg im ultimativen "Kampf zwischen Gut und Böse" in Kauf nehmen oder gar herbeifiebern.