Die Frage ist demnach nicht, ob Maßnahmen, die lockdownähnlich oder tatsächlich als Lockdown zu werten sind (in Deutschland war Letzteres nie der Fall) die Infektionszahl senken, sondern nur in welchem Maße sie das tun.
Die Schwere der Maßnahmen werden nach einem umfangreichen Schlüssel bewertet, der wesentlich mehr umfaßt als die Feststellung, ob es sich um einen Lockdown handelte oder nicht.
Stichwort Stringency- und davon abgeleitete Indizes:
https://github.com/OxCGRT/covid-policy-tracker/blob/master/documentation/index_methodology.md
Deutschland hat momentan den weltweit zweithöchsten Stringency-Index, nur getoppt von den Fiji-Inseln:
https://ourworldindata.org/grapher/covid-stringency-index
Leider aber ist exakt diese Frage in wissenschaftlichen Studien nur sehr ungenau zu beantworten, weil z.B. die Aerosolforschung auf Laborversuche angewiesen ist, die aber die komplexen realen Kontaktsituationen zwischen Menschen nur unzureichend simulieren können.
Deshalb haben die Autoren der Meta-Studie auch auf Studien verzichtet, deren Ergebnisse auf Simulationen beruhen. Zum Zuge kamen ausschließlich difference-in-difference-Studien, die einfach ausgedrückt Zustände vor den Maßnahmen mit den Zuständen nach den Maßnahmen verglichen.
Eine weitere Frage für diejenigen, die davon ausgehen, dass Sars-CoV-2 gar keine Pandemie war/ist, besteht darin, warum Maßnahmen und Impfungen überhaupt nötig sind bzw. ob diese nicht völlig andere Ziele verfolgen wie etwa einen autoritären Staat oder gar eine Diktatur. Nimmt man diese Position ernst, dann steht allerdings dazu in völligem Widerspruch ihre begeisterte Aufnahme der im Artikel kritisch dargestellten Studie der Johns Hopkins University, die zu dem Ergebnis kommt, Lockdowns seien ineffizient oder nur sehr schwach wirksam, denn das müsste ja für diejenigen mit dieser Position auch ohne Studie feststehen. Keine Pandemie als Voraussetzung führt logischerweise als Denkkonstruktion automatisch dazu, dass Maßnahmen keine pandemiebremsende Wirkung erzielen können. Eine nicht vorhandene Pandemie kann auch mit Maßnahmen nicht bekämpft werden.
Ich als Maßnahmenkritiker muß mich in meiner Argumentation auf die Argumentationsbasis der Maßnahmenbefürworter begeben, wenn ich sie kritisieren will. Auch wenn ich nicht der Meinung bin, daß es sich um eine Pandemie handelt, so kann ich die Gegenseite nur kritisieren, wenn ich mir deren Position zu eigen mache und ihnen in ihrem Gedankenmodell Widersprüche aufzeige. Und wenn sich die Maßnahmenbefürworter auf Studien stützen, dann muß ich das auch, sonst werde ich von vornherein aus der Diskussion ausgeschlossen.
Und natürlich berufe ich mich dann auf Studien, die zu dem Ergebnis kommen, daß die Maßnahmen in ihrer Wirksamkeit fragwürdig sind.
Geht man davon aus, dass es sich um eine Pandemie handelt, dann haben die beschriebenen Maßnahmen und die Impfungen, auch wenn sie weniger wirksam sind als erhofft, aber durchaus noch nennenswerte Wirkungen entfalten, eine Wirkung bzgl. Verhinderung von Krankheits- und Todeszahlen. Wie stark allerdings diese Wirkungen exakt sind, lässt sich mMn nach nicht ermitteln, sondern allenfalls in Näherungen einigermaßen angemessen einschätzen.
Laut der Studie haben die Maßnahmen kaum die Mortalität reduzieren können. Was dafür an Kollateralschäden in Kauf genommen wurde, ist leider nicht Gegenstand der Studie gewesen. Das müßte man aber auf gesellschaftlicher/politischer Ebene sehr wohl in Bezug zueinander setzen.
Angesichts der Logik einer viralen Pandemie (ich gehe davon aus, dass es sich um eine handelt) wären unabhängig von wissenschaftlich exakter Nachweisbarkeit z.B. für Deutschland zwei bis drei harte Lockdowns von 4-6 Wochen inkl. weitgehender Stilllegung des Arbeitsprozesses, eine schnelle Impfkampagne mit der Option einer Impfpflicht für 50+, wenn die nötigen Impfraten nicht erreicht worden wären, die beste Lösung gewesen (wäre sogar im demokratischen Kapitalismus realisierbar gewesen).
Obwohl die Studie die Wirksamkeit von Lockdowns massiv bezweifelt, möchtest du sie also dann doch wieder in noch härterer Form einsetzen, ohne dich inhaltlich mit der Studie auseinandergesetzt zu haben. Der Ansicht kann man sein, aber das ist dann kein Argument von inhaltlich Substanz.