Grenzenlos stürmen

Neben der Spur

Angenommen: Merkel wäre Trump. Dann hätte sie vergangene Sonntagnacht ein neues Twitter-Feature wirklich brauchen können

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Der eine ist zufrieden am Sonntag ncht ins Bett gegangen und hat sich gesagt: "Wird schon nicht so schlimm werden mit Montagmorgen." Der andere war zu der Zeit in Berlin und stand fassungslos in der Vertretung Baden-Württembergs, nur um die FDP mit Halali aus dem Gebäude und den Verhandlungen für eine bessere Welt (= eine Regierung in Deutschland) stürmen zu sehen.

Und dann gab es da noch Angela Merkel, die zu dieser Zeit vermutlich gerade eine Menge an Wörtern dafür bereithielt, was dieser Lindner, dieser Rotzlöffel, gerade angerichtet hatte. Aber wie sollte sie die alle loswerden? Am Mikrophon, wo die versammelte Presse müde vor sich hin stierte? Da, wo eh nur dieser alte Mann und Vorsitzende der Schwesterpartei gleich wieder vor sich hin brabbeln wollte? Nein, das hebt so nicht ab, das war ihr klar.

Wäre Angela Merkel jetzt ein Politiker vom Schlage Donald Trumps, dann wären schon Minuten vor dem finalen Aus der Nachspielzeit die Tweetstorms nur so aus der Tastatur gekullert. Und Twitter hätte es ihr, falls die Noch-Bundeskanzlerin ein Android-Handy nutzen dürfte und würde, leicht gemacht. Ein neues Feature ermöglicht es nämlich, über die 280 Zeichen einfach hinaus zu gehen und weiter zu schreiben. So, als gäbe es kein Morgen ... gibt es für die ehemalige Regierung derzeit eigentlich auch nicht.

Auf diese Weise erst einmal über die ersten nervösen Zuckungen auf der Tastatur hinweg gekommen, würde der Knoten platzen und die Noch-CDU Vorsitzende ordentlich aufkochen lassen. Vermutlich käme sie gar nicht mehr zur geregelten Nahrungsaufnahme und twitterte, dass die Funken nur so stiebten und man sich für das ordentliche Funktionieren des Depechendienstes erst einmal noch ein paar neue Server zulegen müsste. Aber Angela würde wohl kaum noch ein Halten kennen.

So gesehen: Besser, wenn die Noch-Regierung keine Android-Handies in die Hände bekommt.

Aber vermutlich wäre es dann schon zu spät, selbst wenn der Lindner es sich anders überlegt hätte, noch einmal zurück käme, ihr das Smartphone mit den Worten "und kein Wort darüber" aus der Hand geschlagen hätte, nur um dann damit davon zu eilen.

Einmal auf den Geschmack gekommen und dabei, die Tore zu öffnen und rhetorisch das Land zu fluten, würde die Kanzlerin einfach ihre Apple Watch zücken, die ohne Carrierplan. Sie würde trotzdem den Polizeinotruf erreichen und der verdutzten Einsatzkraft befehlen, sie sofort an das heute journal weiterzuverbinden, wo sie dann bis zum Ende der Batterie an ihrem Handgelenk in eine Suada ausbrechen würde, die das ZDF zu einer Sondersendung zwingen würde, die es so in ihrer Länge seit der Mondlandung nicht mehr gegeben hätte.

Wie gut, dass sie es doch bei einer Pressekonferenz beließ. Das gab dem ganzen Desaster eine Grenze und somit etwas Würde. Ein Tweetstom, das hat sie bei ihrem Amtskollegen aus den USA gelernt, kann sowas nicht.