Einwanderer mit Migranten-Phobie
Australiens Parlamentarier werden im Einwandererland auf eine für sie verbotene doppelte Staatsangehörigkeit untersucht
Australien, jener dünnbesiedelte Minikontinent am anderen Ende der Welt, auf dem europäische Einwanderer die vormaligen Bewohner nahezu ausgerottet haben, um jetzt mit xenophober Politik sowie drastischen und vermutlich völkerrechtswidrigen Mitteln Flüchtlinge fernzuhalten, erlebt gerade eine bizarre Krise. Verschiedene Politiker mussten zurücktreten, weil sie eine zweite Staatsangehörigkeit besitzen. Andere könnten demnächst folgen, wenn entsprechende Gerichtsverfahren gegen sie negativ ausgehen.
Eine doppelte Staatsbürgerschaft ist in einer fast vollständig auf Einwanderung basierenden Gesellschaft zwar nicht ungewöhnlich, aber für australische Volksvertreter dennoch illegal. Die rechtslastige Regierung aus Liberaler und Nationaler Partei hat durch die Rücktritte bereits ihre parlamentarische Mehrheit verloren, sträubt sich aber noch, Neuwahlen auszurufen.
Asia Times Online schreibt von einer "Hexenjagd" auf Abgeordnete. Die meisten seien "enttarnt" worden, weil ein Elternteil im Ausland geboren sei, worüber sie deren Staatsbürgerschaft erworben hätten, ohne je in diesem zweiten "Heimatland" gelebt zu haben. Die Hälfte der australischen Bevölkerung sei entweder eingewandert oder habe mindestens ein Elternteil, das im Ausland geboren sei. Künftig müssten Parlamentarier Angaben über ihre Eltern und Großeltern machen, um sicherzustellen, dass sie keine zweite Staatsangehörigkeit besitzen.
Nun kann man diese meistens ja gegebenen Falls ablegen, könnte man meinen, aber das trifft nicht immer zu. Iran entlässt seine Bürger zum Beispiel so gut wie nie aus der Staatsbürgerschaft, womit zum Beispiel Neuseelands neue Parlamentarierin Golriz Ghahraman im Nachbarland nicht hätte gewählt werden können. Auch die beiden Bundestagsmitglieder Niema Movassat und Omid Nouripour hätten in Australien keine Chance.
Auf dem fünften Kontinent wird sich derweil die Regierung in den nächsten Monaten durch einige Nachwahlen zittern, bevor es vielleicht doch zu einem allgemeinen Urnengang kommt oder aber Premierminister Malcolm Turnball aus den eigenen Reihen gestürzt wird. Derlei Wechsel hat man down under in den letzten Jahren häufiger gesehen, und Asia Times Online sieht darin eine der Ursachen für die sich auch dort ausbreitenden Politikverdrossenheit.
Australien hat rund 23,8 Millionen Einwohner, die sich auf 7,7 Millionen Quadratkilometer verteilen. Das macht gut drei Menschen pro Quadratkilometer, womit es noch vor Argentinien, Russland, Kasachstan und Kanada einer der am dünnsten besiedelten Staaten ist. Zum Vergleich: In China beträgt die Bevölkerungsdichte 144 Einwohner pro Quadratkilometer, in Indien 399 und in Bangladesch 1.091.