Anklage gegen Mitglied der spanischen Königsfamilie?

Wegen der Vorwürfe gegen Urdangarin hat sich der König von seinem Schwiegersohn distanziert

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Die Luft wird dünner für den Herzog von Palma de Mallorca, nachdem sich nun der spanische König Juan Carlos de Borbón von Iñaki Urdangarin distanziert hat. Einen Monat hat der Königspalast gebraucht, um den ehemaligen Profi-Handballer in die Wüste zu schicken, über dessen zweifelhaften Geschäfte ständig neue Skandale veröffentlicht werden. Obwohl Urdangarin noch am Wochenende versucht hat, das Königshaus zu entlasten, darf er nun nicht mehr dessen Aktivitäten teilnehmen.

Der Verwaltungschef der Zarzuela, Rafael Spottorno, trat am Montag vor die Presse und hat das Verhalten des Schwiegersohns von Juan Carlos als "nicht vorbildhaft" bezeichnet. Angesichts der massiven Anschuldigungen, Urdangarin habe sich der Korruption schuldig gemacht und sich an öffentlichen Geldern bereichert, könne "das Königshaus keine weiteren Schritte gehen", fügte Spottorno an.

Beobachter gehen davon aus, dass man in Madrid den Herzog schon verurteilt hat, bevor erstmals einem Mitglied der Königsfamilie wohl der Prozess gemacht wird. In der Zarzuela tritt man die Flucht nach vorne an, um nicht noch tiefer in den Sumpf gezogen zu werden. Seit die Monarchie durch den Diktator Francisco Franco 1975 wiedereingeführt wurde, gibt es ohnehin Kritik an dessen undurchsichtigen Finanzen. Vor Jahresende soll nun offen gelegt werden, wie die 8,5 Millionen Euro ausgegeben werden, welche die Königsfamilie jährlich erhält.

Vor der Distanzierung tat man in Madrid aber so, als gehöre der Ehemann der zweitgeborenen Tochter Cristina nicht zur Königsfamilie. Erst vergangenen Woche wurde definitiv klargestellt, dass ein Königliches Dekret 1981 festgelegt hat, auch ein Schwiegersohn gehöre zur Königsfamilie. Um Schaden von ihr fernzuhalten, hatte Urdangarin sich am Wochenende zu Wort gemeldet. Zu den Vorwürfen sagte er nichts. Er machte die Presse für den "schweren Schaden" verantwortlich, der am "Ruf meiner Familie und des Hauses Seiner Majestät" durch "Informationen und Kommentare" entstanden sei. Vorsorglich erklärte er, die Königsfamilie habe "nichts mit meinen privaten Aktivitäten zu tun".

Er hat nun einen Anwalt aus Barcelona zu seinem Sprecher benannt. Den Dienst des Strafrechtsexperten Mario Pascual Vives wird Urdangarin brauchen, denn auch er rückt immer stärker in den Mittelpunkt der Ermittlungen der Anti-Korruptionsstaatsanwälte. Gegen seinen Geschäftspartner und Vertrauten Diego Torres wird schon seit Monaten ermittelt. Über die angeblich gemeinnützige Stiftung Nóos, der Urdangarin als Präsident vorstand, sollen Millionen in die Taschen des Herzogs und Torres geflossen sein.

Erst am Montag wurde berichtet, Urdangarin habe 300.000 Euro kassiert, um das Radsportteam der Baleareninseln zu fördern, doch das entsprechende Büro sei nie geöffnet worden. Wie in den übrigen Fällen gibt es keine oder nur unzureichende Gegenleistungen, keine korrekten Belege oder Abrechnungen. Es sind meist Aufträge, die von den konservativen Regionalregierungen auf den Balearen und in Valencia vergeben wurden, für die es auch keine öffentlichen Ausschreibungen gab. Die Ermittler gehen davon aus, dass zu völlig überhöhten Preisen Kongresse und Sportveranstaltungen organisiert wurden, wofür fiktive Rechnungen für erfundene Leistungen ausgestellt worden seien, um Geld in private Taschen umzuleiten.

Volkspartei tief in Korruption verstrickt

Letztlich gehören diese Vorgänge wohl zum großen Korruptionsskandal der spanischen Volkspartei (PP). Auf Urdangarin fiel der Blick im Rahmen der Ermittlungen im Fall der Palma Arena. Denn zum Bau des Sportstadions in Palma waren die Kosten von 48 Millionen auf 110 Millionen Euro explodiert, ohne dass es auch nur Verträge gegeben hat. In diesem Rahmen wird es demnächst auch gegen den Ex-Regierungschef der Balearen Jaume Matas (PP) zum Prozess kommen. Auch Matas ist seit Jahren im Visier der Ermittlungen wegen Korruption, Geldwäsche und Amtsmissbrauch.

Drei Wochen nach dem Wahlsieg der PP in ganz Spanien wird seit Montag in der Region Valencia versucht etwas Licht in die dunklen Vorgänge zu bringen. Der Ex-Regierungschef Francisco Camps, ein Vertrauter des designierten neuen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy, muss sich wegen Bestechlichkeit vor dem Obersten Gerichtshof der Region verantworten. Angeklagt wird auch der frühere PP-Generalsekretär Valencias, Ricardo Costa. Sie sollen Geschenke erhalten haben und dafür Unternehmern Aufträge verschafft haben. Camps war zwar im Mai bei den Regionalwahlen erneut gewählt worden, musste schließlich aber im Juli zurücktreten, denn er hatte die Öffentlichkeit jahrelang belogen. Stets behauptete er, alles eigenhändig bezahlt zu haben. Im Sommer räumte er aber plötzlich mit der Eröffnung des Verfahrens ein, Geschenke als "Privatperson" erhalten zu haben. Im Verfahren haben sich die beiden hochrangigen PP-Politiker als "unschuldig" bezeichnet.

Der Prozess gegen Camps und Costa ist nur ein winziger Zweig eines riesigen Geflechts, das bis in die Parteizentrale nach Madrid reichen soll. Denn auch der PP-Schatzmeister musste wegen Verwicklungen zum Unternehmer Francisco Correa zurücktreten. Hinter den Vorgängen wird allgemein eine illegale Parteienfinanzierung der PP vermutet. Da Correa in der deutschen Übersetzung "Gürtel" bedeutet, wurden unter dem Decknamen "Operation Gürtel" die Ermittlungen geführt. Als Anfang 2009 damit begonnen wurde, den Korruptionsskandal aufzudecken, verlegte für viele überraschend auch der Herzog Urdangarin plötzlich seinen Wohnsitz nach Washington.