Das erhöhte Risiko für schwerwiegende unerwünschte Ereignisse von besonderem Interesse übertraf die Risikoreduzierung für Covid-19-Krankenhausaufenthalte im Vergleich zur Placebogruppe in beiden Studien von Pfizer und Moderna.
Während der Rest der Studie durchaus solide aussieht, handelt es sich bei dieser Kernaussage um eine in hohem Maße manipulative Fehlinterpretation der eigenen Daten. Während zum Beispiel alle 20.0000 Teilnehmer in der "Impfgruppe" der Pfizer Studie auch tatsächlich den Impfstoff gespritzt bekamen, und damit sofort mit entsprechenden Nebenwirkungen rechnen mussten, hatten zu diesem Zeitpunkt nur sehr wenige Teilnehmer überhaupt schon Kontakt mit dem Virus. Nur 170 von insgesamt 40.000 Teilnehmern hatten sich bis Studienende infiziert (0.5%). Gerade wenn man sich die gegenwärtige Sars-Cov-2 "Durchseuchung" anschaut, ist dieser Vergleich nicht nur unfair sondern komplett irrelevant oder besser noch bewusst irreführend.
Wir wissen, dass Covid Infektionen unter anderem auch genau die Art von Nebenwirkungen provozieren, die in der Studie relevant waren (zu 97% handelte es sich dabei um Gerinnungsstörungen, die genau wegen ihres Zusammenhangs mit Covid auf der "Spezialliste" der Autoren gelandet waren). Wir wissen auch, dass der Virus fast jeden früher oder später erwischt, gern auch mehrmals. Bei einer Infection fatality von 0.8% oder so plus sicher (sehr, sehr konservativ geschätzt) mindestens 10 mal höherer Rate von schweren Nebenwirkungen, lohnt sich für den Durchschnittsdeutschen deshalb der Impfstoff. Selbst, wenn es da laut dieser Studie ein 0.1% hohes Risiko schwerer Nebenwirkungen geben sollte und selbst, wenn die Schutzwirkung ja offensichtlich bei weitem nicht 100 prozentig ist.
Die wirklich interessante Frage ist, wie dieselbe Rechnung bei jüngeren Leuten aussieht, für die die Covid Risken nunmal rapide abfallen, während die Impfrisiken eher konstant bleiben (oder in einigen Kategorien sogar ansteigen). Und wie sieht die Rechnung aus, wenn man durch Impfung und/oder überstandener Infektion schon einen Grundschutz aufgebaut hat? Genau deshalb fordern die Autoren nach Alter und anderen Merkmalen augeschlüsselte Studiendaten, mit denen man zumindest die erste Frage angehen könnte.
Im Grunde genommen zeigt diese Studie nur, dass die mittlerweile anderweitig bestens dokumentierten Impfnebenwirkungen auch auch schon in den allerersten Studiendaten sichtbar waren. In der Standardanalyse sind diese Effekte im Rauschen aller möglichen medizinischen Ereignisse untergegangen. Hätte man von vorn herein speziell auf Nebenwirkungen geschaut, die potentiell auch von Covid-19 zu erwarten wären, dann wäre da schon ein frühes Signal herausgekommen. Das ist alles von typisch akademischen Interesse. Dummerweise verhageln sie dann alles mit einer reißerischen Aussage (im Originaltext mehrfach wiederholt), die einfach nur irreführend ist aber ihnen sofortige mediale Aufmerksamkeit beschert. Ein halbwegs ordentlicher Peer Review wird ihnen diesen Zahn hoffentlich ziehen. Und genau deshalb gehören preprints eben nicht in die Presse.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (14.07.2022 12:00).