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  • Sentinel

mehr als 1000 Beiträge seit 08.05.2023

Wer Angst vor Verbrühung hat, kocht lauwarm

Das ist vermutlich die Essenz der Essenz der gegenwärtigen Situation der Unterstützung der Ukraine durch die demokratischen Länder Europas und der USA, Kanadas und Australiens.

Immer darauf schielend, dass man ja nicht irgendwie Herrn Putin verärgert, aus Angst, dieser könnte irgendwo auf NATO-Territorium das eine oder andere Bömbchen werfen und so das Konsumklima und damit die Wirtschaftsstimmung gefährden.
Dabei geht es noch nicht einmal um eine nukleare Eskalation - diese ist weitestgehend auszuschließen, denn dafür hängen Putin und Co doch zu sehr am eigenen Leben.
Nein, es reicht aus, ein paar konventionell bestückte Hyperschallraketen auf einige Industriestandorte abzuwerfen und schon würde der Euroraum in eine Rezession schlittern.
Man erinnere sich daran, wie schnell man in der NATO war, die S300 (oder S200?) Rakete, die in Polen einschlug ja nicht als aus Russland abgefeuert anzuerkennen - allein das zeigt, wie wenig man daran interessiert ist, jegliche Art der Eskalation auf NATO-Territorium entstehen zu lassen. Dann lieber Kröten schlucken.

Es ist genau diese Prämisse, die die NATO bislang so massiv lähmt in einer WIRKSAMEN Unterstützung der Ukraine. Denn alles was bislang geliefert wurde, war: zu wenig, zu spät, als dass man ernsthaft die Invasoren wieder loswerden könnte.

Jetzt fangen sich die Vorzeichen dahingehend zu ändern, dass die aufgetürmten Kosten sich langsam aber sicher in die Budgets der Geberländer unangenehm bemerkbar hineinzufressen drohen und der Krieg nun auf unabsehbare Zeit weiter geht und weitere Unsummen verschlingen wird.
Hört man auf, die Ukraine zu unterstützen, wird Putin sich das ganze Land nehmen. Dann werden auch die sehr vielen investierten Milliarden nie wieder zurückbezahlt werden.

Also gibt es nun nur drei Möglichkeiten:

#1. Man fängt an, die Ukraine endlich so zu unterstützen, dass die Russen da endgültig rausgeworfen werden. So wäre es übrigens ein leichtes, die Ukraine so mit weitreichenden Marschflugkörpern auszustatten (=ihnen helfen, diese selber zu bauen), dass sie die gesamte Schwarzmeerflotte innerhalb weniger Tage neutralisieren könnte. Wir reden hier nicht von 10-20 Stück, sondern von einer vierstelligen Anzahl solcher Geräte.
Russische Schiffe können ohne weiteres einige Drohnen oder anfliegende Raketen abwehren. Wenn aber erstmal zwei Dutzend Marschflugkörper simultan anfliegen, dann gibt es ganz üblen "Seegang".
Fällt die Schwarzmeerflotte aus, fällt auch die Unterstützung der russischen Kräfte in Cherson und darüber hinaus aus - und als nächstes wird die Krim fallen. Wenn die Krim fällt, dann werden auch die östlichen besetzten Gebiete kaum noch zu halten sein.

#2. Man macht so weiter wie bisher und erhält die Patt-Situation weiter aufrecht. Wie im Artikel dargelegt, wird das Putin weder davon abhalten, weiterzumachen, er wird sein Land komplett auf Kriegswirtschaft umstellen und so seine Armee gewissermaßen im Turbo-Gang radikal modernisieren (die ganzen 40-60 Jahre alten Panzer und Haubitzen sind dann nämlich entsorgt) und so fundamental ausbauen, dass Russland erst recht zu einer ernsthaften Bedrohung für die NATO-Ostflanke wird. Auch Japan und Co. werden sich umschauen, wenn Putin auf die Idee kommen sollte, durch einen Erfolg in der Ukraine beflügelt - mal den "Lebensraum" im Osten zu erweitern.

Demnach ist #2 also keine ernsthafte Option, es sei denn, man hängt der irrigen Annahme von irgendwelchen Harvard-Theoretikern nach, die sich ihr Leben lang in einem Zoom Meeting befinden und noch nie das Licht der Außenwelt erblickt haben, dass Russland sich schon wirtschaftlich übernehmen und wie seinerzeit die Sowjetunion implodieren würde.
Dazu ist das innere Industriegefüge zu stark und zu gut aufgestellt, und dafür macht Russland mit seinen Rohstoffen viel zu gute Geschäfte weltweit, und so lange es dankbare Abnehmer wie Indien, China, Brasilien und in afrikanischen Ländern findet, wird der Geldhahn nicht versiegen.

#3 Die dritte Möglichkeit, wäre, einen "Friedensplan" zu erzwingen. Also insbesondere der Ukraine die Pistole auf die Brust zu setzen und sie dazu zu bringen, die ihr gewaltsam entrissenen Gebiete als neues Eigentum Russlands anzuerkennen und gefälligst die "Füße stillzuhalten". Gegebenenfalls versüßt mit ein paar Milliarden Aufbauhilfe etc.

#3 würde aber auch scheitern - und das ist absolut allen bewusst - da Putin sich auf gar keinen Fall mit ein paar Krumen zufriedengeben würde, sondern die gesamte Ukraine oder einen wesentlich größeren Teil unter seine Kontrolle anstrebt.
Was Putin vorschwebt ist, eine südliche Landbrücke von Mariupol über Odessa bis nach Transnistrien. Im nächsten Schritt erfolgt dann die rasche Übernahme Moldawiens, gefolgt von einer Zusammenführung mit Weißrussland.

Und ab da wird das Spiel erst richtig interessant für Putin.

Also - es hilft alles nichts: Man helfe der Ukraine eine verbesserte Version ihrer bereits bestens bewährten Neptun-Raketen (das sind die, die den "Seegang" erzeugen) in mittlerer vierstelliger Anzahl herzustellen und dann die Schwarzmeerflotte einfach wegzupusten. Das wäre der Wendepunkt im Krieg.

Dem westen wird also de facto nichts übrig bleiben, als das Ei endlich mit heißem Wasser zu kochen und nicht bei 30° darauf zu hoffen, dass das Eiwuiß irgendwann gerinnt.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (03.08.2023 10:07).

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