Der Appell hatte seinerzeit eine hohe Dringlichkeit - und auch damals schon zu Recht. Der Journalismus funktionierte bereits 2014 nur noch leidlich. Zwar wurde der Appell in wichtigen Blättern veröffentlicht - die Klicks nimmt man ja immer gerne mit. Aber es wurde gleichzeitig mit dreifacher Stärke geantwortet, indem man Leuten wie Göring-Eckart oder diesem seltsamen Slawisten Andreas Umland, der einen entsprechenden Gegenaufruf initiierte, ausreichend Platz bot, um den Aufruf zu diffamieren und zu bagatellisieren.
Wenn man heute die ersten Kommentare unter der Göring-Eckart-Replik liest,
https://www.zeit.de/politik/deutschland/2014-12/russland-putin-westen-aufruf-katrin-goering-eckardt
dann kann man es kaum glauben. Solche Kommentare würden heute in Nullkommanix gelöscht bzw. gar nicht mehr erscheinen.
Der Leitgedanke, Krieg dauerhaft zu verbannen, hatte auch 2014 schon keine wirkliche Mehrheit mehr. Härte statt Diplomatie war die Losung der größten und einflussreichsten Zeitungen. Seitdem hat sich das weiter hochgeschaukelt - von interessierter Seite durchaus forciert.
Mittlerwele herrscht in der Presselandschaft eine Tonlage, dass man es kaum glauben kann. Da sind alle Hemmungen gefallen. Es fehlt an Reflexion, Fairness, Dialektik in der Betrachtung und Berichterstattung. Und all das fällt auf fruchtbaren Boden.
Selbst wenn es noch einmal gutgehen sollte - will heißen, keine weitere Eskalation. Es hat sich hierzulande eine dermaßen abgehobene Größenwahn-Stimmung entwickelt, dass man es bei nächstbester Gelegenheit wieder versuchen wird - sei es vs. Russland, sei es vs. China.