Grünstrom: Erstmals über 50 Prozent
Anteil macht Sprung nach oben, allerdings auch wegen Sondereffekten. Windausbau hinkt weiter, doch Aktien im Höhenrausch
Für die Sonne, Wind & Co. war 2020 in Deutschland sehr durchwachsen. Während der Ausbau der Solarenergie wieder in Schwung kam, lahmt die Windenergie an Land wie auf See erheblich. Gleichzeitig ist aber die Produktion von Grünstrom weiter gestiegen und konnte ihren Anteil kräftig steigern.
2020 lag der Beitrag von Wasserkraftwerken, Solaranlagen, Biomasse und Windkraft zusammen erstmals bei beachtlichen 50,5 Prozent der Nettoeinspeisung ins öffentliche Netz. 2019 waren es 45,9 Prozent gewesen, was bis dahin den Rekord darstellte.
Das geht aus den Daten des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme hervor. Demnach gab es 2020 247 Milliarden Kilowattstunden Grünstrom, knapp elf Milliarden mehr als im Vorjahr.
Da aber zugleich die Stromproduktion aufgrund verminderter Nachfrage (-10,08 Milliarden Kilowattstunden) und geringerem Netto-Stromexport (14,63 Milliarden Kilowattstunden weniger als 2019) zurückging, machte der Anteil der erneuerbaren Energieträger mit einem Plus von fast fünf Prozentpunkten einen regelrechten Sprung nach oben.
Allerdings ist zu bedenken, dass ein Sondereffekt steckt. Die Stromnachfrage ging 2020 bedingt durch die Corona-Krise zurück. Außerdem würde der Netto-Stromexport vermutlich sofort wieder steigen, sollten die Preise für CO2-Emissionen wieder fallen, was insbesondere dem Braunkohlestrom zugutekäme.
Des Weiteren sieht es derzeit nicht danach aus, dass 2021 viel neue Windkraftleistung hinzukommen wird. Die Verhinderungspolitik der großen Koalition wirkt inzwischen ziemlich effizient, weshalb für dieses Jahr nicht auf eine größere Steigerung der Grünstromproduktion gehofft werden kann.
Aktien im Höhenrausch
Für viele andere Länder scheint der Markt aber ziemlich guter Hoffnung zu sein. Der internationale Aktienindex für Unternehmen rund um die Erneuerbaren, RENIXX, ist in den letzten Wochen geradezu explodiert. Inzwischen hat er seinen bisherigen Höchststand erreicht.
Einige Aktiengesellschaften wie der US-amerikanische Elektroauto-Hersteller Tesla oder der dänische Windkraftanlagenhersteller Vestas haben ihre historischen Höchstmarken weit hinter sich gelassen. Wie nachhaltig diese Entwicklung ist, muss sich allerdings erst zeigen.
Zwei Aspekte geben Anlass zur Skepsis. Zum einen die Erfahrung der letzten beiden Jahrzehnte. Der RENIXX hat in seiner kurzen Geschichte seit Anfang des Jahrtausends bereits zwei ähnliche Gipfel gesehen. Beide Male ging es steil nach oben in vergleichbare Höhen und anschließend noch steiler wieder nach unten.
Zum anderen der mutmaßliche Mangel an einem soliden weltwirtschaftlichen Fundament. Der RENIXX-Höhenflug verläuft parallel zu den Entwicklungen der großen Aktienindizes in Europa, Ostasien und Nordamerika, wobei vor allem die Kurse beiderseits des Atlantiks angesichts der dortigen tiefen Rezession äußerst absurd anmuten.
Mit der realen Wirtschaft haben sie wenig zu tun. Eher scheint es, als ob die obszönen Vermögen der Corona-Gewinnler in einer Welt verzweifelt nach profitablen Anlagemöglichkeiten suchen, deren alte Industrien ihre Agonie nur noch mit viel propagandistischem Puder, und das bestenfalls höchst notdürftig, verbergen können.