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  • Vilontyn

486 Beiträge seit 09.12.2002

Lieber Herr Neuber

was Sie schreiben ist Mist.

Gegenthese: Spricht aus dieser Auffassung nicht eher ein problematisches Verhältnis zum Rechtsstaat, der regelrechte Versuch, sich von historisch ausgehandelten (wenn auch immer verbesserungs- und überprüfungsbedürftigen) Regeln zu befreien?

Sie sollten sich die Zeit nehmen, sich mehr im Detail anzuschauen, wer dem mit wem welche Regeln historisch ausgehandelt hat. In dem Zusammenhang sind vielleicht auch nochmal Trever Noah's Bemerkungen interessant: https://www.youtube.com/watch?v=QSyPy9vdA_s&ab_channel=TheBrokenNews

Und wenn dem so wäre? Was wäre, gelänge dies, noch der Kitt, der eine regelbasierte Gemeinschaft zusammenhalten und ein friedliches und gerechtes, weil willkürfreies Zusammenleben garantieren könnte?

1) "regelbasierte Gemeinschaft" ist Politneusprech. Die allermeisten Gemeinschaften sind oder waren "regelbasiert", einschliesslich des antiken Roms, des Heiligen Roemischen Reichs, der Suedstaaten nach der Sezession, aller deutschen Staaten seit 1871.
2) "friedliches und gerechtes, weil willkürfreies Zusammenleben". Was ist denn, wenn die Vorwuerfe alle stimmen? Dann hat die Crew um Lindemann dutzende Vergewaltungen organisiert und der Rest von Rammstein hat das geduldet. Was ist nun wenn sich nichts davon vor Gericht nachweisen laesst? Dann bleibt fuer die betroffenen Frauen nichts von "friedlich", "gerecht", "willkuerfrei" und "Zusammenleben" uebrig.

Eine weitere Konzertbesucherin aus Wien gab an, sie sei aus einer Betäubung erwacht und habe den Sänger auf ihr liegend vorgefunden. Er habe sie gefragt, ob er "aufhören solle", sie habe diese Frage jedoch nicht einordnen können.

Wenn das so passiert ist, hat Lindemann vielleicht selbst geglaubt, dass sie nicht dagegen war und Gerichte werden es vielleicht genauso sehen. Und dann wird es ein Hin und Her geben wieviel sie den wirklich mitgekriegt hat, wie stark sie an welcher Stelle Dissent ausgedrueckt, was sie freiwillig gemacht hat und so weiter. Und juristisch mag das wichtig sein, aber aus Sicht eines "friedlichen und gerechten, weil willkürfreies Zusammenlebens" hat Lindemann trotzdem falsch gehandelt.

Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass es bei TP viel mehr Anwaelte fuer Lindemann gibt, als fuer die betroffenen Frauen.

Diese Beispiele und Entwicklungen zeigen, dass sich die Debatte im "Fall Rammstein" oder im "Fall Lindemann" in eine fragwürdige Richtung entwickelt. Auch in anderen ideologischen Kampffeldern stellen sich die Protagonisten inzwischen bewusst gegen den Rechtsstaat. Seien es tendenziell rechte Rundfunkgebührenverweigerer aus Opposition gegen den "Staatsfunk". Oder tendenziell linke Umweltaktivisten, die unter Berufung auf einen "Klimanotstand" und damit einen politischen Kampfbegriff Autofahrer nötigen und Sachbeschädigungsdelikte begehen.

Warum nennen sie ausgerechnet diese Beispiele? Warum nicht Grossunternehmen und Bundespolitker? Oder den Berliner Volksentscheid zur Enteignung von "deutsche Wohnen & Co"?

Interessant ist auch das Beispiel Lützerath. Hier hat offenbar die Bundesregierung im Interesse von RWE im Parlament ein Gesetz durchgebracht, dass dann von der Polizei gegen die Demonstranten durchgesetzt wurde, welche sich wiederrum vor Gericht wegen Landfriedensbruch und dergleichen verantworten mussten. Der gesamte Staat (Exekutive, Legislative, Judikative) hat das Privatinteresse von RWE gegen die Oeffentlichkeit (oder zumindest unter Ausschluss derselben) durchgesetzt. Nach Ihrer Ansicht sind die Protestierenden das Problem, weil sie bewusst gegen den Rechtsstaat stellen. Fragt sich nur wessen Recht. Wer hat da mit wem historisch was ausgehandelt.

Oder gruene Mitglieder der Regierung Schroeder. Diese haben fuer in Anspruch genommen, durch die Proteste um die Startbahn West usw. -- die mit zahlreichen Straftaten verbundnen waren -- "Deutschland modernisiert" zu haben.

Nochmal. Selbst wenn sich heraustellen sollte, dass alles was Lindemann und Co gemacht haben, legal ist, so ist es doch -- nach allem was ich auf TP dazu gelesen haben -- ein grosse Schweinerei und sollte IMHO nie wieder stattfinden.

Glaubt in der TP Redaktion ernsthaft jemand, dass es in der folgenden Situation in Ordnung gewesen waere, wenn Jackson alle diese Frauen geschwaengert haette?

Man erlebt dort auch die kreischenden Groupies, die vor Hotel riefen: "Michael, ich will ein Kind von Dir."

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