werner2k schrieb am 27.09.2024 00:28:
Ich möchte nur auf das Langstreckenthema und die Folgen einer NATO-Intervention eingehen. Die Reichweite der ATACMS-Raketen ist nicht ausreichend um die von RU genutzten Flugplätze im Hinterland zu erreichen.
Die ATACMS sind nicht die Waffen mit der größten Reichweite. Es geht eher um Scalp und Ähnliches.
Und es geht darum, dass auch die ATACMS bisher nur für Gegenschläge gegen konkrete Angriffsvorbereitungen freigegeben waren, d.h. Angriffe gegen Logistikzentren und Öllager waren damit nicht erlaubt (ich meine, das wäre auch jetzt noch der Fall).
Man könnte ev. grenznahe Flugfelder und Infrastruktur Staatenbombardieren - aber nur, wenn die USA die notwendigen Schlüssel für das militärische GPS bereitstellen.
Das wäre dann eine direkte Kriegsbeteiligung.
Nein. Die militärischen Schlüssel sind für Fernangriffe nicht nötiger als im Nahbereich.
Die GPS-Fehler kumulieren sich nicht über die Flugstrecke, GPS ist überall auf der Welt eine absolute Koordinate.
Sieht man schon daran, dass man mit einem Navi problemlos von Hamburg nach München kommt, ohne dass die Genauigkeit leidet.
Die militärischen Schlüssel sind EIGENTLICH für die Steigerung der Genauigkeit von ca. 10 Metern auf unter einen Meter nötig.
Findige Entwickler haben aber Wege gefunden, die Genauigkeit auch ohne Militärschlüssel auf höhere Genauigkeit zu kommen, wenn mehr als das notwendige Minimum an GPS-Satelliten überm Horizont ist.
Davon abgesehen haben die Marschlflugkörper nicht nur GPS, sondern auch Terrainfolgeradar und optische Kameras und orientieren sich mithilfe einer für die Mission eingespeicherten Karte. (Das ist der Teil, der im Taurus Ärger macht, das Kartenmaterial einzuspeichern erfordert offenbar Bundeswehrspezialisten und, noch wichtiger, Bundeswehr-Spezialequipment, von dem es viel zuwenig gibt.)
Aber selbst wenn die militärischen Schlüssel freigegeben würden: Nein, das ist keine direkte Kriegsbeteiligung.
Nicht mehr als die Weitergabe von Satellitenbildern.
Wie RU reagieren würde ist offen
RU wüsste ja nicht einmal, dass die Daten übergeben wurden. Sie sehen ja nur, dass die Waffen sehr exakt einschlagen, aber nicht, warum.
Selbst wenn sie das mit Statistik erschließen: Sie könnten nicht sofort reagieren, sondern erst später, wenn sie die Datenpunkte haben, und dann ist der Schaden längst angerichtet.
Und was sollen sie machen? Konventionell können sie gar nicht mehr tun als das, was sie bereits tun, es ist gar kein Drohpotenzial übrig.
Sie könnten höchstens nuklear eskalieren. Das wäre aber auch für Russland Selbstmord.
Und wir sehen es ja schon. Wüste Drohungen, aber alle Atomsprengköpfe schlummern immer noch friedlich in den Depots, es gibt keine Logistik, dass die Dinger ausgelagert und zu den Raketen bewegt würden.
Deshalb ist man sich im Westen ja so sicher, dass da nichts eskaliert.
Ich vermute, nicht mal Scholz erwartet da was, und er schickt die Taurus nur deshalb nicht los, weil die Dinger einfach nicht funktionieren oder wegen was Ähnlichem.
Bzw. zum Taurus geht die Fama, dass die Programmierung Spezialausrüstung braucht, die es insgesamt nur zweimal gibt, also kann man kein Gerät in die Ukraine schicken, und die Datenmengen sind zu groß, als dass man das innerhalb eines brauchbaren Zeitrahmens per Internet transportieren könne.
Was die Spezialgeräte angeht: Ja, das ist absolut plausibel, ich hatte mal Kontakt mit Militärgerät und habe genau diesen Hang zu selbstgebastelten Lösungen erlebt, weil das Militär auf einer Robustheit bestanden hat, die mit Ziviltechnik nicht ereichbar war, aber niemand hat je abgewogen, ob die Robustheit die Mehrkosten und die logistischen Alpträume überhaupt Wert ist.
Was die Datenmenge angeht: Eigentlich nur ein Thema, wenn der Taurus im Feld ist, im Stützpunkt mit Glasfaser sollte das kein Thema sein. Aber vielleicht sind ja die Bundeswehrstützpunkte nicht mit ausreichend Glasfaser ausgestattet, alles ist möglich... das Beschaffungswesen der Bundeswehr war über Jahrzehnte eine einzige Katastrophe.
