Auch nicht vorbildhaft
Das spanische Königshaus unter Druck: Königstochter Cristina ist in einen Korruptionsskandal in Millionenhöhe verstrickt
Das Königshaus schweigt sich weiter zu den Vorwürfen aus, die immer stärker gegen die Königstochter aufbranden. Auffällig ist, dass bisher Justiz und Königshaus die Infantin Cristina ausgeklammert haben, obwohl sie offenbar tief in die dunklen Geschäfte verstrickt ist, die ihren Ehemann Iñaki Urdangarin auf die Anklagebank bringen. Nun hat die spanische Zeitung "El Mundo" berichtet, dass auch die Herzogin von Palma de Mallorca viel Geld aus den dubiosen Geschäften erhalten habe.
Die Zeitung, die besonders an der Aufdeckung der Unregelmäßigkeiten beteiligt war, veröffentlichte, dass Cristina über die Firma Aizoon mehr als eine halbe Million Euro erhalten habe. Aizoon sei von der Infantin und ihrem Mann am 11. Februar 2003 gegründet worden und beide hätten dafür jeweils nur 1503 Euro beigetragen. Gemäß der Steuererklärung habe Aizoon Cristina 2006 Einkünfte in einer Höhe von 571.000 Euro beschert.
Regierungsgelder mit falschen Rechnungen in Millionenhöhe umgeleitet
"Die Ermittler haben festgestellt, dass 95 Prozent der Aizoon-Einkünfte von Nóos stammen", schreibt die Zeitung. Präsident der Stiftung Nóos war 2006 noch ihr Ehemann. Er soll die gleiche Summe wie Cristina verdient haben. Und es war das Jahr 2006, als Urdangarin vom Staatschef - König Juan Carlos de Borbón - gezwungen wurde, die Präsidentschaft der Stiftung niederzulegen. Zuvor hatten die oppositionellen Sozialisten auf den Balearen die konservative Regionalregierung aufgefordert, 1,2 Millionen Euro zu rechtfertigen, die an die Stiftung gingen.
Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft und des Ermittlungsrichters José Castro, die neben Urdangarin auch Anklage gegen dessen Geschäftspartner Diego Torres erhoben haben, wurden über Nóos Gelder, die von den Regionalregierungen der Balearen und Valencias an die Stiftung gingen, in die Taschen von Torres, Urdangarin und offenbar auch der Infantin Cristina umgeleitet. Gesprochen wird allein dabei von 6,5 Millionen Euro.
Das Geld soll meist für Leistungen geflossen sein, die nie erbracht wurden. Dazu sollen für einfache Dienstleistungen horrende Rechnungen gestellt worden sein. Firmen wie Aizoon sollen dazu gedient haben, das Geld aus der Stiftung in die Taschen der Nutznießer fließen zu lassen. Dafür soll auch Aizoon falsche Rechnungen ausgestellt haben.
"Nicht vorbildhaft"
So kommt nun auch einen direktes Mitglied des Königshauses unter Druck. Hatte man im Königspalast Zarzuela schon Wochen gebraucht, um sich erst Mitte Dezember vom Schwiegersohn zu distanzieren, dessen Aktivitäten dann als "nicht vorbildhaft" bezeichnet wurden, hält man sich zur Tochter weiter bedeckt. Anders als Urdangarin darf sie noch an den offiziellen Aktivitäten des Königshauses teilnehmen. Dabei ist sie offenbar tief in die Vorgänge verwickelt, denn auch sie saß im Vorstand von Nóos und zudem war ihr persönlicher Sekretär Schatzmeister der Stiftung.
Ihre Lage wird zusehends prekärer, da offenbar auch sie direkt Geld erhalten hat, zudem befindet sich der Sitz von Aizoon ausgerechnet im Palast "Pedralbes", den das Paar in Barcelona gekauft hatte. Unklar ist, ob auch er mit den abgezweigten Millionen bezahlt wurde. Deutliche Hinweise gibt es darauf, dass 600.000 Euro der Nóos-Gelder für die Einrichtung des Palasts geflossen seien. Insgesamt verliert die Monarchie über die Vorgänge weiter an Legitimität. Sie ist ohnehin umstritten, weil der Diktator Franco sie 1975 wieder eingesetzt und Juan Carlos zu seinem Nachfolger als Staatschef bestimmt hat.
