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mehr als 1000 Beiträge seit 18.03.2009

Re: Linke Kritik an attac / Finanzmarktauswüchse Symptom, nicht Ursache

> Nochmal klar und deutlich:

> Die Finanzmarktauswüchse (wie auch die "Finanzkrise") sind nicht die
> Ursache des Kernproblems, sondern sein Symptom!

Seh ich genauso.

> Das Kernproblem ist die inhärente und notwendig zunehmende
> Unfähigkeit der technologisch fortgeschrittenen und notwendig weiter
> fortschreitenden, globalen, profitbasierten Warenproduktion, noch
> genug Profit zu erwirtschaften, um Volkswirtschaften funktionsfähig
> zu erhalten.

Man könnte auch sagen: Die Stiegerung der Produktivität in der
Realwirtschaft war nicht mehr hoch genug, um die Zinsen bedienen zu
können.

> Deshalb, weil die Erträge aus der Produktivwirtschaft nicht mehr
> genügen, kam die Finanzwirtschaft doch überhaupt erst auf die Idee,
> durch neue Finanzmarktprodukte massiv verstärkt aus Geld quasi ohne
> Produktion, durch Spekulation (und das heißt ja immer nur: durch
> Spekulation auf irgendeine erwartete, künftige Produktion, die nur
> leider unter denselben Problemen leidet wie die bisherige, allenfalls
> in stärkerem Maße!) mehr Geld zu machen.

Nicht ganz. Sie sind nicht auf die Idee gekommen, sondern es ist
logische Folge der großen Akkumulation von Kapital, welches (mangels
Produktivität) nicht mehr in die Realwirtschaft fließt. Das war
bisher zu Beginn jeder Krise so: erst stieg die Produktivität nicht
mehr (es fehlten neue Basisinnovationen), dann wurde nicht mehr
investiert, dann gab es genügend Kapital zum Spekulieren, dann brach
irgendwann die Börse ein und die "Krise" aus.

> Und die Staaten, darunter
> nicht zuletzt die BRD, hatten nichts dagegen und erlaubten das alles,
> weil sie selbst schon deutlich unter der Kapitalverwertungskrise der
> Produktivwirtschaft litten und sich davon die Sicherstellung ihrer
> eigenen Finanzierung erhofften.

Nicht ganz korrekt. Es sind nicht die "Staaten", die nichts dagegen
hatten. Es waren und sind die gleichen Profteure, die ihre Leute
sowohl in den Zentren der Wirtschaft als auch der Politik zu sitzen
hatten.

> Dumm war und ist für die Verfechter solcher Ideen, dass es das
> ökonomische perpetuum mobile genausowenig geben kann wie das
> physikalische.

Ist nicht dumm. Funktioniert super - für sie. Wird auch immer weiter
funktionieren, solange es noch Leute gibt, die an das perpetuum
mobile glauben (z.B. das Märchen vom "Tellerwäscher zum Millionär").

> Mehr Geld kann aus Geld nur durch Verwertung
> menschlicher Arbeit im Produktionsprozess entstehen. Wenn das volks-
> oder gar globalwirtschaftlich nicht mehr in volkswirtschaftlich
> ausreichendem Umfang gelingen kann, dann ist Feierabend.

Noch nicht ganz, aber zumindest wächst dann der Kuchen nicht mehr,
der für alle zum Verteilen bereit steht. Weil aber gewisse Leute ein
immer größeres Stück abhaben wollen als im Vorjahr (oder sogar
Quartal), gibt's Ärger: Verteilungskämpfe um Ressourcen,
Handelskriege, Zollschranken, mehr Ausbeutung und Unterdrückung usw.
- war bisher bei jedem Ende eines Strukturzyklus so.

> Und alles,
> was darauf aufbauend über den Finanzmarkt höhere nominelle Geldsummen
> zu erzeugen versucht, ist so sicher wie das Amen in der Kirche dazu
> verdammt, früher oder später als Blase zu platzen.

Nein, nein. Das sind keine Blasen. Das Wort ist viel zu harmlos
dafür. Klingt so nach Seifenblase und warmem Badewasser. Das ist
knallharte Umverteilung. Da platzt keine Blase, da wird nur eine
gigantische Umverteilung demaskiert.

> Und die Leute von attac & Co., denen als "antikapitalistisches"
> Konzept zur Lösung der Probleme des globalen Kapitalismus nur
> einfällt, die Finanzmarktauswüchse zu begrenzen, die haben schlicht
> und einfach den Schuss nicht gehört. Denn der einzige Erfolg solcher
> Ansätze ist, den Zustand der immer verbreiteteren und gravierenderen
> Geld- und Finanzierungsengpässe, die das Resultat des Platzens
> kommender Blasen wäre, durch Verhinderung des Aufblasens schon
> *vbrher* als Direktfolge der produktivwirtschaftlichen
> Wertverwertungsunfähigkeit eintreten zu lassen.

Richtig, sie wollen das Aufblasen verhindern, in dem sie es so
unattraktiv wie möglich machen (Tobin-Tax), dass sich das
angesammelte Kapital andere Wege suchen muss. Nur wird es leider
schwierig sein, alle anderen Wege auch zu verschließen, die
gesellschaftlich nicht erwünscht sind. Was wäre die Alternative? Kann
das Aufblasen überhaupt verhindert werden?

> Derselbe Fehler, den (natürlich) auch die zu allen Selbst- und
> Systemzweifeln unfähigen Vertreter der heutigen Realpolitik von
> Linkspartei bis CDU/CSU/FDP machen, wenn sie in entsprechenden
> Regulatorien für die Finanzmärkte den Schlüssel für eine Zukunft im
> Kapitalismus zu sehen meinen. 

Ist doch zutreffend: Der Schlüssel für die Zukunft im(!!!)
Kapitalismus. Nicht außerhalb, wo denken Sie hin. ;-)

> Es gibt keine solche Zukunft mehr.

Oh doch, solange die Menschen noch daran glauben. Ist ein bisschen
wie bei einer Religion.

> Aber vermutlich muss genau die genannte Direktfolge erst mal
> erkennbar und hinreichend drastisch eintreten, damit jemand was
> merkt. Vielleicht.

Nee, denn da hat man ja auch schon vorgebaut: Heißt ja, dass Krisen
zyklisch sind und dazugehören. Also, bloß nicht aufregen Leute! Es
wird danach genauso weitergehen. Das System ist stabiler denn je.
Gehört alles dazu.

Ist die entscheidende Frage: Prägt das Sein das Bewusstsein oder
umgekehrt?

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