Nicht zum ersten Mal verirrt sich der Filmkritiker Suchsland aufs Feld der Tagespolitik. Nun lobt er das von ihm ungeliebte Gummibärchen, dem er in extensiv expliziter Form Röttgen vorgezogen hätte, für einen Paradigmenwechsel, während doch dieser nur wieder einmal seine angeborene inhaltliche Elastizitiät beweist und nach einer gewissen taktischen Pause zu seinen FDP-nahen Ansichten zurückschwingt. Gummi hat eben keine Haltung.
Suchsland dagegen hat eine, die er allerdings auch nur vertritt, wenn er Rückenwind zu verspüren glaubt. Er gehört zu den Querschlägern, auch wenn er sich nie zu ihnen bekennen würde. "Gewisse Risiken gehören zum Leben." Nein - wer hätte das gedacht. Dass Leben lebensgefährlich ist, eine vollständig neue Einsicht. Oder nur vergessen gegangen, wegen all der Memmen, die sich vor einem harmlosen Virus fürchten? Die die Schädigung der Wirtschaft, den Lieferkettenbruch schamlos in Kauf nehmen, nur damit ihr kleines Leben nicht gefährdet werde?
'Man muss es doch noch sagen dürfen, hinter vorgehaltener Hand sagen es die Bekannten und Freunde doch schon lange, das ist alles nicht mehr auszuhalten, ganz unerträglich, nicht mal zum Friseur kann man!' So schallt es aus den satten Bürgerstuben und Homeoffices.
Warum bloss lässt sich eine aprobiert neoliberale Regierung auf die ganzen Fisematenten ein? Man versteht es nicht. Vielleicht, weil nach wie vor eine Mehrheit für massive Präventivmassnahmen ist? Könnte das sein? Könnte das auch der Grund sein, warum kaum ein Land der Welt auf harte Massnahmen verzichtet? Und diejenigen, die ziemlich von Anfang konsequent waren und daher die Opferzahlen niedrig halten konnten am meisten gelobt werden?
Schwer zu sagen. Zumal für einen Kritiker von Werken, in denen die Mitwirkenden nachdem sie ums Leben gekommen sind, wieder aufstehen und nach Hause gehen.