Jedenfalls, wenn diese Fama stimmt, dann liefert Scholz die Taurus nicht, weil das Ding sowieso ein Paradegockel ist, der für den Feldeinsatz nur unter sehr günstigen Umständen geeignet ist (also eigentlich überhaupt nicht), und er versteckt sich lediglich hinter der Eskalationsgefahr, um nicht zugeben zu müssen, dass die Taurus nur bedingt einsatzbereit sind. Nach der Pleite mit den Schützenpanzern wollte er womöglich nicht nochmal NATO-Spott abkriegen.
Ich nehm die Angst vor der Vergeltung auch dem Scholz nicht mehr ab.
Dafür liefert Deutschland zu viel Zeug, und auch Hitech-Zeug.
Und ich vermute, dass manche Offiziere das Ernst nehmen und so reden und denken, als sei die Angst vor Eskalation ein gesetzter Fakt und suchen (und finden) Dinge, die womöglich Eskalation heraufbeschwören. Das wäre dann eine unerwartete Nebenwirkung von Scholz' Verschleierungstaktik; im Militär wäre das egal, denn wenn die Lieferung doch angeordnet wird, werden die Bedenken der Offiziere übergangen, weil die Führungsebene ja weiß, dass die untergeordneten Offiziere von unzutreffenden Voraussetzungen ausgehen, nur in der Öffentlichkeit und - vielleicht - bei den Verbündeten gibt es dieses verheerende Bild eines Bundeskanzlers, der in Angst erstarrt ist.
Ist jetzt eher Spekulation als Wissen.
Aber es würde mehr erklären als die Annahme, dass die Bundesregierung ernsthaft vor Eskalation zurückschreckt.
- aber man könnte einigen Staaten Langstreckenwaffen zum Angriff auf US-Stützpunkte geben.
Könnte man.
Wäre aber zu teuer.
Die Russen haben das, aber nur sehr wenige und benötigen die dringender für Aktionen in der Ukraine.
Die Chinesen vermutlich auch, aber den Trümmern würde man ja ansehen, wo das Ding produziert wurde (notfalls würde man die Einzelteile per Isotopenanalyse ihren Herkunftsorten zuordnen). Und die Chinesen werden nicht mit Krieg anfangen, bevor sie ihre geliebte Taiwaninvasion fertig in den Startlöchern stehen haben. Aber ja, die Chinesen würden natürlich die US-Stützpunkte in der Region bombardieren. Oder vielleicht trauen sie sich nicht.
Dazu muss man allerdings auch sagen, dass die US-Stützpunkte Luftabwehr haben werden, und da es relativ kleine Landflächen sind, dürfte es schwierig werden, da auch Treffer zu landen.
Ich wüsste nicht, wer sonst Langstreckenwaffen hat und Grund, sie gegen einen US-Stützpunkt einzusetzen.
Der wichtigere Grund ist: Die US-Stützpunkte sind ja relativ zugänglich. Man kann die Sprengköpfe auch per Kurzstreckenrakete reinbringen, das wäre billiger und wegen der kürzeren Vorwarnzeit wahrscheinlich auch mit besseren Chancen auf Angriffe verbunden.
Mitten im US-Inland Stützpunkte angreifen nützt ja niemandem was.
Wenn die NATO so irre ist, das sie glaubt, ein konventioneller Angriff würde nicht mit taktischen Nuklearschlägen gegen Europa beantwortet werden, sollten wir diese Organisation blitzartig auflösen.
"Irre" ist begründungsbedürftig.
Mir hat noch niemand erklären können, warum Russland darauf wirklich mit einem Nuklearangriff reagieren sollte.
RU hat nicht die Truppen um Westeuropa zu erobern - vernichten kann es uns sehr wohl. Weshalb sollte es im Angesicht einer möglichen Niederlage darauf verzichten?
Ah, sorry, das war die Begründung.
Er würde verzichten.
Eine Niederlage ist für Putin nicht das Ende des Wegs. Er hat immer noch den FSB und kann an der Macht bleiben, und dann hat er den persönlichen Luxus (der ihm wohl wichtig ist, so wie seine Paläste ausgestattet sind) und er hat die Möglichkeit, weiter an seinem Traum von russischer Größe zu basteln - nur halt innenpolitisch. Regime Change steht ja absolut nicht auf dem Programm.
Selbst bei einer krachenden Niederlage hat er keinen Grund, erweiterten Selbstmord zu begehen.
Er müsste aufpassen, dass er nicht per Palastrevolution beseitigt wird.
Aber sollte das zur Gefahr werden, hat er Dringenderes zu tun als die Welt in Schutt und Asche zu legen, erstmal wird er sich um sein persönliches und politisches Überleben sorgen, und dafür muss er Innenpolitik machen, nicht Außenpolitik.