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  • marenghi

mehr als 1000 Beiträge seit 03.12.2020

Re: Notwehr zur Verhinderung von Gefährdung anderer

Der Fahrer ist deshalb wie ein Gestörter über rote Ampeln gefahren, weil es eine Verfolgungsjagd war.

Wenn man die als Polizei abbricht, falls Passanten gefährdet werden können, wie hier in Deutschland...

Streife bricht Verfolgung wegen hoher Gefährdungslage ab

Der schwarze Kleinwagen fuhr weiter in Richtung Brennergasse. Hier brach die Polizeistreife die Verfolgungsjagd ab, weil es allgemein, also auch für andere Verkehrsteilnehmer, zu gefährlich gewesen wäre, sie fortzusetzen. Wie die Polizei berichtet fuhr der flüchtende Autofahrer nämlich "während der gesamte Verfolgungsfahrt mit über 100 km/h im Innenstadtbereich absolut rücksichtslos und nicht auf Verkehrsregeln achtend". Die Polizei bittet Zeugen des Vorfalls, die Angaben zum Fahrzeug oder Fahrer machen können oder gegebenenfalls auch selbst gefährdet wurden, sich bei der Polizeiinspektion Kempten unter der 0831 9909-0 zu melden.

(link wurde netterweise von xj12 gepostet, der damit eigentlich belegen wollte, dass die dt. Polizei nicht auf die Gefährdung von Leuten in der Innenstadt acht gibt. Wahrscheinlich hat er nur nach "Verfolgungsjagd" gegoogelt, damit er möglichst viele Treffer bekommt 😊 )

...fährt der nicht noch fünf Stunden weiter, weil er grade der Klapse entsprungen ist. Sondern stellt wenn er merkt, dass er seine Verfolger "abgeschüttelt" hat das Auto ab, um es loszuwerden.

Genau das ist der Sinn, warum das die Polizei in D bei solchen geringen Delikten macht. Das ist eine Kosten-Nutzen-Abwägung mit Menschenleben.

Auch hier wieder scheintst du eine schwarz-weiß-Denke zu haben, dass eine von den Verkehrskameras beobachtete (was die Polizisten gar nicht in ihr Urteil einfließen lassen konnten) Verkehrsgefährdung anderer Teilnehmer, was einfach das Risiko eines Blechschadens sein kann, es rechtfertigt, jemanden mit ungewissem Ausgang zu verfolgen, und dabei mit extrem hoher Geschwindigkeit, rote Ampeln durch usw ein ganz anderes Risiko zu erzeugen.

Du scheinst mir mit einer solchen Gleichsetzung irgendwie den Ausgang der Erschießung rechtfertigen zu wollen, vllt weil du emotional das dem Delinquenten "gönnst" a la "geschieht ihm gscheit recht!".

Genauso nämlich mit der Gleichsetzung und - ähnliche Denke wie beim slippery slope-Argument beim Elterngeld, hier: "der entzieht sich der Kontrolle" --> "ist gefährlich" --> "Waffe ziehen berechtigt" --> "will nicht aussteigen" --> "kann ich erschießen".

Das nennt man "eskalierendes Denken", und ist ironischerweise oft bei Straftätern (und Depressiven) vorhanden: "Der hat meine Freundin angeschaut" --> "der will sie vögeln" --> "er entschuldigt sich nicht, also ist es gerechtfertigt, dass ich ihn schlage" --> "er hat sich gewehrt, also entweder er oder ich, es war gerechtfertigt, dass ich das Messer benutze". So hört man das dann bei der Vernehmung. Ein Mensch musste sterben, weil jemand seine Freundin (evtl) angeschaut hat. Aber aus der Perspektive des Täters an der letzten Stelle, dem Kampf, nur unglücklich, dass der andere gestorben ist. Bzw auch seine Schuld, er hätte sich ja nicht wehren brauchen!

In allen diesen Schritten, wie bei der Verfolgungsjadg und Erschießung, gibts Alternativmöglichkeiten. Oder es gibt eine als automatisch und "zwangsläufig" dargestellte Handlungskette.

Das Problem in der Praxis ist, dass man schwer aus so einer Kette rauskommt, weil man wie die Polizisten in dem Fall nicht mehr rational denkt (auch durch Adrenalin, die Überforderung). Die wenigsten Polizisten würden neutral von außen betrachtet sagen: "Ja, wenn ich jemand beim Autoposen beobachte, dann ist es völlig in Ordnung, dass ich ihn bei Bedarf 15 Minuten später wegen dieses Vergehens erschieße." Îch kenne mich nicht mit den Manualen in Frankreich aus, kann mir aber schwer vorstellen, dass das dort so gehandhabt wird.

Aber in der Kette, und gerade als REchtfertigung von hinten her argumentiert, geht es dann so wie du sagst, und sich jeder verteidigt: "Der hat angefangen wegzufahren und als erster andere gefährdet, wir sind nur hinterher. / "Er war also gefährlich, weil er nicht anhält. / Wenn jemand gefährlich ist, ziehe ich meine Waffe. / Als ich sie gezogen habe, war die Situation unübersichtlich. / Wenn die Situation unübersichtlich ist, schieße ich aus Notwehr."

Deshalb ist die Schulung, bis sowas eben richtig läuft, und nicht in so nem Tunnel, so wichtig. Dazu gehören meiner Ansicht nach auch checks von außen. Also wenn das Team durchgibt "verfolgen einen Autoposer in der x-Straße", dann muss auch der Check kommen "Ihr seids im Innenstadtbereich? Gefährdung von Passanten? Wenn ja, Verfolgung bei Bedarf abbrechen".

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (07.07.2023 12:40).

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