Korruption, Fälschung von Dokumenten, Veruntreuung, Rechtsbeugung und weitere Delikte
Dass es in den Regionalregierungen der Balearen und Valencia, den Geldgebern von Nóos, nicht mit rechten Dingen zuging, zeigt sich daran, dass sich beide Ex-Regierungschefs derzeit vor Gericht verantworten müssen. Den Mitgliedern der Volkspartei (PP), die nun Spanien regiert, werden Korruption, Fälschung von Dokumenten, Veruntreuung, Rechtsbeugung und weitere Delikte vorgeworfen. Das Verfahren gegen den Ex-Premier von Valencia, Francisco Camps, ist schon in der Endphase angelangt.
Es schwebt wie ein Damoklesschwert über dem neuen Ministerpräsident Mariano Rajoy und seiner Volkspartei (PP), die erst kürzlich das Ruder im Land übernommen hat. Rajoy hatte seinen Freund Camps stets unterstützt und ihm das Vertrauen ausgesprochen. Nur deshalb konnte der sich im Mai 2011 erneut zur Wahl stellen - musste aber kurz nach der Wiederwahl zurücktreten, als Anklage erhoben wurde.
Land unter für den früheren Mallorca-Präsidenten
Die Anklage gegen Jaume Matas, dem Ex-Präsidenten der Balearen, zieht sich schon länger hin. Der erste Prozess gegen den früheren Umweltminister der PP-Regierung unter José María Aznar hat nun am vergangenen Montag begonnen. Für den Ex-Regierungschef der Inselgruppe fordert die Staatsanwaltschaft schon im ersten Prozess eine Haftstrafe von achteinhalb Jahren. Dazu soll Matas 23 Jahre kein öffentliches Amt mehr ausüben dürfen.
Die Vorgänge gehen auf die Jahre zwischen 2003 und 2007 zurück. Nachdem Matas seinen Sessel als Umweltminister in Madrid geräumt hatte, nahm er 2003 wieder den Posten als Regierungschef der Balearen ein. Erst jetzt wird damit begonnen, die Vorgänge in dieser Zeit gerichtlich aufzuarbeiten, denenzufolge sogar mitten in Naturschutzgebieten gebaut werden konnte, wenn genug Schmiergeld floss.
"Nicht in allen 26 Verfahren angeklagt.."
Auch der "königliche" Schwiegersohn, Urdangarin, war im Zuge der Ermittlungen gegen Matas ins Visier der Staatsanwaltschaft im Rahmen der Ermittlungen um den Bau des Sportpalast "Palma Arena" geraten. In 26 Einzelverfahren gliedern sich die Vorgänge schon auf. Es sticht hervor, dass die Baukosten von geplanten 48 Millionen Euro auf 110 Millionen explodierten. Nach Angaben der Ermittler gab es oft keine öffentliche Ausschreibungen und nicht ein einziger Vertrag soll unterschrieben worden sein.
Es wird angenommen, dass auch illegale Parteienfinanzierung eine Rolle gespielt habe. Matas ist zwar nicht in allen 26 Verfahren angeklagt, doch nun kommt ein weiteres hinzu, denn die Staatsanwaltschaft hat nun auch Ermittlungen gegen ihn im Fall Urdangarin aufgenommen.
Tüchtiger Ermittlungsrichter
Für alle Beschuldigen könnte die Lage noch heikler werden, denn der Ermittlungsrichter hat ultimativ Unterlagen von der Caixa-Bank zu Überweisungen von sechs Konten in Steuerparadiese verlangt. Castro hat dem Caixa-Chef Isidro Fainé mit einer Anklage gedroht, sollte er sich weiter weigern, die Unterlagen zu Auslandskonten von Beschuldigten herauszugeben.
Nach Monaten ist dem Richter offenbar der Kragen geplatzt. Er schreibt in seiner gerichtlichen Anordnung: "Es nutzen keine Ausreden oder Vorwände mehr."